19. März 2009

Heimliche Schönschrift

Wenn es nichts mehr schönzuschreiben gibt, bekommt es ein OZ-Wirtschaftsweiser dennoch hin, ein wenig versteckt (Sie merken es erst auf den zweiten oder dritten Blick.), etwas verhalten, aber immerhin. So wirds gemacht:
BMW kürzt Managergehälter
Das war dem Redakteur so wichtig, dass er es in die Schlagzeile schrieb. Wers nicht weiter liest, könnte den Eindruck haben, die Manager müssten nun hungernd und frierend Alg 2 beantragen. Ist natürlich nicht so:
... Reithofer verdiente im vergangenen Jahr 2,27 Millionen Euro - 40 Prozent weniger als 2007. Der Gesamtvorstand verdiente 10,9 Millionen Euro und damit 4,3 Millionen weniger als 2007. ...
Also, was war daran so schlagzeilenwichtig? Nichts, aber es macht sich gut: Manager sind nette Menschen, solidarisch, zum Verzicht bereit. Dass es dabei um medienwirksame Trickserei gehen könnte, kam dem OZ-Wirtschaftsweisen nicht in den Sinn.
Erst ganz am Schluss erfahren die Leser:
BMW will 2009 auch sein Personal weiter reduzieren. Durch die natürliche Fluktuation ergebe sich auch bei Übernahme von Lehrlingen und Neueinstellungen von Ingenieuren ein Rückgang von 1000 bis 1500 Mitarbeitern, sagte Reithofer. Betriebsbedingte Kündigungen seien aber ausgeschlossen.
Auch Manager müssen nicht gehen. Und ein Jahr zuvor, als die Manager noch auf nichts verzichten mussten, war das passiert:
2008 hatte BMW seine Stammbelegschaft um 7 Prozent auf rund 100 000 reduziert. Unter anderem hatte das Unternehmen 455 Millionen Euro für freiwillige Auflösungsverträge ausgegeben.
Dies war nicht schlagzeilenwürdig:
... Auch im März erwarte er einen Rückgang im deutlich zweistelligen Prozentbereich. BMW hatte in den vergangenen Monaten Absatzeinbrüche von rund einem Viertel erlitten. ...
Der Automobilmarkt werde insgesamt zwischen 10 und 20 Prozent zurückgehen. ...
Demnach kosteten Belastungen aus Leasing und Finanzierung BMW im vergangenen Jahr rund 2 Milliarden Euro. Dies hatte mit zum Gewinneinbruch um 89,5 Prozent auf 330 Millionen Euro beigetragen. Im vierten Quartal hatte BMW sogar 960 Millionen Euro Verlust gemacht. ...
Jetzt verstehen Sie, was ich mit heimlicher Schönschreiberei meine.

Apropos wirtschaftsweise Journalisten:

Wirtschaftsjournalisten haben versagt
Warnungen ohne Widerhall


Die meisten deutschen Journalisten haben erst über die Wirtschaftskrise berichtet, als sie nicht mehr zu übersehen war. ...

Aber das wissen Sie schon lange aus diesem Blog. Die OZ hat sich mindestens seit Mitte 2007 hervorgetan durch allerlei Schönschriften zur Wirtschaftsentwicklung.

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