17. November 2011

Mit einem Ausschnitt begnügt

Die Landesseite berichtete recht lapidar über ein sehr wichtiges Thema. Sie tat es nur, weil nicht sie sondern ein Landtagsabgeordneter nachfragte:
Klinik-Keime: 245 Patienten steckten sich an
Land legt Zahlen zu resistenten Erregern vor. Vor allem Ältere und Babys betroffen. ...
In Mecklenburg-Vorpommern sind jetzt erstmals Zahlen zu Todesfällen im Zusammenhang mit MRSA bekannt geworden. Im Juli 2009 wurde eine Meldepflicht für die Infektion eingeführt.
Wenn diese Pflicht so gehandhabt wird wie die Meldepflicht von Verdachtsfällen von Impfkomplikationen, dann gute Nacht (Die im Infektionsschutzgesetz verankerte Meldepflicht von Verdachtsfällen einer Impfkomplikation ist noch immer nicht (nach drei Jahren) allen Ärzten bekannt ...)
Seitdem starben landesweit 21 Menschen an den tückischen Keimen. 245 Personen steckten sich an. Das geht aus der Antwort des Schweriner Gesundheitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Landtagsabgeordneten Torsten Koplin (Linke) hervor.

Tatsächlich liegt die Zahl wohl noch höher. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht intern von jährlich 1200 MRSA-Toten in Deutschland aus. Die offizielle Statistik weist für 2010 aber lediglich 349 Sterbefälle auf. „Es werden nicht alle gemeldet“, erklärt Institutsprecherin Susanne Glasmacher. ...
Ich setzte schon Anfang 2011 dies in mein Blog:
Prof. Dr. Axel Kramer, Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin (an der Uni Greifswald) und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, hat längst einen anderen Weg eingeschlagen. Nicht allein Sekundär-"Vorsorge" predigt er und setzt er durch, sondern desinfizierende Primär- und damit echte Vorsorge: vorher die Zimmer desinfizieren, die Klinikmitarbeiter in Risikobereichen alle sechs Monate auf das Bakterium kontrollieren, gegebenenfalls Befallene sofort antiseptisch behandeln und nach drei bis sieben Tagen heilen ist seine Devise. Ein minimales Auftreten des MRSA (des Medicillin-resistenten staphiloccus aureus) in den Greifswalder Stationen ist der Lohn. ...

Ist das immer noch so? Und wenn ja, lassen sich daraus auch Richtlinien usw. ableiten, die ja nun als Leuchtturmprojekt erforscht werden sollen?
Prima Thema!
Nun zu den Zahlen in der OZ, die in Widerspruch zu diesen stehen, auf die ich im Mai hingewiesen hatte:
... Die Bundesregierung geht von etwa 400.000 bis 600.000 Fällen jährlich aus, in denen Patienten an Krankenhausinfektionen erkranken und von denen 7500 bis 15.000 sterben. ...
Damit sind alle Infektionen in Krankenhäusern erfasst, MRSA ist nur ein Teil davon, da die Resistenz des Bakteriums Staphylococcus aureuss damit beschrieben wird. (Dazu kann auch hier nachgelesen werden, hat die OZ aber unterlassen.)
Klaus-Dieter Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). "Unserer Einschätzung nach infizieren sich von den etwa 18 Millionen Patienten in Deutschland mindestens vier Prozent, also 720.000 Menschen, im Krankenhaus mit Keimen. Wir vermuten, dass es sogar eher fünf Prozent sind. Das wären 900.000 Infektionen."
Die Zahl der Todesfälle, so warnt die DGKH gemeinsam mit der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) sowie dem Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), liegt demnach doppelt so hoch wie bislang angegeben. ...
Es ist offensichtlich, dass die OZ diese Zahlen nicht kennt oder nicht kennen will, weil es bedeutete nachzuforschen. Außerdem ist zu beachten:
Die ungenauen Angaben liegen unter anderem darin begründet, dass MRSA in Deutschland – anders als beispielsweise in Großbritannien – nicht im Totenschein als Diagnose vermerkt wird. Es müsste zudem unterschieden werden, ob die MRSA-Infektion tatsächlich todesursächlich war oder nur eine klinisch unbedeutende Infektion bzw. Kolonisation mit MRSA bestand.
Beachten Sie bitte:
Die OZ hat nur über einen Teil der tödlichen Infektionen in Krankenhäusern berichtet.
Und dieses MRSA-Thema umgeht die OZ grundsätzlich:
Auch im Rahmen des Viehhandels sowie des Schlachtvorganges können die Bakterien verschleppt und dann in Lebensmitteln von entsprechenden Tieren nachgewiesen werden, so in Puten-, Hähnchen- oder Kalbfleisch sowie in Rohmilch.
Die OZ hat sich mit einem Ausschnitt des Infektionsgeschehens begnügt, hat es unterlassen, den Gesamtzustand zu schildern und damit indirekt eine Schönschrift verfasst.
Ich kann nur hoffen, dass der Autor nie ins Krankenhaus muss, weil er sich dort auch eine Infektion mit einem der nicht genannten Keime zuziehen könnte. Da hälfe ihm nicht, so zu tun, als gäbe es die Keime nicht.

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