19. Juni 2009

Über Missachtung potentieller Leser

Ich habe noch von gestern nachzutragen:
Es ist leicht, sich über den „Bildungsstreik“ zu mokieren. Ja, die Forderungen sind diffus. Ja, die Aufrufe sind in linkem Politjargon abgefasst. Ja, die Demonstranten können nicht recht sagen, wen ihr „Streik“ treffen soll.
Was der Kommentator dort schrieb, zeugt von Missachtung der Schüler und Studenten, jenen, die der Verlag gern als Leser hätte. Nur weil der Kommentator sich wohl nicht recht informierte, unterstellte er den Demonstrierenden diffuse Forderungen, obwohl sie sehr genau formuliert und keineswegs im linken Politjargon abgefasst sind, nur mal richtig nachlesen. Wenn er die Falschen fragte, darf er nicht unterstellen, die Demonstranten wüssten nicht, warum sie streiken. Das ist nicht nur Missachtung der Leute sondern auch arrogant und zudem Kammschererei.
Aber wenn über 200 000 Schüler und Studenten aus dem föderalistisch zersplitterten deutschen Bildungswesen zusammen ihren Unmut äußern, dann sollten wir aufhorchen.
Offensichtlich können sie sich sehr gut miteinander absprechen, ohne dass es manche Massenmedien überhaupt mitbekommen, die immer noch denken, nur im Iran werde getwittert.
Das ist zu spät mit dem Aufhorchen. OZ-Redakteure müssten aufhorchen, bevor sich Unmut öffentlich äußert. Nur dann ist das Lesen einer Tageszeitung sinnvoll. Wenn ich jedoch überall im Internet nachlesen kann, was warum passieren wird und was dann tatsächlich los war, brauche ich keine Tageszeitung, die am Folgetag erscheint und die Demonstranten als Blödmänner darstellt. Das betrifft nicht nur den Unmut von Schülern und Studenten, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben. Erst dann wäre die OZ hier zu Hause. Vorher damit zu werben, ist lächerlich, denn es besagt bis dahin nur, dass anderswo niemand die OZ lesen will.

Damit die Demonstranten wissen, warum sie auf die Straße gingen, erfuhren sie auf der Blickpunktseite im Nachhinein:
Turbo-Abi, Studienreform — das stört die Demonstranten
Das Bündnis Bildungsstreik fordert Verbesserungen vor allem in diesen Bereichen: ...
Es störte die Demonstrierenden allerdings mehr als die paar in der OZ genannten Punkte.

2 Kommentare:

  1. Anonym19.6.09

    Von der OZ-Redaktion ist nun absolut nichts Gutes mehr zu erwarten.
    Wie geschmacklos und verantwortungslos die Redakteure der OZ gegenüber der Bildung sind, hat mir die Ausgabe vom letzten Wochenende gezeigt.
    Die Bilder zum schwarzen Humor im Wochenendjournal waren das Allerletzte.
    Kurz beschrieben:
    Ein Klassenraum, Lehrer liegt hinter dem Schreibtisch, großer Blutfleck an der Tafel, in schwarz eine Person mit Waffe in der Hand, die den Klassenraum verlässt.
    Der Witz dazu:
    Na toll! Und wer hat heute Tafeldienst?

    Schwarzer Humor, gut und schön, aber wer so etwas den Menschen vor Augen hält, hat nach meiner Ansicht kein Verantwortungsgefühl.
    Ich hoffe nur, dass Schüler so einen Mist nicht lesen.
    Dieses Thema ist viel zu ernst!

    AntwortenLöschen
  2. Anonym19.6.09

    Ich muss mich berichtigen, es stand: Na super! Und wer hat heute Tafeldienst?

    und nicht na toll.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google