14. Dezember 2007

Schönschrift: Erwerbstätigkeit

Einige OZ-Redakteure können das Schönschreiben nicht lassen, auch heute nicht:
10 000 neue Jobs im Nordosten
Der wirtschaftliche Aufschwung im Land bleibt auf dem Arbeitsmarkt spürbar. So waren in Mecklenburg-Vorpommern im dritten Quartal dieses Jahres insgesamt 734 500 Erwerbstätige beschäftigt, immerhin 10 000 mehr als im dritten Quartal 2006. "Mecklenburg-Vorpommern profitiert vom Wachstum im Produzierenden Gewerbe (3,2 Prozent mehr Arbeitsplätze) zwar nicht ganz so stark wie die neuen Länder zusammen (Anstieg um 3,9 Prozent). Doch insgesamt ist das ein ermutigendes Signal", erklärte gestern Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD). ...

Einmal abgesehen davon, dass ich noch niemanden in Klammern reden hörte, wie der Autor, quatscht Schönredner Ringstorf und es wird nachgeplappert.

Tolle Bilanz?
Nicht erwähnenswert fand der Autor, dass im gleichen Quartal 2001 noch 7402oo Menschen erwerbstätig waren. Das sind immer noch 5700 Erwerbstätige weniger als vor sechs Jahren - ein ermutigendes Signal?

Kein Wort verloren Schönredner und Schönschreiber darüber, wer als erwerbstätig in die Statistik eingeht. Dabei steht es in der Veröffentlichung des Statistischen Landesamtes:

Erwerbstätige sind alle Personen, die unabhängig von der Dauer ihrer Arbeitszeit einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten nachgehen. ... Die Zuordnung erfolgt unabhängig von der Bedeutung des Ertrages dieser Tätigkeit für ihren Lebensunterhalt und ohne Rücksicht auf die von ihnen tatsächlich geleistete oder vertragsmäßig zu leistende Arbeitszeit.

Also wird auch der mieseste Billigjob mitgezählt. Sehr ermutigend!

Und was kommt dabei heraus? Nichts. Auch dazu schweigt sich die OZ aus:
Im Einzelhandel wurde nach Preisen von 2000 im dritten Quartal 3,5 Prozent weniger umgesetzt als im Vorjahresquartal (ohne Tankstellen und
Kfz, dort war es mit 4,5 Prozent minus noch schlechter.)
Damit wurde in M-V noch nicht einmal der Umsatz von 2003 (Jahresdurchschnitt) erreicht (99,1%). Alles das finden Sie als Leser nicht in der OZ.

Wäre ich Chefredakteur, würde ich einen pfiffigen Abiturienten die Pressemitteilungen bearbeiten lassen, ihn mit 30 Euro abfrühstücken und einen Redakteur sparen. Und was den Zustand ganz Deutschlands angeht, hier noch ein Rechenbeispiel:

Gedanken zur Zeit 543 14-12-07: Zwei Meldungen vom Tage: Industrieentgelt pro Stunde minus 0,8 %, Inflation plus 3,1 %, netto minus 3,9 %

Gerade meldet das Statistische Bundesamt einen Zuwachs an Beschäftigung im Oktober gegenüber Vorjahr bei 6,1 % mehr Arbeitsstunden. Schön denkt man. Doch dann kommen die zwei Hammer: Gesamtentgelte +5,3 % oder ein Minus von 0,8 % pro Stunde. Die zweite Meldung betrifft die endgültige Inflationsrate für November von 3,1 %. Wenn man das alles zusammennimmt, bleibt netto ein Minus von 3,9 %. Wie soll da die Verbraucherkonjunktur im nächsten Jahr den Konjunkturkarren aus dem Dreck ziehen, wenn - wie erwartet wird - der Export müder wird? ...

Beinahe hätte ich es vergessen:

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