29. April 2011

Schöngeschriebene Schönschrift

Die OZ, in Gestalt von Schönschreiber Axel Meyer, hat herausgefunden:
Der Frühling löst Boom auf dem Arbeitsmarkt aus
Aha, einen Boom also, was immer das auch sein soll:
Hausse, Hochkonjunktur, Konjunkturaufschwung
Die Sonne lacht über dem Arbeitsmarkt Mecklenburg-Vorpommerns. 
Darauf muss erst einmal jemand kommen.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Nord waren im April 113 800 Menschen ohne Job — ein Rückgang von 9300 im Vergleich zum Vormonat März. Aktuell liegt die Erwerbslosenquote in MV bei 13,2 Prozent (März: 14,3 Prozent) — der niedrigste Aprilwert seit der Wende. ...
Eine Zahl wurde im Text lieber als absolute genannt: 9300, klingt nach viel, ist aber lächerlich wenig, denn vor einem Jahr betrug die Quote 13,4, steht sogar in der OZ:
 

Wieder wird die Leserverblödung mit dem niedrigsten Wert seit der Wende betrieben. Dass in 21 Jahren x-mal Gesetze geändert, die statistische Erfassung vielfach verändert wurde, um die Arbeitslosenquote künstlich zu verringern, und damit jeder Vergleich Propaganda für Ahnungslose ist, ist kein Thema für den Schönschreiber.

Wann nach Meyers Erinnerung die Wende (gemeint ist der Umsturz in der DDR) war, kann ich nicht erkennen. Jedenfalls berichtete die OZ am 27. September 1990:

Die Schlagzeile lautete:
Ein brennendes soziales Problem
Damals war eine Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent also ein soziales Problem; heute jubelt die OZ eine mehr als drei Mal so hohe, schöngerechnete Arbeitslosigkeit zu einem Boom hoch.

Erst ganz am Ende des Artikels das tatsächliche Thema:
Ältere Arbeitslose stehen laut dem Gewerkschaftsbund DGB Nord „weiter im Schatten“. So sei die Zahl der Arbeitslosen zwischen 55 und 65 Jahren im Vergleich zum April 2010 um neun Prozent angestiegen.
Wie schöngefärbt die Arbeitsmarktzahlen sind, mögen diese Zahlen für ganz D. belegen:

... 3,078 Millionen registrierte Arbeitslose ...

Aber:

... Bereinigt um die Zahl der etwa 82.000 sog. Aufstocker (gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im April 2011 etwa 5,501 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) bzw. Arbeitslosengeld II, 502.000 (8,4%) weniger als vor einem Jahr ... Hervorhebungen von mir

Im Kommentar spinnt Meyer das vor sich hin:
Mehr Jobs in MV
Chancen für Ältere
Achja? Neun Prozent mehr Ältere in einem Jahr arbeitslos, ist eine Chance? Achnein, hat er nicht so gemeint, sondern in die Zukunft geblickt:
... Stichwort Fachkräftemangel: Schon jetzt können in einigen Branchen etliche Stellen nicht besetzt werden. Das gilt nicht nur fürs Gastgewerbe oder für Pflegeberufe. Auch im verarbeitenden Gewerbe, etwa bei den Metallbauern, bleiben Jobs offen. Doch wer bei der Besetzung ausschließlich nach jungen Mitarbeitern sucht, wird das Nachsehen haben.
Ob sich der Autor jemals gefragt hat, warum ausgerechnet junge Leute gefragt sind? Hätte er es getan, wäre ihm vielleicht eingefallen, dass es nicht vordergründig um junge und alte Arbeitskräfte geht, sondern vor allem um billige. Im Allgemeinen werden Leute mit langjähriger Berufserfahrung besser bezahlt als jene mit wenig Erfahrung, wie z.B. Redakteure an Tageszeitungen:

1 Kommentar:

  1. Anonym29.4.11

    Diese Erwerbslosenquote stimmt doch von A bis Z nicht, sondern ist passend zurechtgetürkt worden!

    Der Kapitalismus ist ohnehin am Ende.

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