27. September 2008

Presserat missbilligt Schleichwerbung in der OZ

Ende Mai hatte ich hier eingetragen, dass ich einen Artikel in der Usedom-Peene-Zeitung als Schleichwerbung für einen Angelladen ansehe. Der Deutsche Presserat meinte das auch und sprach der Ostsee-Zeitung am 18. September eine Missbilligung wegen Schleichwerbung aus, wie ich heute erfuhr. Der Beschwerdeausschuss (sieben Mitglieder) entschied einstimmig.

Der Chefredakteur der Ostsee-Zeitung sah das völlig anders. In seiner Stellungnahme zur Beschwerde hatte er geäußert, der Beitrag sei mit Sicherheit kein journalistisches Ereignis. Schleichwerbung könne er jedoch nicht erkennen. Er meinte, der Vorwurf, der Beitrag ginge über ein begründetes öffentliches Interesse hinaus, sei an den Haaren herbeigezogen.

Diese Auffassung zeigt, wie wenig aus einem früheren Fall von Schleichwerbung gelernt wurde. Muss ja auch niemand, denn die Entscheidungen des Presserates haben keinerlei Auswirkungen auf die jeweilige Zeitung.

Ich komme noch einmal darauf zurück, wie der stv. Chefredakteur begründete, dass keine Schleichwerbung vorliege:
Er teilte dem Presserat mit, dass die Beschwerde von einem ehemaligen Redakteur stamme, der sich bereits öfter beim Presserat beschwert habe.

Diese Äußerung besagt doch wohl, dass jemand, der einmal für die Zeitung arbeitete, sich nicht mehrfach über Verstöße gegen den Pressekodex durch die Zeitung beschweren sollte. Hallo! Nicht ich habe, sondern die Zeitung hat gegen den Pressekodex verstoßen. Die OZ will nichts anderes, als sortieren, wer sich wie oft beim Presserat über sie beschweren darf. Zu dieser Auffassung gibt es eine Parallele aus dem Springer-Verlag (zu dem die OZ zu etwa drei Vierteln gehört), die vom Presserat abgeschmettert wurde.

Es bleibt dabei: Jedermann kann sich beim Presserat beschweren, wenn er meint, dass ein Publikationsorgan gegen den Presskodex verstoßen hat. Wenn sich nur wenige beschweren, dann meist deshalb, weil Leser entweder gar nicht wissen, dass es einen Pressekodex gibt, oder weil sie nicht erkennen, dass ein Verstoß gegen den Kodex vorliegt.

Dabei lassen sich Beschwerden ganz einfach vermeiden: Pressekodex einhalten!

So hat der Beschwerdeausschuss erwogen:

... Bei der Entscheidung verkennt der Beschwerdeausschuss nicht, dass über dieses Thema unter Einbeziehung fachlichen Sachverstandes berichtet werden kann. Dabei kann die Redaktion auch auf den Inhaber eines Geschäftes für Anglerbedarf als Gesprächspartner zurückgreifen.

Im konkreten Fall liegt jedoch eindeutig Schleichwerbung für dieses Geschäft vor. ... Die Redaktion hätte darauf achten müssen, dass die Berichterstattung sich auf die sachlich gebotenen Informationen beschränkt und keine werblichen Hinweise ... enthält. Dann wäre der Artikel durch das Interesse gedeckt gewesen. Im vorliegenden Fall geht die Berichterstattung allerdings darüber hinaus und überschreitet die Grenze zur Schleichwerbung.

Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen die Ziffer 7 des Pressekodex für so schwerwiegend, dass er ... die Maßnahme der Missbilligung wählt. Nach § 15 Beschwerdeordnung besteht zwar keine Pflicht, Missbilligungen in den betroffenen Publikationsorganen abzudrucken. Als Ausdruck fairer Berichterstattung empfiehlt der Beschwerdeausschuss jedoch eine solche redaktionelle Entscheidung. ...

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