22. Juli 2008

Sofortrente: wieder nur die halbe Wahrheit

Nun haben gleich zwei Autoren einen langen Beitrag über die Sofortrente (nichts anderes als eine Spezialform einer Kapitallebensversicherung) verfasst, wahrscheinlich, um die Halbwahrheiten aus einem Leserforum zu korrigieren. Dennoch enthält der Artikel alte und neue Halbwahrheiten und sogar Unsinn.

Hier einige Beispiele:
"Wette" auf ein langes Leben
Natürlich sagen weder Versicherer noch die sich versichernde Person: "Wolln wir wetten, dass ...?"
Dennoch ist es eine Wette, die nicht in Anführungsstriche gesetzt werden muss, die übrigens meist zugunsten des Versicherers ausgeht. Der Grund ist ganz einfach:

Private Leibrente rechnet sich erst ab 91

Die staatlich geförderte private Leibrente lohnt sich nur für Versicherte, die älter als 90 Jahre werden. Alle anderen Rentenbezieher würden von einer einmaligen Kapitalauszahlung mehr profitieren. Das ergaben Berechnungen des Koblenzer Finanzprofessors Heinrich Bockholt für das Handelsblatt. ...

Das gilt für Rentenversicherungen mit Ansparphase. Ähnlich, jedoch nicht ganz so schlimm, ist es mit Sofortrenten, bestätigte mir Thorsten Rudnik, Vorstand im Bund der Versicherten. Er erklärte, dass Rentenversicherungen in wenigen Fällen rentabel sind, dann, wenn die versicherte Person in Kürze Rentner wird, sehr lange lebt, eine Sofortrente vereinbart wird und keine Erben existieren.

So wird die Versicherung in der OZ erklärt:
Ebenso wie die anderen privaten Rentenmodelle besteht die Sofortrente aus einem garantierten und einem flexiblen Teil aus Überschussbeteiligungen, der jährlich neu festgelegt wird und bei den Assekuranzen unterschiedlich hoch ausfällt.
Das ist die halbe Wahrheit, denn die Überschussbeteiligung kann auch ganz entfallen. Die OZ vermittelt dagegen den Eindruck, ein bisschen werde es immer dazu geben. Übrigens müsste es heißen, dass die Überschussbeteiligung unterschiedlich niedrig ausfallen kann, denn die meisten Versicherer geben nur einen Teil des Überschusses an die Versicherten weiter.

Weiter wird geschildert:
So kann etwa eine Rentengarantiezeit vereinbart werden, die die Laufzeit der Rente nach dem Tod des Empfängers festlegt, in der Regel fünf, zehn oder auch 15 Jahre. ...
Eine andere Möglichkeit bietet die Beitragsrückgewähr. Sie sichert im Falle eines frühzeitigen Todes des Versicherungsnehmers seinen Hinterbliebenen die überschüssig eingezahlte Summe.
Es wird zwar mitgeteilt, dass sich durch Rentengarantiezeit und Beitragsrückgewähr die Rente verringert, denn der Versicherer lässt sich das natürlich bezahlen. Wie hoch die Kosten sind, erfahren die OZ-Leser nicht, denn sie würden abgeschreckt, Garantie und Rückgewähr zu vereinbaren. Wie bereits geschrieben, Rentenversicherungen lohnen sich nur für sehr langlebige Sofortrentner ohne Erben.

Fragen Sie doch einen Versicherungsvertreter, wie hoch die Gebühren während der Auszahlphase sind! Sie werden es nicht erfahren. Auch davon ist im OZ-Artikel nichts zu erfahren.

Dann dies:
Für wen ist eine Sofortrente geeignet?
Eine Sofortrente kann jeder vereinbaren - unabhängig vom Alter. Wer einen größeren Geldbetrag zur Verfügung hat, zum Beispiel nach der Auszahlung von angespartem Vermögen aus einer Lebensversicherung oder nach einer Erbschaft, und Interesse an einer lebenslangen Rente hat, ist mit einer Sofortrente gut beraten. ...
Er ist schlecht beraten, und die OZ macht sich wieder einmal zum Sprachrohr der Versicherer, denn:

Von einer privaten Rentenversicherung ist insbesondere jungen Leuten abzuraten. Für Ältere um die 60 Jahre kann sich eine Rentenversicherung per Einmalzahlung lohnen, bei der die Rentenzahlung (Leibrente) sofort beginnt.

