28. September 2008

Hintergrund: Aufschwung in MV

Ich schreibe dies auf, weil am Dienstag wieder Arbeitslosenzahlen verkündet werden und die OZ sie an Sie weitergeben wird und Sie für die Weitergabe bezahlen.

Vor einem Jahr (28. September 07) stimmte die OZ so etwas wie einen Jubelgesang an:
MV gibt die Rote Laterne ab
Mecklenburg-Vorpommern nimmt Fahrt auf. Die Häfen boomen. Nirgendwo in Deutschland wächst die Wirtschaft so kräftig. Jetzt erreicht der Aufschwung spürbar den Arbeitsmarkt.

Die Wirtschaft brummt: Im September fiel die Arbeitslosenquote in MV im Vergleich zum August von 18 auf 14,8 Prozent. Insgesamt waren 131 200 Menschen ohne Job - der niedrigste Stand seit September 1995. ...
Dass dieser Vergleich Unsinn ist, wissen Sie als OZ-Blog-Leser seit Jahren. Doch alle Monate wieder tischt Ihnen die OZ diesen Quatsch auf (Es wird verglichen, was nicht vergleichbar ist.) und verlangt auch noch Geld dafür.

Die Krönung war dieser Satz des Lügners und Urknallers:
Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) erklärte, der Aufschwung komme immer spürbarer auf dem Arbeitsmarkt an.
Vor einem Monat meldete die OZ auf der Titelseite:
Arbeitslosigkeit rückläufig: 116 500 im Land suchen Job
In Mecklenburg-Vorpommern geht die Arbeitslosigkeit weiter zurück. Wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Kiel gestern mitteilte, sank die Zahl der Erwerbslosen im August auf 116 500 und damit auf den niedrigsten August-Wert seit 1991.

Die Arbeitslosenquote habe sich gegenüber Juli von 13,4 auf 13,3 Prozent verringert. ...
Und was bedeutet das? Es bedeutet, dass es die Statistik der Arbeitsagentur besagt, sonst nichts.
Allein von Interesse kann doch nur sein, ob mehr Leute Arbeit haben, vor allem wie viele sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, wie viele in Teilzeit arbeiten und wie viele in Verhältnissen für ein im übertragenen Sinne Butterbrot arbeiten. Genau das alles besagt die Arbeitsamtsstatistik nicht.

Solche Zahlen veröffentlicht aber das Statistische Landesamt. Wenn das Amt jedoch keine Pressemitteilung dazu verfasst, die eine Nachrichtenagentur mehr oder weniger aufbereitet und aus der die OZ kopiert, steht für Sie als Leser die Chance schlecht, darüber etwas zu erfahren. Da es aber recht einfach ist, sich durch den amtlichen Berichtswust zu klicken, können Leute mit Internetanschluss auch ohne Tageszeitung die Daten anschauen, natürlich kostenlos.

Das können Sie dort herauslesen:
Sozialpflichtig Versicherte werden zweifach gezählt, nach dem Wohnort und nach dem Arbeitort. Das heißt, die am Arbeitsort gezählten Versicherten arbeiten in MV; die meisten von ihnen wohnen auch hier. Die am Wohnort Gezählten wohnen in MV, etliche arbeiten jedoch als Pendler außerhalb der Landesgrenzen.

Nun die Zahlen im Vergleich Ende 2006 zu Ende 2007:

Im Jahr 2006 waren 725000 Einwohner des Landes erwerbstätig. 464881 Personen hatten in MV einen SV-pflichtige Vollzeit-Arbeitsstelle. Hinzu kamen 87128 Einwohner mit einer SV-Pflichtigen Teilzeitbeschäftigung. Macht zusammen rund 552000 SV-pflichtig Beschäftigte. Bleibt eine Differenz von 173000 Menschen, die nicht SV-versichert arbeiteten. So viel zur Aussagekraft der Arbeitsamtsstatistik.

Wer nun zählen will, wie sich die Zahl der SV-Versicherten zwischen Ende 2006 und 2007 veränderte, erlebt eine Überraschung.
Nach dem Arbeitsort in MV gezählt, arbeiteten Ende 07 in MV 159 SV-pflichtig Versicherte mehr auf Vollzeitstellen als im Jahr davor. Hallo Aufschwung!! Und einen spürbareren Gruß an den Urknaller!

Die Zahl der SV-pflichtig versicherten Teilzeitbeschäftigten stieg von Ende 06 bis Ende 07 um 7423 Personen. Der sog. Aufschwung am Arbeitsmarkt ist seitens der Arbeitsagenturen statistische Spielerei, tatsächlich fast ausschließlich durch Teilzeitarbeit herbeigeführt.

Da ich nicht weiß, wie viele Beschäftigte mit Wohnort in anderen Bundesländern in MV arbeiten, kann ich auch nicht errechnen, wie viele Pendler aus MV in anderen Ländern arbeiten. Es müssen mehrere Zehntausend sein, denn Ende 07 war die Zahl der in MV SV-pflichtig versicherten Vollzeitkräfte um 48245 Beschäftigte höher als die Zahl jener, die in MV ihren Arbeitsplatz haben.

Wenn ich dann noch bedenke, dass sich die Einwohnerzahl in MV zwischen Ende 1989 und Ende 2007 um 14,5 Prozent verringerte und sich dieser Schwund linear fortsetzt, weiß ich, wie es um das Land bestellt ist. Rechnen Sie weiter hinzu, dass der Lohnabstand zwischen D und MV unverändert etwa 30 Prozent beträgt und MV das Bundesland ist, in dem am wenigsten verdient und gespart wird, wissen Sie auch, was das Geschwafel vom Aufschwung und besonders von dem spürbareren am Arbeitsmarkt wert ist.

Also Vorsicht, wenn Sie am Mittwoch Zeitung lesen!

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