20. Mai 2008

Hintergrund: Armut weiter verbreitet als zugegeben

Ja, wenn die Bundesregierung einen Bericht vorlegt, dann wird in der OZ geschrieben, dass die Tasten qualmen (Ich weiß, das ist eine Übertreibung.) Dabei sind die Ergebnisse nicht neu, dafür aber geschönt. Doch davon erfahren die OZ-Leser nichts.

Immerhin heißt es in dem Bericht der OZ:
Laut dem gestern vorgelegten Armutsbericht (d.h., es könnte auch anders sein)
der Bundesregierung sind 13 Prozent der Deutschen arm, weitere 13 Prozent würden durch Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II vor dem Abrutschen in Armut bewahrt. Arm ist laut EU-Definition, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient, also in Deutschland 781 Euro netto pro Monat.
Nur nebenbei die Frage: Wie viele Alg 2-Empfänger erhalten mindestens 781 Euro? Und wer 782 Euro erhält, ist natürlich nicht arm, sondern nur arm dran.

Dazu empfehle ich dringend all jenen, die etwas gegen Scheuklappen haben, z.B. dies zu lesen:

... Doch das Durchschnittseinkommen hat sich in Deutschland besonders schlecht entwickelt und die Schwelle der 60 % lag daher in Deutschland schon 2006 mit 9370 Euro pro Jahr niedriger als in fast allen anderen Ländern der Alt-EU, außer dem südeuropäischen Armenhaus von Italien, Spanien, Griechenland und Portugal (siehe Abbildung).
So gilt man in Dänemark schon bei einem Monatseinkommen von weniger als 1133 Euro als arm, in Deutschland erst bei unter 781 Euro. Da die durchschnittliche Schwelle der 10 Länder mit höherer Schwelle als Deutschland 2006 bei 10.735 Euro lag, kann man vermuten, daß bei diesem Schwellenwert in Deutschland noch erheblich mehr Arme zusammenkämen.
Den Anteil von "nur"26 % Arme (vor staatlichen Sozialleistungen) verdanken wir also einer besonders schlechten Entwicklung der Durchschnittseinkommen. Auch hier wieder einmal eine statistische Irreführung, der übrigens selbst Arbeitsminister Scholz zum Opfer gefallen ist (
siehe hier). ...

Ein wenig albern wurde es hier in der OZ:
So gut das klingt: Eine Erhöhung der Pendlerpauschale nützt Arbeitslosen gar nichts, die sich manchmal nicht einmal genug zu essen leisten können.
Lieber Autor, die Erhöhung der Pendlerpauschale nützt vor allem jenen gar nichts, die so wenig Geld verdienen, dass sie keine Steuern zahlen und dennoch an jedem Arbeitstag zur Arbeit fahren!
Kleines Beispiel: Eine Frisörin arbeit in der Greifswalder Innenstadt und fährt jeden Tag 19 Kilometer von Wusterhusen zur Arbeit und danach wieder 19 Kilometer nach Hause. Bei dem Almosen, das die Frau als Lohn erhält, zahlt sie keine Steuern, dafür aber sämtliche Fahrkosten. Mit läppischen 30 Cent Kosten pro Kilometer gerechnet ergeben sich pro Jahr 2500 Euro Fahrkosten, die die Frau von ihrem Hungerlohn bezahlen muss.

Ein Kommentar zum Thema hat die Schlagzeile:
Beschämend
Ich finde beschämend, dass es die OZ immer wieder fertig bringt, Schönschriften in die Welt zu setzen, statt die Wirklichkeit abzubilden, oder z.B. von Kauflust schwafelt. Das hat mit Information nichts zu tun.
Wenn sich dann Redakteure, die nicht einmal Hartz 4 von Alg 2 unterscheiden können, daran machen, sich über die Armut in Deutschland aufzuregen, wirkt das nur noch albern.
Übrigens, wer viel schreibt, kann dennoch oberflächlich bleiben.

Nur nebenbei gefragt: Ist der OZ bekannt, dass Armut in M-V ein Massenphänomen ist? Ich kann es nicht glauben. Es stünde sonst mehr zum Thema in der OZ.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google