10. Februar 2011

Der Sache auf den Grund gehen? Nicht in der OZ

Der OZ gelingt auch heute nicht, trotz Titelgeschichte, Blickpunktseite und Kommentar der elenden Hartz-Geschichte auf den Grund zu gehen, was ich für den Normalzustand in der OZ halte. Da wird spaltenweise dieser Quark als Titelgeschichte verkauft:
Hartz IV-Debakel: Schwesig greift Merkel an
Nach dem Scheitern der Verhandlungen um eine Neuregelung von Hartz IV geht die SPD-Vizechefin mit der Kanzlerin hart ins Gericht. ...
Es ist nichts als primitiver Wahlkampf, den die OZ an die Leser weiterleitet und Geld dafür verlangt. Wer wem was vorwirft, ist den meisten Alg 2-Berechtigten egal, denn dafür können sie sich nichts kaufen. Es sollte auch allen Wahlwilligen egal sein, denn an ihren Taten, also den Geseten, die sie vorbereiten und durchs Stimmvieh absegnen lassen und an ihrem Untätigsein sollt ihr sie erkennen. Niemand in der OZ hat den Zusammenhang erkannt zwischen dem Tätigsein für die Banken Ende 2008, als über Nacht Hunderte Milliarden Euro zugesagt wurden, deren Verteilung niemanden von uns etwas anzugehen hat, obwohl unser Geld verbraten wird - und dem Untätigsein für die Armen in dieser Gesellschaft.

Wenigstens hat Kommentator Burmeister erkannt:
Problem statt Problemlöser?
Zank um Hartz IV schürt die Parteienverdrossenheit.
Richtig, zumindest die Oberbonzen und deren Fußvolk sind zum Problem für die gesamte Gesellschaft geworden, nicht nur für die Armen.
... Nicht der Kompromiss stand im Mittelpunkt, sondern der Drang zur Profilierung. ...
Diese Typen könnten sich ohne die ergeben nachplappernden, bequemen Medienvertreter nicht profilieren. Die meisten Medien, die ich kenne, tragen eine Mitschuld an den Zuständen in D., denn nichts ist einfacher, als Politikergequake an die Leser zu verkaufen, weil sich die Seiten kostenfrei fast von allein füllen. So werden Menschen dumm gehalten.

Hier hat der Kommentator mich und etliche andere, die sogar schon Rentner sind, verjüngt:
Viele Jüngere empfinden die etablierten Parteien inzwischen selbst als Problem.
Das halte ich für eine Halbaussage, denn viele Ältere und Alte haben die Nase gestrichen voll von Parteien und Bonzen.

Und noch einmal das Eingeständnis, Quark zu verkaufen, denn die OZ berichtete ja mehrfach über das jüngste, widerliche Theaterspiel:
Vergrößert wird der politische Flurschaden durch die geplatzten Hartz-IV-Verhandlungen insofern, als dass sich der Eindruck einer politischen Inszenierung aufdrängt, in der sich blonde Intimfeinde eine verbale Medienshow lieferten.
... die ohne das ergebene und von Bequemlichkeit gezeichnete Mittun der Medien unmöglich gewesen wäre.

Dann noch:
Wenn es eine Erkenntnis aus den zähen Verhandlungen gibt, dann ist es die, dass die Hartz-Reform reif für die Reform ist. (Falsch, sie muss durch ein Gesetz ersetzt werden.) Ihr löblicher Ansatz, Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu verschmelzen, ist vom Wust kleinteiliger und komplizierter Ausführungsbestimmungen erstickt worden. 
Das Gesetz war von Anfang an eine Missgeburt, was die OZ über lange Zeit ignorierte. Die OZ hat die Missgeburt mitermöglicht durch jahrelang kritikfreie Berichterstattung. Stattdessen half sie, Alg 2-Berechtigte als Sozialschmarotzer zu diskreditieren, denen nachgestellt werden müsse, hielt und hält Gesetzesverstöße, den Missbrauch von Ein-Euro-Sklaven, für völlig normal.

