Auch Horst Thieme aus Zinnowitz ließ das Geschwätz des IHK-Präsidenzen nicht auf sich beruhen, wie es der Autor des Artikels getan hatte. Hier Auszüge aus der Leserzuschrift:
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Rostock spielt auf dem Jahresempfang der IHK in Stralsund offenbar den verspäteten Weihnachtsmann für den dänischen Staatskonzern DONG Energy. Sein Statement, “dadurch dass alle derzeit existierenden Kraftwerke in Norddeutschland politisch bedingt oder wegen ihres Alters vom Netz gehen… und dass sich die verwöhnten Urlauber dann nicht mal mehr föhnen oder den Bart stutzen könnten, gebe es dringenden Handlungsbedarf.“
... D.h. im Sinne seiner Gäste oder Gastgeber, wenn das Steinkohlekraftwerk ... in Lubmin nicht gebaut würde, gäbe es auch keine wirtschaftliche Entwicklung in MV - so der Tenor (OZ v. 12.06.08). Das klingt fast wie der Ringstorff’sche Urknall für die Region.
... Wenn Herr Hering die renommierten Tageszeitungen mit Wirtschaftsteil bzw. Wirtschaftszeitungen lesen oder lesen lassen würde,
müssten ihm nachstehende Fakten bekannt sein (alles durch Veröffentlichungen belegt):
MV erzeugt bereits seit 2004 mehr Elektroenergie (2006: 7,6 Mrd. kWh) als es verbraucht (6,5 Mrd. kWh) - Tendenz steigend. Entsteht daraus Handlungsbedarf für MV?
Es ist kein größeres Kohlekraftwerk im Norden Deutschlands bekannt, das außer Betrieb geht (außer Heizkraftwerk Wedel mit angestrebten Ersatz durch das Vorhaben Moorburg) und z.B. das KW bei Kiel wird rekonstruiert.
Von den 6 Kernkraftwerken in Norddeutschland ist bereits 1 stillgelegt (Stade) und 2 stehen seit einem Jahr (Brunsbüttel und Krümmel) und Deutschland ist dennoch in der Bilanz Stromexporteuer. Entsteht daraus Handlungsbedarf für MV? ...
In Deutschland ist ein vernünftiger Energiemix vorhanden und auch weiter angestrebt (45% des Stroms stammt aus Kohle, 27% aus Kernenergie und die restlichen 28% aus Öl, Gas und alternativen Quellen). Dies zeigt sich auch u.a. in der beabsichtigten Errichtung eines modernen 1200 MW-Gas-Kraftwerkes (GuD) von E.on / GAZPROM in Lubmin. Ein zweites ist ebenfalls bereits vorgenehmigt. (Das wurde jedoch mit keiner Silbe auf dem o.g. Jahresempfang erwähnt. Warum wohl?)
Bereits ein solches GuD-Kraftwerk deckt allen nur erdenklichen Prozess- und Abwär-mebedarf und Elektroenergie-Direktbezug für die Weiterentwicklung des Industrie-standortes Lubmin. Mit zwei solcher Anlagen und dem geplanten off-shore-Windausbau könnte MV die 5-fache Menge seines Eigenbedarfs an Elektroenergie erzeugen. Wo besteht da Handlungsbedarf?
Ein zusätzliches Kond.-Grundlast-Kohlekraftwerk - fernab von den Verbraucher-schwerpunkten - ist weder von den notwendigen Regeleigenschaften und vom integrierten Netzkonzept, noch vom energetischen Wirkungsgrad und vom ökologischen Aspekt in der beliebtesten deutschen Urlaubs- und Gesundheitsregion, bereits technisch und vom Bedarf her nicht zu begründen. Die GuD-Kraftwerke mit einem Wirkungsgrad von annähernd 60 % emittieren nur etwas mehr als ⅓ CO2 pro kWh gegenüber dem DONG-Kraftwerk.
Eben weil das Import-Steinkohle-Kraftwerkskonzept von DONG-Energy technisch veraltet ist, will oder genehmigt kein anderer europäischer Staat es auf seinem Territorium.
Selbst in langjährigen Elektroenergie-Importländern, wie die Niederlande, Italien oder Österreich ist es weder erwünscht noch genehmigungsfähig. Die genannten Länder sind trotzdem nicht wirtschaftlich abgehängt und auch nicht deindustriealisiert.
Dass DONG seine Ansiedlung bei uns wie “sauer Bier“ anpreist, ist demnach ... verständlich. Aber dass Herr Eldrup propagiert, “dass in Deutschland Kraftwerke knapp werden…und dass das weitere (deutsche) Wirtschaftswachstum vom wichtigsten Energieträger Kohle und von der modernsten Kohletechnologie abhängt“ (a la DONG), ist nun doch etwas zu viel der guten Ratschläge ...
Aber dass nun ein uninformierter und unbedarfter IHK-Präsident diese noch übertrifft – dafür kann sich DONG keinen besseren Marketing-Vertreter wünschen.
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