12. Januar 2010

Titelgeschichte: Winter im Winter

Um weiterhin einen Grund zu haben zu berichten, dass im Winter Schnee fällt, dass es kalt ist und dass Wind den Schnee verwehen und zusammenwehen kann, ist der OZ jedes Mittel recht, denn solche Winterartikel über den Winter sind schnell zusammengeschrieben oder -kopiert. Heute versuchen es die Oberredakteure wieder mit einer Alibi-Schlagzeile für die Titelgeschichte, die wie gestern Quatsch ist:
Winter bleibt hartnäckig
Was mich daran interessiert: Wie lange braucht jemand, um sich solch einen Quark auszudenken?

1. Der Winter ist doch keine Person, die hartnäckig darauf beharren könnte, im Winter Winter zu sein. Der Winter ist eine Jahreszeit, die sich Menschen ausgedacht haben, sonst nichts.

2. Wo sollte der Winter denn wohl hin?

3. Selbst wenn der Winter eine von der OZ erfundene Person wäre, brauchte er gar nicht hartnäckig zu bleiben. Es wäre sein gutes, von Menschen per Definition verliehenes Recht, im Winter Winter zu sein.

Offensichtlich ist das nicht allen Redakteuren in der OZ klar: Der Winter endet erst, wenn der Frühling beginnt. Bis dahin bleibt der Winter Winter. Was ist daran eine Titelgeschichte und eine Blickpunktseite wert?
Doch selbst daraus, dass das Wetter typisches Winterwetter ist, schmiedete jemand in der OZ eine Schlagzeile für die Titelgeschichte, die keine ist, so wie auch auf der heutigen Blickpunktseite wieder nichts anderes getan wird, als bildlich Altschnee aufgehäuft. Es muss doch nerven, als Leser dafür Geld auszugeben.

Ich wünsche den Abonnenten jetzt schon viel Spaß, wenn im Sommer laut OZ mal wieder Deutschland unter der Hitze stöhnt und Sie als Abonnenten für das herbeigeschriebene Gestöhn zu zahlen haben.

Dagegen war der Redaktion dieser beispiellose Skandal, der seit fünf Jahren währt, nur eine Kurzmeldung wert:
Fehlerhafte Hartz-IV-Bescheide:
Hartz-IV-Empfänger (gemeint sind Alg 2-Berechtigte) haben in den ersten elf Monaten des Jahres 2009 in über 267 000 Fällen fehlerhafte Bescheide erhalten.
Das ist gleich zweifach falsch.

1. Es müsste heißen: mindestens 267000 fehlerhafte Bescheide. Woher weiß auch nur ein Redakteur in der OZ, ob nicht Abertausende Fehler in Bescheiden unentdeckt blieben und deshalb kein Widerspruch eingelegt wurde? Das ist erbärmliche Falschabschreiberei.

2. Was wurde aus den zwei Dritteln abgelehnter Widersprüche? Wie viele dieser Ablehnungen wurden vor den Sozialgerichten verhandelt? In wie vielen Verfahren bekamen die klagenden Alg 2-Berechtigten Recht?
Hier dazu ein Zitat von Heinrich Alt, Vorstand Bundesagentur für Arbeit, aus der zitierten Fernsehsendung:

Wir freuen uns nicht darüber, dass wir in 50 Prozent der Fälle, in denen es zu einem Urteil kommt, den Prozess verlieren. Auch dort arbeiten wir daran.
Nach Angaben des ARD-Magazins "Report Mainz" von gestern war damit mehr als jedes dritte Widerspruchsverfahren gegen die zuständigen Jobcenter erfolgreich. Heinrich Alt, Vorstand für Grundsicherung bei der Bundesarbeitsagentur, bestätigte dem Sender "erhebliche Qualifikationsdefizite" bei den Sachbearbeitern.
Neinein, daran habe ich nichts gekürzt.

Nur so nebenbei. Hier können Sie nachlesen, was andere aus dem Thema machten und kostenlos zum Lesen anbieten:

Hier ist der Leserbrief interessant.

Hier finden Sie Hintergrund:

In einer internen Weisung der BA werden die Sachbearbeiter in den Argen dazu angewiesen, die Stattgabe von Widersprüchen auf 30 Prozent zu reduzieren. So steht wörtlich: "Bei Widersprüchen wird der Anteil voller und teilweiser Stattgaben aufgrund unzureichender Sachverhaltsaufklärung oder fehlerhafter Rechtsanwendung (vermeidbare Stattgaben) an allen Stattgaben auf 30 % reduziert." ...
Es wird sich zeigen, wie die Argen die BA Weisung umsetzt. Entweder können tatsächlich Widersprüche vermieden werden, indem zuvor eingehender geprüft wird, oder die Sozialgerichte bekommen aufgrund der abgelehnten Widerspruchsverfahren noch mehr Arbeit.

Oder dies:

Sanktionspraxis bei Hartz IV 
Überlastet, überfordert, überzogen

Und dies:

Ein schlechtes Zeugnis stellt der renommierte Arbeitsmarktforscher Matthias Knuth der Hartz-IV-Reform aus: Das Programm zur Kommunalisierung der aus dem Ruder laufenden Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zentralisierung der Sozialhilfe unter dem Gemeinschaftsdach der Argen erwies sich seiner Ansicht nach als Misserfolg. Vor allem sei die Zahl der Vermittlungen gesunken.

Gestiegen ist dagegen die Zahl der Langzeitarbeitslosen und der Kosten. ...

