Neonazis ziehen in den Schweriner Landtag ein
... Bei Spitzenpolitikern aller etablierten Parteien saß der Schock über den Einzug der Rechtsextremen in den Schwerin Landtag tief....Kann das daran liegen, dass sie keine Ahnung hatten vom dem, was in diesem Land tatsächlich passiert? Wäre die Frage mit „nein“ zu beantworten, dürften sie nicht schockiert sein, denn das Unheil war absehbar. Wer die Frage mit „ja“ beantwortet, hat in den vergangenen vier Jahren auf dem rechten Ohr geschlafen. Wenn „ja“, welchen Anteil hatten die Medien daran?
Mich überraschen Leute - sofern sie nicht Politiker sind, die können mich nicht überraschen - die jetzt posaunen, nun müsse aber etwas gegen die Braunen getan werden. Das erweckt den Anschein, als wären die Rechten vor zwei Wochen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Es zeigt aber vor allem die Hilflosigkeit der Gesellschaft, aber auch, dass das Totschweigen nichts nützt.
Rückblick:
Ich begreife nicht, dass die Heimatzeitung vor der Wahl des Ministerpräsidenten Wahlmotto nicht kritisierte, er werde weitermachen wie bisher. Während der acht Jahre, in denen Ringstorff Ministerpräsident war, blieb M-V fast unverändert deutscher Meister in Arbeitslosigkeit – und liegt auch europaweit ganz vorn -, obwohl die Abwanderung sich um keinen Deut verringerte. Hat in der OZ jemals jemand nachgerechnet, wie viele Arbeitslose es gäbe, wären die Hunderttausende im Land geblieben, statt auszuwandern? Hat die OZ jemals darüber geschrieben, wie dankbar alle Hiergebliebenen den Auswanderern sein müssten?
Die Arbeitslosigkeit hat jedoch wesentlich größere Ausmaße, als jene, über die die OZ in jedem Monat berichtet, damit Zusatz-Langeweile auslösend. Die fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten sind das alles beherrschende Problem in M-V und müssten ein Dauerthema der Heimatzeitung sein.
Allein im Kreis Ostvorpommern hätten im August zu den 7465 offiziell Langzeitarbeitlosen 3300 weitere hinzugezählt werden müssen, die in Ein-Euro-Jobs und in ABM ausgebeutet oder in Umschulungen und Weiterbildungen versteckt wurden. Die Langzeitarbeitslosenquote betrüge nicht 14,6 sondern 21 Prozent.
Völlig unberücksichtigt bleiben jene Langzeitarbeitslosen, die in keiner Statistik gezählt werden, weil sie kein Alg 2 erhalten, denn ihre Partner verdienen zu viel Geld (Wie viel ist das?). Und ich wüsste nicht, dass die OZ jemals ausführlich über die stille Reserve berichtete, die ebenfalls ohne Arbeit ist. In Deutschland sind das 1,5 Millionen Menschen. Wie viele sind es in M-V?
Nicht zu vergessen jene Leute, die für weniger als 7,50 Euro arbeiten gehen und damit nicht besser leben können als Alg 2-Empfänger. Kein Thema für die OZ, deren Redakteure wohl auch zu jenen gehören, die meinen, sie würden komplexe Sachverhalte umfassend erklären und imstande sein, die Realität so abzubilden, wie sie ist.
Stattdessen wurde das Märchen vom massenhaften Alg 2-Betrug im übertragenen Sinne wiedergekäut. Wie viele Betrügereien wurden bisher im Land aufgedeckt? Die Zahlen fand ich nicht in der OZ.
Ganz nebenbei: Was ist aus dem sog. Klagestau in den Sozialgerichten geworden? Wie viele Widersprüche gegen Alg 2-Bescheide blieben seit anderthalb Jahren unerledigt?
Das gesamte Ausmaß der Verschwendung von Arbeitskraft im Land darzustellen, ist der OZ nicht im Ansatz gelungen, ist jedoch das schwerwiegendste Problem des Landes.
M-V blieb in den vergangenen Jahren das Armenhaus Deutschlands. Das soll also so bleiben und die OZ nimmt das hin wie ein von Ringstorff entdecktes Naturgesetz, denn er will weitermachen wie bisher.
M-V soll auch das Land der Billiglöhner bleiben und die OZ feiert jedes Unternehmen, das Leute beschäftigt, die per Anruf Waren verkaufen oder das Hotels eröffnet. Eine Berichterstattung, die von Distanz zu diesen Unternehmen geprägt ist, vermisse ich.
Eine Vielzahl von Berichten zum Thema könnte mit einem über eine ungelernte Servierkraft beginnen, der niemand beibrachte, das Geschirr abzuräumen, ohne die Gäste mit unmäßigem Lärm zu verjagen.
Berichtet werden könnte, wie Unternehmer qualifizierte Arbeitskräfte durch Billiglöhner ersetzen oder wie Ein-Euro-Sklaven missbraucht werden. Übrigens: Wer in den Redaktionen der OZ glaubt, er sei nur durch einen Hochqualifizierten ersetzbar, ist auf dem sprichwörtlichen Holzweg.
M-V setzt auch in den nächsten fünf Jahren vor allem auf Tourismus, denn es wird weitergemacht wie bisher, kündigte Ringstorff an. Das Land bleibt damit auf Gedeih und Verderb den Urlaubern ausgeliefert, so lange es sie noch massenhaft gibt und natürlich dem Wetter.
Eine sog. Dienstleistungsgesellschaft kann nicht existieren ohne Menschen, die produzieren. Würde jedermann nur Dienste leisten, könnte das nur unentgeltlich geschehen, weil niemand mehr produzierte und damit Werte und Mehrwert schaffte. Hat die OZ in ausführlichen Hintergrundberichten dieses Thema aufgegriffen?
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