10. Dezember 2008

OZ unterstellt allen Rostockern Untertänigkeit

OZ-Leser müssen einiges ertragen. Doch dies ist eine wiederholte abgrundtiefe und zugleich dreifache Fehlleistung:

Gestern auf OZ online:
Baby-Boom in Rostock
Rostock trotzt dem Bevölkerungsschwund. So meldete die Südstadtklinik die 2500. Geburt dieses Jahres. ...
Ich will nicht darüber debattieren, was ein Boom ist, sondern es geht um den ersten Satz.
Heute auf der Landesseite:
2500. Baby des Jahres in Rostocker Klinikum geboren
Die Rostocker stemmen sich gegen den Trend: Obwohl aktuelle wissenschaftliche Studien von einer unaufhaltsam schwindenden Bevölkerungszahl sprechen, meldet die Rostocker Südstadtklinik einen Baby-Boom. ...
Ich will nicht über den Boom diskutieren, denn es geht um den Satz vor dem Doppelpunkt.

In der unsäglichen rechten Spalte auf OZ online las ich:


Nach drei vermeintlichen Booms muss ich doch etwas dazu schreiben.
In der OZ ist ja alles Mögliche ein Boom:
Aufschwung, Rush, Wirtschaftsaufschwung; (geh.): Blüte; (bildungsspr.): Prosperität; (Wirtsch.): Hausse, Hochkonjunktur, Konjunkturaufschwung.
© Duden - Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]

Wer eine Steigerung der Geburtenrate von 2,5 Prozent als Boom ansieht, soll es tun, es jedoch nicht als Nachricht, sondern als Kommentar, als eigene Meinung, verkaufen. Es ist eine Frechheit, den Lesern per Nachricht eine Meinung unterzujubeln.

Doch wie ich schrieb, ist das nicht das Schlimmste, sondern die doppelt falsche Aussage, Rostock stemme sich gegen einen Trend oder trotze dem Bevölkerungsschwund.

1. Es werden nicht nur Frauen aus Rostock in der Südstadtklinik entbunden, sondern auch Frauen aus der Umgebung, stand sogar in dem OZ-Artikel:
Gestern wurde die 2500. Geburt dieses Jahres in der Klinik gemeldet. Den Angaben zufolge wurde die Mutter aus Ribnitz-Damgarten (Landkreis Nordvorpommern) per Rettungswagen in die Klinik gebracht
Es ist also Blödsinn zu schreiben, Rostock trotze dem Bevölkerungsschwund.

2. Die OZ-Redakteure unterstellen Menschen, die Kinder zeugen, sie seien Spießbürger allererster Güte, von schwülstigem Patriotismus beseelt, ja obrigkeitshörig, wenn sie behaupten, die Rostocker trotzten dem Trend oder stemmten sich gegen den Bevölkerungsschwund.

Die meisten Leute haben einen einfachen Grund, Eltern zu sein: Sie wollen Eltern sein.
Wer ihnen unterstellt, dazu noch jenen, die nicht zeugungsfähig sind (die Rostocker), Kinder zu kriegen weil sie einem Trend trotzen, hat keine Sekunde lang nachgedacht und kann sich nicht einmal an Heinrich Manns "Untertan" erinnern. Diederich Heßling, der Untertan, sagt seiner Gattin in einem Eisenbahnabteil, es sei nun an der Zeit, Nachkommen für Kaiser und Vaterland zu zeugen.

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