30. September 2008

Was hat das Land vom sog. Tourismusboom?

Am 20. September jubilierte die OZ, nachdem sie den Text von dpa kopiert hatte:
Tourismusboom geht weiter
Der Boom im Tourismus Mecklenburg-Vorpommerns hält weiter an. Im Juli wurden nach Angaben des Statistischen Amtes von gestern 4,9 Millionen Übernachtungen gezählt, dies entspreche einer Steigerung von 9,6 Prozent gegenüber dem Juli 2007. ...
Des Urknallers Geschwafel durfte natürlich nicht fehlen, wie es sich für ein Regierungsblättchen gehört:
Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sprach in einer Mitteilung von einem ausgezeichneten Ergebnis, mit dem der Ruf als beliebtestes Urlaubsland der Deutschen weiter gefestigt werde. ...
Da keine Nachrichtenagentur, die OZ sowieso nicht, bereit war, einen nahe liegenden Zusammenhang darzustellen, hole ich es nach (Alle Vergleichszahlen Juli 2007 zum Juli 2008 nach Preisen des Jahres 2000 aus Berichten des Statistischen Landesamtes):

1. Im Juli waren 68 Prozent der angebotenen Bettenkapazität ausgelastet. Also sogar in einem Monat während der Hochsaison war in den Beherbergungsbetrieben fast ein Drittel aller Betten frei. Dennoch werden weiterhin Hotels gebaut.

2. Wenn fast zehn Prozent mehr Übernachtungen gezählt wurden, veränderte sich auch der Umsatz entsprechend?
Das Beherbergungsgewerbe hatte im Jahresvergleich einen Umsatzzuwachs von 2,5 Prozent, also etwa ein Viertel der Steigerungsrate der Übernachtungszahlen.
Im Gaststättengewerbe verringerte sich der Umsatz im Jahresvergleich um 5,7 Prozent. Was also hatte das Tourismusgewerbe von den viel mehr Übernachtungen? Ich schätze: mehr Arbeit und sonst gar nichts.
Was hatten die Bewohner der Urlaubsregionen davon? Mehr Staus, mehr verdreckte Luft und Drängelei in den Einkaufsmärkten.

3. Wenn also das Beherbergungsgewerbe wenig von den gestiegenen Übernachtungszahlen hatte, das Gaststättengewerbe ein deutliches Umsatzminus verkraften musste, hatten dann die Einzelhändler mehr Glück?
Die Tankstellen hatten im Juli-Jahresverleich eine Minus von 14,3 Prozent.
Der Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungsmittel, (in Verkaufsräumen) brachte eine Umsatzminus von 2, 7 Prozent.
Übrigens: Der gesamte Einzelhandel (ohne Kfz-Verkauf und Tankstellen) verzeichnete ein Umsatzplus von 0,8 Prozent. Wesentlichen Anteil an dem geringen Plus hatten der Verkauf von Möbeln und Einrichtungsgegenständen mit einer Steigerung von 10,9 Prozent und der Handel mit elektrischen Haushalts-, Rundfunk-, TV-Geräten mit sechs Prozent, also nicht das, was Urlauber mit nach Hause nehmen.

Und nun möchte ich wissen, warum die Übernachtungszahlen so in den (bildlich) Himmel gehoben werden?
Einfache Antwort: Kopieren macht wenig Arbeit und gibt in diesem Fall eine prima Schönschreibübung.
Und was haben die Leser davon? Sie haben weniger Geld in der Tasche, denn die OZ gibts nicht umsonst.

Plötzlich riecht das Margarinebrötchen nach Schweiß aus der überfüllten Kaufhalle, Auto- und sonstigen Abgasen auf den verstopften Straßen und nach leeren Hotelbetten.

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