9. Oktober 2010

Über Widersprüche

Ich will hier nicht lang und breit zur Sache schreiben, weil es entschieden Wichtigeres im Land gibt, nur Widersprüche in des Umstrukturierers sog. Betrachtung zu einem Text einer Redakteurin benennen, die an Sie verkauft wurden:
Greifswalder Maler bestätigt MfS-Kontakte
Die Nachricht schlug gestern, an seinem 90. Geburtstag, ein wie eine Bombe. Der Maler Helmut Maletzke war 28 Jahre lang inoffzieller Mitarbeiter der Stasi. ...
Was bildlich die Spatzen seit einer halben Ewigkeit von den Dächern pfeifen, schlug ein, wie eine Bombe? Steht im Vorspann des Textes. Doch die Betrachtung beginnt so:
Der Überraschungseffekt mag von begrenzter Wirkung sein: Greifswalds bekanntester Volkskünstler, Helmut Maletzke, war Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit.
Ja was denn nun, geplatzte Bombe oder begrenzte Überraschung, die übrigens für die Redaktion gar keine ist?

Er fährt fort:
In Greifswald ahnte irgendwie fast jeder, dass es da zu DDR-Zeiten unredliche Verbindungen gab. ...
Das alles ist an Scheinheiligkeit schwer zu überbieten. Hätte der NDR nicht Maletzke befragt, wäre die 100-prozentige Lobhudelei der OZ so stehengeblieben, wie sie am 7. Oktober veröffentlicht worden war:
Besonders scheinheilig finde ich diese Passage aus des Lokalchefs Betrachtung:
Sein Ehrentag sollte nicht nur Anlass für üppige Blumensträuße und Glückwünsche sein, sondern zugleich für eine objektive Betrachtung seiner Biographie.
Der Lokalchef muss die Leser für ausgesprochen dämlich halten, zumindest für sehr vergesslich, denn es war doch die Redaktion, die am 7. Oktober und davor jahrelang lobhudelte.

Doch nicht nur das. Der Redaktion war der Vorwurf spätestens seit Mai bekannt. Dass die OZ ihm nicht nachging, begründete der Lokalchef so:
Am Morgen vor der Einweihung des von ihm initiierten Caspar-David-Friedrich-Denkmals im Mai dieses Jahres fanden mehrere Greifswalder in ihrem Briefkasten ein Schreiben vor, das Hinweise auf die wahre Identität des IM Erwin Schreiber enthielt. Der Verfasser suchte jedoch den Schutz in der Anonymität. Das Thema ging in der angeregten Diskussion um die Ästhetik des Denkmals unter ...
Wenn der Redaktion auch nur an einem Fünkchen Aufklärung, also journalistischer Arbeit, gelegen hätte, hätte sie die Vorwürfe, ob anonym oder nicht, aufgegriffen und nicht in einer Ästhetikdiskussion untergehen lassen, die übrigens niemandem nützte, außer der OZ, die blitzschnell Spalten füllte.
Ich weiß nicht, wie viele Geschichten die OZ den Lesern schuldig blieb; diese seit über zwei Jahren.

Andererseits: Wenn die Redaktion das Thema für unwichtig hielt, warum wurde es denn jetzt in epischer Breite abgehandelt?
Widersprüche über Widersprüche, die die Redaktion in dem Licht erscheinen lassen, das sie verdient: ahnungslos, feige, nachplappernd, scheinheilig, überfordert - überflüssig.

P.S.:
Über der Betrachtung stand:
Ungeprüfter Volkskünstler
... womit sich der Umstrukturierer nicht selbst meinte, sondern Maletzke.

Doch was ist ein Volkskünstler? Zu DDR-Zeiten - viele OZ-Leser haben sie bewusst erlebt - war ein Amateur ein Volkskünstler. In jetzigen Zeiten ebenso. Das darf aber im Fall Maletzke dringend bezweifelt werden. Schließlich war das sein Broterwerb.
Hat er gemeint, der Mann ist Profi, malt aber volkstümlich?
Oder meinte er, der Maler sei überall bekannt?
Ich habe keine Ahnung. Falls Sie es genau wissen wollen, fragen Sie bitte den Lokalchef, denn die sog. Betrachtung gibt keine Antwort her. Er muss es ja wissen.