... Versichertengelder sind nicht von Unternehmensgeldern getrennt. Sie können daher in stillen Reserven verschwinden und Erträge können für Unternehmens- oder Aktionärszwecke missbraucht werden. Durch eine Gesetzesänderung müssen Versicherungsnehmer, deren Auszahlung aus einer Rentenversicherung ab dem 1. Januar 2008 erfolgt, anteilig an den stillen Reserven beteiligt werden. Die private Rentenversicherung ist sehr unflexibel. Wer sich einmal, womöglich langfristig gebunden hat, kommt aus unattraktiven Verträgen nur mit Verlust wieder heraus. ...

Im Vergleich zur Kapitallebensversicherung sind die Überschüsse sogar oft noch niedriger ausgefallen. Der Grund ist die steigende Lebenserwartung. Das führt dazu, dass die Versicherungsunternehmen die Rentenzahlungen länger als erwartet erbringen müssen. Die ursprünglichen Überschussversprechen, die auf den Sterbetafeln mit einer niedrigeren Lebenserwartung beruhen, müssen nach unten korrigiert werden. Die Garantierente bleibt zwar erhalten, aber die Überschussrenten werden gekürzt. Diese Veränderungen wirken sich umso negativer aus, je jünger der Sparer bei Vertragsabschluss ist. Wegen dieser Ungewissheiten sind Renditeberechnungen kaum möglich. ...

Ein Merkblatt des Bundes der Versicherten finden Sie hier.

Schließlich verbreitet die OZ diese Halbwahrheit:
Alternativ zur Sofortrente bieten sich auch Bankauszahlpläne oder Fondsentnahmepläne an, die bessere Renditen abwerfen können. Doch auch Fonds schwächeln mitunter, und gerade im Alter geht es bei den meisten weniger um Rendite als um Sicherheit. ...
Das ist kein Grund, eine Rentenversicherung abzuschließen, denn jeder einigermaßen verantwortungsvolle Berater wird dem Kunden sagen, dass Fondssparer wenige Jahre vor Rentenbeginn tunlichst ihr Fondsvermögen Stück für Stück in sichere Anlagen umschichten.

Letzlich verbreitete die OZ diesen Quatsch zugunsten der Sofortrente:
Zudem ist bei den Entnahmeplänen bei Langlebigkeit des Sparers das Vermögen irgendwann einmal aufgebraucht bei der Sofortrente jedoch nicht.
Wer auch nur ein wenig über Geldanlagen und in diesem Fall über Entnahmepläne weiß, sollte sich erinnern, dass jeder Entnahmeplan mit Kapitalverzehr oder mit Kapitalerhalt vereinbart werden kann.
"Mit Kapitalverzehr" bedeutet, dass der Auszahlplan so berechnet wird, dass nach einer bestimmten Zeit (Wie lange gedenken Sie zu leben?) das Vermögen aufgebraucht ist.
"Mit Kapitalerhalt" bedeutet ganz einfach, es werden nur die Erträge (z.B. Zinsen) regelmäßig ausgezahlt.

2 Kommentare:

  1. Anonym22.7.08

    Völliger Unfug ist zudem, die Sofortrente würde einen Steuervorteil bieten, wegen des geringen Ertragsanteils. Das Gegenteil ist der Fall: Im Wesentlichen bekommen die Leute als Rente nur ihr eigenes Geld zurück und müssen darauf auch noch Steuern zahlen.

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  2. Den Steuervorteil zu beschwören, ist auch deshalb fragwürdig, weil viele Rentner trotz Privatrente unter der Steuergrenze bleiben werden.

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