Zum Schluss erfahren die Leser, was Blogleser längst wissen:
Die Jobcenter versinken (?wie die Forstarbeiter?) in einer Flut von Klagen, von denen mehr als jede zweite erfolgreich ist. ...
Ich erinere mich an eine Blickpunktseite der OZ, auf der sich über die Klagefreudigkeit von Deutschen lustig gemacht wurde.
Ich erinnere mich, nichts in der OZ darüber gelesen zu haben, wie CDU-Bonzen gegen die vielen Klagen vorgehen wollen, indem die Kläger zahlen müssen.
Ich erinnere mich, dass die OZ noch im Oktober 2009 verschwieg, dass das Bundesverfassungsgericht alle Regelsätze zu beurteilen hat.
Und da Politik nun mal die Kunst ist, Probleme zu lösen, ohne größere zu schaffen, sollte sie handeln. Sonst tun es die Gerichte.
Das ist jetzt schon klar wie das Amen in der Kirche und natürlich kein Thema für die OZ: Gegen die neuen Regelungen wird wieder erfolgreich geklagt werden. Den Nachteil späten Richterspruchs tragen erneut alle vom Alg 2 Abhängigen allein. Erinnern wir uns, dass alle Regelsätze seit ihrer Einführung  Anfang 2005 verfassungswidrig sind, die Betroffenen aber erst ab Januar 2011 mit geänderter Zahlungshöhe rechnen können - keine Nachzahlungen. Wenn die Klagerei wieder fünf oder sechs Jahre dauert, ehe ein Urteil gefällt wird, werden die Betroffenen erneut um ihr Geld betrogen. Das ist ein weiterer Skandal, nicht, ob sich Politbonzen einander die Schuld bildlich in die Schuhe schieben.

Hier ein Kommentar, der sich u.a. mit der Rolle der Medien zum Thema hat:

... Es ist Irrsinn pur. Der von den Medien obendrein noch auf solche Weise analysiert und bewertet wird, als läge das, was gerade geschieht, im Bereich des Üblichen oder auch nur des Hinnehmbaren. Parteien, die nicht in der Lage sind, eine klare Anweisung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2010 fristgerecht umzusetzen. Parteien, die nicht in der Lage sind, einige wenige Regelungen wenigstens halbwegs einvernehmlich zu gestalten. Parteien, die dagegen in der Lage sind, diese vorgeblich unlösbaren Einzelfragen derart aufzuladen, als ginge es um Fortbestehen oder Untergang der gesamten Gesellschaft.

Wo bleibt der Aufschrei bei Presse und Publikum? ...

Warum bloß agieren politische Parteien, deren Vertreter von uns in Verantwortung gewählt wurden, derart skrupellos? Die Antwort liegt auf der Hand: Bei den Fragen, die tatsächlich Schicksalsfragen sind, die die zentralen Säulen unseres Gemeinwesens fortentwickeln sollen, an denen sich wahrhaftig Wohl und Wehe der Gesamtgesellschaft entscheiden – bei diesen anstehenden Herausforderungen herrschen Stillstand, Schweigen, Ignoranz, Verdrängung. Um dennoch den Anschein von Übernahme von Verantwortung, von Willen zur Gestaltung, von Zukunftsfähigkeit aufrechtzuerhalten, muss eben ein Nebenschauplatz herhalten, der jedoch von der Sache her völlig ungeeignet ist.  ...

3 Kommentare:

  1. Anonym10.2.11

    R. Lapuente, Blog ad sinistram erzählt dazu auf seine ganz besondere Art.
    "Sie meinen es ja gut mit den Kindern und Bedürftigen - dass sie dabei weibliche Marionetten in Männeranzügen mit Damenzuschnitt sind, merken sie gar nicht mehr. Hauptsache der Kanzler hat ....und darf als starker Mann auftreten."
    Manchmal liest er sich anstrengend, der Lapuente, aber er hat auch was, eben seine eigene Art und für mich oft zum Schmunzeln.

    G. Bieck

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  2. Anonym10.2.11

    Richtig, es ist nichts als primitiver Wahlkampf, der auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird. Empört Euch!

    http://www.amazon.de/Emp%C3%B6rt-Euch-St%C3%A9phane-Hessel/dp/3550088833/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1297371191&sr=8-1

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  3. Anonym11.2.11

    Warum kann man soetwas nie in der OZ lesen?

    Die Pflichtvergessenheit der Regierung
    Es gibt ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Daraus ergibt sich die Grundpflicht der Politik, für dieses zu sorgen. Aber die Regierung war pflichtvergessen.

    http://www.sueddeutsche.de/politik/geplatzte-hartz-iv-verhandlungen-die-pflichtvergessenheit-der-regierung-1.1057481

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