Und schließlich zeigte der Umstrukturierer auch noch all seine Arroganz (auch nicht erstmalig), wie mir der Leser Manfred Peters mitteilte:
Wenn Hr. Fischer jetzt meint entscheiden zu können,
... öffentlich beschweren darf er sich nicht — zumindest nicht laut.,
ist das doch wohl zu viel der publizistischen Anmaßung mit der Aberkennung der Grundrechte eines Bürgers. Es spricht wohl mehr für die persönlichen Defizite des Schreibers.

Er fügte u.a. noch dies hinzu:

Da hat es der Pfarrer Glöckner wohl mehr getroffen mit „Das ist nichts Neues. Ich habe mit Helmut Maletzke darüber gesprochen, denn eine Stasi-Tätigkeit habe ich nie gut geheißen. Aber es darf nicht verkannt werden, dass die wahren Schuldigen die SED-Oberen sind. Sie erteilten der Stasi erst den Auftrag.“ Gleichzeitig nannte er das Öffentlichmachen der IM-Tätigkeit an Maletzkes 90. Geburtstag „niederträchtig und sehr boshaft. Das ist kein Aufarbeiten der Vergangenheit, sondern einfach nur billig“.

Die OZ, das Billigorgan - auch das noch!

5 Kommentare:

  1. Anonym9.10.10

    Warum ist die Titelseite der OZ gesperrt wegen einer Unterlassungserklärung?

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  2. Ich sehe nichts Gesperrtes.

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  3. Anonym9.10.10

    Die Titelseite des Mantels ist tatsächlich nicht als PDF verfügbar. Angeblich wird die Seite nachgeliefert. Wer es glaubt...

    Es ist schon ein Jammer mit dieser Zeitung. Nur weil ein Medium aus der Phalanx der Agenturabschreiber ausbricht, eigene Recherchen publiziert, muss Meerkatz zwei Tage nach nach ihrer von der dapd abgekupferten (der Hinweis auf die Quelle fehlt natürlich) Lobhudelei im Kulturteil des Mantels, doch tatsächlich den Gepriesenen mit seiner unschönen Vergangenheit konfrontieren. Der Modernisierer muss eingestehen, bereits vor Monaten von den Vorwürfen gewusst zu haben. Niemand in der Hochwertredaktion kommt auf den Gedanken, dass Meerkatz aber auch die gesamte Zeitung damit den Rest an Glaubwürdigkeit verliert.

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  4. "Niemand in der Hochwertredaktion kommt auf den Gedanken, dass Meerkatz aber auch die gesamte Zeitung damit den Rest an Glaubwürdigkeit verliert."

    Natürlich kommt niemand auf den Gedanken, weil der erste Gedanke und damit das alles beherrschende Thema an nahezu jedem Tag ist: Wie kriegen wir die Seiten voll?

    Welchen Rest an Glaubwürdigkeit hat denn die Zeitung? Ich glaube seit sechseinhalb Jahren nichts von dem, was dort zu lesen ist. Selbst wenn wahr sein sollte, was in die OZ kopiert und/oder von Redakteuren nachgeplappert wird, so muss doch an dem, was vorgeplappert wurde, gezweifelt werden, an der Ausgewogenheit ebenso usw.

    Warum nur sind so viel Leute bereit, dafür Geld auszugeben?

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  5. Anonym10.10.10

    @lupe
    Einen winzigen Rest hat Glaubwürdigkeit hatte ich der OZ noch immer unterstellt. Zumindest die neue Society-Reporterin wird doch in der Lage sein, Gäste und Menuefolge fehlerfrei zu dokumentieren. Beim Fernsehprogramm dürften sich die Fehlmeldungen auch in Grenzen halten. Mit Journalismus haben die Rubriken Stadtgespräch und F.-programm zwar nichts zu tun, es steht aber in der Zeitung.
    Vielleicht sollte man die Möglichkeit der Mehrfachnutzung stärker propagieren. In Greifswald gibt es Zeitungsverkäuferinnen, die einem das Lesen der Zeitung am Stand ermöglichen. Man muss ihnen nur sagen, dass man für dieses Schundblatt kein Geld ausgeben will.

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