24. Februar 2008

Alg 2: kein Ende der Scheinheiligkeit

Warum berichtete die OZ nicht schon vor einem Monat, die Bundesregierung plane, Alg 2-Empfängern und -Antragstellern das Klagen vor den Sozialgerichten zu erschweren? Richtig, es gab keine Agenturmeldung zum Kopieren. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Informationen gab, die Regierung bereite diese Gesetzesänderung vor. Ich berichtete vor einem Monat darüber.

Dabei hatte die OZ vor einem Monat über die starken Zunahme der Klagen berichtet:
Zahl der Klagen gegen Hartz IV dramatisch gestiegen
wie ich hier anmerkte, aber in der OZ eben ohne den Hinweis auf den Plan der Regierung.

Nun hat der Bundestag beschlossen:
Gesetzgeber erhöht Hürden für Klagen gegen Hartz IV
Löblich, aber scheinheilig, der Kommentar zu dem Skandal:
Schikane
"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus", steht im Grundgesetz, Artikel 20. Auch die Regelungen zum Arbeitslosengeld II wurden vom Volke, von Volksvertretern im Bundestag beschlossen. ...
Aha, dann haben die Langzeitarbeitslosen wohl auch dem Gesetz zugestimmt? Wie viele von ihnen sind Bundestagsabgeordnete? Oder meinte der Kommentator etwa, Volksvertreter handelten im Sinne der Mehrheit des Volkes? Davon lese ich zum ersten Mal.

Ich nenne den Kommentar aus zwei Gründen scheinheilig

1. hat sich die OZ in Vergangenheit durch ihre Berichterstattung mit daran beteiligt, den Eindruck zu erzeugen, bis zu 20 Prozent der Alg 2-Empfänger seien Betrüger, müssten überrumpelt werden, um ihnen ihre Schandtaten zu beweisen und seien nicht vermittelbar, weil faules Pack.
Ganz nebenbei machte und macht sie aus Alg 2-Empfängern Hartz 4-Empfänger (Warum in den Medien römische Ziffern gewählt werden, konnte mir bisher niemand erklären), was natürlich Blödsinn ist und das Verhältnis der Medien zu dieser Menschengruppe belegt.
Außerdem vermied die OZ zu berichten, dass die Regierung die Gesetzesänderung geplant hatte, obwohl es einen Anlass gab.

2. hat die OZ versäumt zu schreiben, dass nachweislich bis zu zwei Dritteln aller Bescheide der Argen falsch sind. Erst daraus geht hervor, wie hoch zukünftig die Gefahr ist, in der zweiten Instanz nicht zu seinem Recht zu kommen. Die 750 Euro sind immerhin ein Sechstel dessen, was einem Alg 2-Empfänger pro Jahr zusteht, von den Wohnkosten abgesehen.
Übrigens zeigen die bis zu zwei Drittel Fehlentscheidungen, dass nicht die Alg 2-Empfänger Betrüger sind, sondern sehr viele Mitarbeiter in den Argen, weil sie Antragsteller um ihnen zustehendes Geld bringen, statt sie anständig zu betreuen, was nun auch noch durch die Gesetzesänderung gedeckt wird. Wann endlich wird das zu einem Thema in der OZ, um endlich den Makel der Scheinheiligkeit loszuwerden?

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