Oder hier eine grundsätzliche Abrechnung:

Ein Freund berichtete mir gestern davon, seiner Tochter sei nach 18 Jahren Betriebszugehörigkeit die Kündigung "empfohlen" worden, weil sie im letzten Jahr zu viele Krankheitstage hatte - verbunden mit entwürdigenden Drohungen. Einer unserer Hinweisgeber aus Thüringen hat seinen Arbeitsplatz im Süden wieder einmal verloren, obwohl er die Mühe der Mobilität auf sich nimmt. Fünfzigjährige verlassen nach der Kündigung heulend ihren langjährigen Arbeitsplatz. So geht es Tausenden. Hartz IV droht. ...

Hier noch eine Zahl, die für OZ-Redakteure uninteressant ist, denn es lässt sich kein Altschnee daraus machen:

Bundesweit seien im ersten Halbjahr 2009 (in den Sozialgerichten) fast 70.000 Klagen gegen ALG-II-Bescheide eingegangen.
Daran ist zu erkennen, wo die Masse der Alg 2-Betrüger (ob gewollt oder ungewollt) zu finden ist.

5 Kommentare:

  1. Anonym12.1.10

    Nun sollte es aber auch jedem klar sein, dass die OZ das Normale (Winter ist Winter mit Schnee und Wind) für nicht mehr normal hält und dem ganz normalen Winter gaaaanz viel Druckerschwärze in dem Blatt gönnt und das Wichtige, nämlich die Menschen, die beschissen werden auf Teufelkommraus, nur so ganz nebenbei kurz erwähnt (unsere Almosenampfänger in M/V).
    OZ oder besser Häuptling der OZ, geh für eine Weile in die Wüste!!!
    Das soll helfen, um zu Verstand zu kommen.

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  2. Anonym12.1.10

    Ich habe nochmal den letzten Satz gründlich gelesen.
    Welche Institution kann Menschen so bescheissen, ohne dafür verantwortlich gemacht zu werden, wie es die Mitarbeiter der ARGE tun oder tun müssen, wie auch immer.
    Die Folgen dieses Betruges, mitunter sogar Obdachlosigkeit einiger Menschen, werden einfach so hingenommen.
    Mir zeigt das nur, diese Menschen sind der Gesellschaft nichts wert und der Politik schon gar nicht.
    Diese Leute können beschissen werden und da kehrt sich keine S... drum. Und das Schlimme daran ist, das alles passiert von Amts wegen.
    Wann wird endlich diesen Ämtern das fiese Handwerk gelegt oder den Verantwortlichen?
    Wann wird endlich das öffentliche, das staatliche Amt zur Verantwortung für die Schäden, die bei den Menschen gar nicht mehr gut zu machen sind, zur Verantwortung gezogen?
    Unsere Staatsämter können sich alles erlauben, sie haben die Macht durch Sanktionen den Menschen die "Bleibe" zu nehmen und sie unter "die Brücke" zu beordern und das interessiert keine Sau, das ist Normalität geworden. Die Deutschen befördern sich, ja wohin denn? Ins Mittelalter, in die Feudalgesellschaft, in die Sklavenhaltergesellschaft...?!
    Naja, vielleicht etwas übertrieben, aber nicht weit weg.

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  3. "Diese Leute können beschissen werden und da kehrt sich keine S... drum."

    Das ist falsch. Eine Menge Leute kümmern sich um Alg 2-Berechtigte, unterstützen sie, ihre Rechte durchzusetzen, in Greifswald z.B. das Diakonische Werk – Landesverband – in der Pommerschen Evangelischen Kirche e. V., Grimmer Straße 11 – 14.

    "das alles passiert von Amts wegen."

    Das passiert vor allem, weil die entsprechenden Gesetze von einer großen Mehrheit im Bundestag verabschiedet wurden. Zuerst also bitte an das Stimmvieh im Bundestag denken. Sie haben die Gesetze erst ermöglicht, die andere anzuwenden haben, wenn sie dazu in der Lage sind.

    "das interessiert keine Sau, das ist Normalität geworden"

    Das mag Redakteuren der OZ und vielen anderen Leuten normal erscheinen (jedenfalls weniger bedeutend, als dass es im Winter winterlich ist), sonst würde mehr darüber zu lesen sein.

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  4. Anonym13.1.10

    Gut Lupe, es gibt Menschen, vor allem wie Sie schreiben, die kirchlichen Einrichtungen, die bereit sind, zu helfen.
    Was mich an der ganzen Problematik stört, ist, dass es keine Vorbildfunktionen mehr gibt,
    .... Gesetze von grosser Mehrheit im Bundestag verabschiedet worden.
    Genau, der Beschiss fängt ganz oben an.
    Wieviele Einsprüche gab es und wie viele Menschen haben Ihr Recht bekommen?! Allein diese Zahlen zeigen, wie verantwortungslos mit Menschenschicksalen umgegangen wird und umgegangen werden kann.
    Gestern abend gab es dann eine Sendung mit Maischberger, die zeigen sollte, ob Hartz IV nun was gebracht hat oder nicht, um es mal ganz plump auszudrücken.
    Man setzte dort einen 53 -jährigen Mann hin, der 30 Jahre nicht mehr gearbeitet hat und das auch gut so findet.
    H. Geissler hat mir da am Besten gefallen, der sagte, dass der Mann irgendwie psychisch krank ist. Den Eindruck hatte ich allerdings auch.
    Aber welches Bild von Arbeitslosen hier den Menschen vermittelt werden soll, liegt klar auf der Hand.
    Beschämend, dass hier mit Hilfe der Medien die Gesellschaft noch mehr gespalten werden soll, dass Arbeitende Wut auf die Arbeitslosen bekommen sollen, weil sie für die anderen mitbezahlen müssen.
    Ein Widerlicheres Beispiel hätte die Moderatorin nicht bringen können, um die Leute gegeneinander aufzuhetzen.
    Ich bin mir sicher, davon bekommen wir in nächster Zeit noch mehr zu sehen.

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