Köhlers Coup
Das war nicht der Schnellschuss eines "Horst wer?", ... sondern der selbstbewusste Coup eines angesehenen Präsidenten. Horst Köhler tritt für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident an. Damit hat er kaum noch jemanden überrascht. ... Und vor allem hat er Anerkennung gefunden für die Art und Weise, wie er es ausübt, wie er der Politik gelegentlich die Leviten liest, wie er Versäumnisse anprangert, wie er Fragen stellt, die in die Zukunft weisen. Einen solchen Mann schickt man nicht ohne Not aufs politische Altenteil. ...Fragt sich, wen interessiert das? Doch ich glaube nicht, dass in der Mantelredaktion die Frage gestellt wurde. Es gab so viel Agenturmaterial, die Redaktion konnte sozusagen aus dem Vollen kopieren. Da wären die Redakteure dämlich, wenn sie z.B. solchen Themen wie dem der Armut in D und besonders in MV kostbare Zeit widmen würden.
Ich empfehle diesen Kommentar zum - warum auch immer - beliebten Kohlrouladenesser:
Gedanken zur Zeit 910 22-05-08: Hat sich Köhler um seine Wiederwahl wirklich verdient gemacht?
Köhler war das erste Mal der besondere Wunschkandidat der FDP, der Partei der Besserverdiener Deutschlands. Nun will er wiedergewählt werden. ...
Es ist ziemlich klar, was Deutschland an Köhler gegeben hat: nach einer Beamtenkarriere mit Parteibuch herrliche Spitzenjobs im öffentlichen Bereich als Staatssekretär, Verbandspräsident der Sparkassen, Bankpräsident in London, Chef des Weltwährungsfonds und schließlich Bundespräsident. Mit einem anderen Paß wäre er nicht dahin gekommen.
Doch ist mir nicht ganz klar, was Köhler seinerseits Deutschland gegeben haben will. Er erklärt es auch nicht. Jedenfalls ist er immer wieder für weitere Reformen der unsozialen Art eingetreten und hat sich z.B. gegen den Mindeslohn, den fast alle anderen Ländern als Sozialschutz haben, eingesetzt. Die meisten neuen Jobs sind von der gering bezahlten und unsicheren Sorte. Die Armut hat eklatant zugenommen. Das nennt er dann Verbesserung? ...
Zur Armut hatte die OZ mehrere, zumeist oberflächliche Artikel veröffentlicht. Nachfragen, was die veröffenlichten Zahlen bedeuten, die Mühe machte sich niemand in der OZ, andere schon:
Verdeckte Armut
Streit um Maßstab im Berliner Bericht
Wer ist arm im reichen Deutschland? Diese Frage wird in der Debatte über den Armutsbericht der Bundesregierung von Sozialforschern unterschiedlich beantwortet. Weil der Bericht die Erhebungsmethode gegenüber früheren Studien geändert hat, ist die Armutsgrenze von 980 auf 780 Euro monatlich nach unten gerutscht. ...
Aktueller ist die Zahl der Menschen, die Leistungen der Grundsicherung erhalten. Dazu gehören: 5,1 Millionen erwerbsfähige Hilfebedürftige und drei Millionen nicht erwerbsfähige (Kinder unter 15 Jahren, Sozialhilfeempfänger in Heimen, Asylbewerber und Empfänger von Grundsicherung im Alter). Dazu kommen die "verdeckten Armen", die einen Anspruch auf Leistung haben, ihn aber nicht wahrnehmen. Die Sozialforscher Richard Hauser und Irene Becker gehen davon aus, dass auf einen Leistungsbezieher fast noch einmal ein verdeckter Armer kommt. ...
Nachtrag, 19. Uhr:
Scholz, ZEIT und STERN reden die Armut klein: Das haben die Armen nicht verdient
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