10. Mai 2007

Lubmins Bürger in Bestlaune versetzt



Als ich vor mindestens zehn Jahren nach einer Pressereise über ein Atommüll-Zwischenlager berichtete, das als Vorbild für das spätere Zwischenlager Lubmin diente, rief mich der Pressevertreter des Unternehmens an und beschwerte sich über den Artikel. Seiner Meinung nach war das Licht, in dem ich das Lager geschildert hatte, nicht schön gewesen. Schließlich hätte ich auf Kosten des Unternehmens viele Annehmlichkeiten, einschließlich eines Ausfluges nach Holland genießen dürfen. Und dann so etwas!

Mit solch einem Anruf musste Steffen Adler nicht rechnen, als er am 17. April einen Artikel über ein dänisches Steinkohlekraftwerk in der Greifswalder Zeitung, S. 17, veröffentlichte, das er zuvor besucht hatte.

Der Text, den ich nur in Papierform habe (Danke dem Leser für den Ausriss!), beginnt, wie oben der erste Ausriss zeigt. Hätten Sie vermutet, dass über ein Steinkohlekraftwerk geschrieben wird? So wird um den sprichwörtlichen heißen Brei herumgeschrieben.

Dann zitiert der Autor mehrfach zwei Menschen, Peter Gedbjerg und Peter Poulsen, ohne zu schreiben (Oder wurde es in Greifswald herausgekürzt?), ob die beiden Männer eine Position im dänischen Unternehmen "Dong energy" haben und wenn ja, welche. Das ist eine journalistische Fehlleistung! Der Leser hat ein Recht darauf zu erfahren, wer in dem Text zu Wort kommt.
... steigt eine helle Rauchfahne aus einem der beiden 150 Meter hohen Schornsteine. "Nur Aerosole", beschwichtigt Gedbjerg ...
Wieso müssen die Schornsteine so hoch sein, wenn doch fast nichts herauskommt? Keine Nachfrage durch den Journalisten, der übrigens Lokalchef auf der Insel Usedom ist. Sind ja nur Aerosole, die genau auf der Insel und dem polnischen Küstenstreifen niedergehen, da die Hauptwindrichtung Nordwest ist.
Doch weder Adler noch die Leser wissen, wie das Gas (bes. Luft) chemisch zusammengesetzt ist, das feste od. flüssige Stoffe in feinstverteilter Form enthält. (Duden)

Dass die Kohle aus der gesamten Welt zusammengekauft wird, begründet einer der Gesprächspartner so:
"Wissen Sie denn, wo Ihre privaten Jogging-Schuhe hergestellt werden?"
Fertig ist der Unbekannte mit Adler und umgekehrt.

Adler berichtete weiter, das Unternehmen betreibe eine Versuchsanlage zur Abtrennung von Kohlendioxid. Für das Lubminer Kraftwerk lasse man sich Möglichkeiten der Nachrüstung offen. Das bedeutet gar nichts, erweckt aber den Anschein von Wichtigkeit!

Weiter berichtete der Lokalchef, die Rauchgasreinigung funktioniere mittlerweile fast perfekt. Und was bedeutet das? Nicht der Nachfrage wert!

Dann das übliche Gewäsch der Investoren, ein Architekturwettbewerb werde eine akzeptable Optik absichern (Was immer das bedeuten mag.). Und schließlich die Adlersche Entdeckung, die völlig uninteressant ist:

Tatsächlich: beim Rundgang fällt auf, dass in Avedore sogar Platz für Kunst im Kraftwerksinnern ist.
Und völlig übergangslos:
Alle 16 Stunden müsste in Lubmin ein Schiff anlegen. ... das Umladen der Kohle von großen auf kleinere Schiffe soll weitab von der Küste geschehen.
Warum? Fragen Sie Herrn Adler.

Lesen Sie den Schlusssatz des Artikels (im zweiten Ausriss) lieber zwei Mal.
Mir kommt er vor, wie die Bankrotterklärung eines Journalisten, der vor seiner Reise keinen Vertreter von Umweltschutzverbänden konsultierte, der unvorbereitet nach Dänemark fuhr.

Alles nicht so schlimm? Doch, es ist sehr schlimm, denn am 17. April erschien der Artikel und am 21. April stimmten die Lubminer für oder gegen das Steinkohlekraftwerk ab.

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