11. Februar 2010

Rezept: sich sachkundig machen

Unfassbar, wie ein OZ-Zuarbeiter per Kommentar mitteilt, er werde auch in Zukunft lieber kopieren als recherchieren:
Hartz-IV-Urteil von Karlsruhe
... Er (der Richterspruch) hat — simpel gesagt — einen Rechenfehler festgestellt und mahnt nun eine faire, transparente Berechnung an. Mehr nicht. Der Interpretations-Spielraum für die Politik bleibt unendlich groß. Wer will da verhindern, dass die Regierung zwar anders rechnet, aber zum gleichen Ergebnis kommt?
Dies vorweg:
Würde ehrlich gerechnet, gäbe es nichts zu interpretieren, oder besser geschrieben, zu verfälschen. Sollte verfälscht werden, sind die nächsten Klagen schon jetzt vorhersehbar. Es sind nämlich keineswegs so viele Alg 2-Berechtigte solch verängstigte, ahnungslose Personen, wie die OZ sie jüngst vorstellte. Und bildlich stehen hinter diesen Betroffenen viele helfende Verbände und Personen. Die Unzahl von Klagen gegen Alg 2-Bescheide, Heizkostenrechnungen usw. sind ein hunderttausendfacher Beleg dafür.
(Wie viele Widersprüche und Klagen würden es sein, könnten viele Betroffene ihre Angst überwinden, die woher kommt?)

Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Ministerialbeamten ein ähnliches Ergebnis errechnen wie das beklagte. Nur dass die bisherigen Regelsätze nicht errechnet, sondern geschätzt wurden, ins Blaue hinein, wie in der Urteilsbegründung jedermann nachlesen könnte, wer es denn lesen wollte.
Der Kommentator erweckt also den falschen Eindruck, die Regelsätz seien errechnet, dann aber falsch interpretiert worden. Er nimmt so völlig ohne Not die willigen Kofferträger in Schutz, jene in der zweiten und dritten Reihe, die eigentlichen Schätzer oder genauer: die Menschen herabwürdigenden Willkürvorbereiter, jene, die schon im früheren Zeiten quasi unsichtbar willige Werkzeuge waren, die nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Mir fällt dabei ein, dass dies einer der übelsten Sprüche ist, die ich kenne, übelst, weil er schon oft verheerende Folgen hatte (Mal drüber nachdenken!): Ich mache nur meinen Job.

Und nun endlich zur Sache, zum letzten zitierten Satz:
Wie wäre es, würden Leute, die als Redakteure zum Teil von dem Geld der Leser leben, wie Journalisten arbeiten?
Wie wäre es, sie würden, wenn sie es selbst nicht können (Sie konnten es bisher nicht und, wie ich vermute, wollten es auch nicht), zukünftige Berechnungen prüfen lassen?
Wie wäre es, sie würden sich wenigstens von Auskennern erläutern lassen, wie zukünftige Regelsätze zustande kommen?
Und wie wäre es, sie informierten die Leser über ihre Erkenntnisse, statt, wie in der Vergangenheit nachzuplappern, was Bonzen oder deren Kofferträger ablassen?
Das Nachgeplappere, die Ahnungslosigkeit, das dadurch mehrfach abgelegte falsch Zeugnis, all das hat indirekt mit dazu geführt, dass wenig und mittelprächtig Verdienende gegen die Ärmsten aufgehetzt wurden. Dass die Sozialschmarotzer anderweitig zu finden sind, hat die OZ noch nie betont. Dennoch sind sie anderweitig zu finden.

Würden Redakteure recherchieren, könnten sie vor allem einen hochwertigen journalistischen Beitrag erstellen. Zugleich aber würden sie jene informieren, die sich Fehlinterpretationen nicht gefallen lassen. Genau dann würde die OZ sogar einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie im Land liefern, den sie nicht liefert, wenn sie vor und nach Wahlen Bonzengewäsch verbreitet.

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