Wer sonntags in der Redaktion die Seiten füllen muss, hat oft den Drang zur Eile. So ging es wohl auch einigen Redakteuren der OZ, die gestern arbeiten mussten und einige Ungereimtheiten übersahen.
In den Regionalnachrichten meldet die OZ heute:
Im ehemaligen Sportpoint Trassenheide auf Usedom soll nach Investor Hilmar Lehmann Europas größte Schmetterlingsfarm einziehen.
Investor Lehmann wohnt also bereits im ehemaligen Sportpoint. Nun kann die Schmetterlingsfarm einziehen. Zieht sie mit dem dritten (im) oder vierten (in) Fall ein? Wird der Investor zwischen Farm und Wohnung eine Trennwand einziehen oder sich Tag und Nacht umflattern lassen?
Ein Grevesmühlener Meldungsschreiber möchte ganz genau sein:
Ein Auffahrunfall ereignete sich am Sonnabend gegen 18.35 Uhr auf der Bundesstraße 105 kurz vor Luisenhof aus Richtung Grevesmühlen.
Der Leser erfährt im ersten Satz nicht, was bei diesem Unfall passierte, sondern dass er etwa um 18.35 Uhr geschah. Ist es dem Leser nicht egal, ob es 18.40 oder 18.29 Uhr war. Will er nicht zuerst wissen, ob es Tote oder Verletzte gab?
Schwarze Gesellen werden ausgetrickst,
titelt Stefan Brümmer einen Bericht über den Greifswalder Tierpark, meint aber weder Schornsteinfeger noch Zimmermänner, sondern Saatkrähen. So beginnt sein Bericht:
Wer es noch nicht weiß: Der Tierpark der Hansestadt stellt in seiner schönen Anlage nicht nur Tiere und deren Lebensweisen zur Schau. Denn eine Voliere mitten im Park erweist sich bei näherem Hinschauen als tückisch. Es ist eine Skandinavische Krähenfalle. Die schwarzen Gesellen, die dort nervös hin und her hüpfen, haben sich – angelockt durch reichlich Nahrung – verleiten lassen.
Vermutet Brümmer, dass es viele Leser schon wissen, was er zu melden hat? Will er angeben: "Ich weiß etwas, was du nicht weißt." Gibt er ihnen mit dem Satzanfang das Zeichen: "Wer es schon weiß, kann etwas anderes Lesen?"
Ist es nicht auch ein Zur-Schau-Stellen der Krähen, wenn sie im Käfig zu besichtigen sind. Ist es nicht auch tückisch, Tiere in einem Zoo zu kaufen und dann in einem anderen in einen Käfig zu sperren, um sie anschauen zu lassen? Freiwillig verbringt kaum ein Tier sein Leben in einem Käfig. Hätte er sich diese Einleitung doch gespart!
Brümmer krönt seinen Beitrag am Schluss mit einem Zitat des Tierpflegers:
Für Wiederfunde aus dem Baltikum, Russland und Polen, aber seltsamerweise auch aus Paris und Finnland gibt es Belege.
Warum hat ihm das Zitat so gut gefallen? Weil es so bürokratisch klingt? Wenn er schon nicht erklärt, warum es seltsam ist, Saatkrähen aus Greifswald in Paris zu finden, hätte es genügt, die Krähen ins Baltikum u.s.w. "fliegen" zu lassen, statt "Belege für Wiederfunde" zu schreiben.
Über den Plan, einen Hafen für Segelschiffe zu bauen, wurde in Bansin diskutiert:
Man war gekommen, um sich über die Auswirkungen einer Marina auf dem Gelände des Schloonsees informieren zu lassen. Mit Alfred Feike, Edmund Kracht und Manfred Wanke präsentierten drei Mitglieder der so genannten Antennengemeinschaft die Vorhabenbeschreibung und gutachterlichen Stellungnahmen des Berliner Investors Christian Leuschner, der die Schloonsee-Marina darin als „ein für Deutschland einmaliges Konzept“ bezeichnet.
Wer ist man? In dem Bandwurm-Satz steht der Begriff "Antennengemeinschaft". Wissen alle Leser der OZ-Ausgabe Rügen, was das ist, nur ich nicht? Außerdem häuft der Autor die Begriffe Vorhabenbeschreibung und gutachterliche Stellungnahme an und veredelt das Satzungetüm mit Amtsdeutsch.
Was Peter Machule in seinem Beitrag über die Vorpommersche Rammlerschau in Wolgast schreibt, soll jeder Rammler-Freund selber nachlesen, jedoch nur, wenn er journalistische Stanzen in größerer Menge verträgt. Hier eine Aufzählung:
...herrschte ... ein reger Besucherverkehr... Komisch, dass der Besucherverkehr immer rege ist.
...zumal auch für das leibliche Wohl mit zünftigem Erbseneintopf aus der Feldküche gesorgt war. Mit Sorge lese ich vom leiblichen Wohl, für das aus der Feldküche gesorgt wird. Zu dem zünftigen Eintopf hätte zünftige Blasmusik gut gepasst.
Zuchtfreund Horst Behlke ist für die Prüfung verantwortlich. Machule lässt ihn verantwortlich zeichnen.
Natürlich werden bei dieser Rammlerschau Tire nicht verkauft, getauscht oder verschenkt, sondern es wechseln zahlreiche Tiere den Besitzer.
Die Schlagzeile hätte lauten müssen: Fallada-Lesung löste Erdbeben in Banz aus. Doch die Redaktion der Rügener OZ-Ausgabe verzichtete darauf. Sie entschied sich für Pseudopoesie: Fallada-Lesung rüttelte Banz wach
Hier der Einstieg in den Text:
Das verschlafende Wittower Örtchen wurde gehörig wach gerüttelt. 35 Menschen klopften sich auf der Eingangstreppe den Schnee von den Schuhen und besetzten jeden freien Platz in der gemütlichen Wohnstube.
Den Unterschied zwischen verschlafen und verschlafend möchte ich nicht darlegen. Doch wenn die Lesung den gesamten Ort wachrüttelt, kann nur ein Erdbeben im Spiel sein. Gehen erst dann 35 Banzer zum Veranstaltungsort, wenn die Lesung beendet ist, tun sie es wahrscheinlich, um sich zu beschweren. Der Fallada-Vorleser musste sich wohl vorwerfen lassen, dass er durch seine Lesung ein Erdbeben auslöste, das ganz Banz erschütterte und die Einwohner aus dem Schlaf rüttelte. Darüber erfährt der Leser jedoch nichts.
Wieso betont der Autor R.N., dass die Banzer jeden freien Platz besetzten? Können sie auch besetzte Plätze besetzen?
Einen noch, dann ist Schluss für heute.
Was soll diese Meldung bezwecken?
Stammtisch der Wirte
Zum nächsten Wirtestammtisch lädt der Dehoga-Regionalverband Rügen heute um 15 Uhr in den Saal der Bergener Grone-Schule an der Gingster Chaussee ein. Es wird darüber informiert, welche Veränderungen sich in diesem Jahr bei den Steuern ergeben. Außerdem wird darüber gesprochen, was die Grüne Woche in Berlin der Insel gebracht hat. Auch die Vorbereitung der Heringswochen ist ein Thema der Veranstaltung, zu der Gastronomen und Hoteliers und alle Interessenten eingeladen sind.
Zweck dieser Meldung war es, Portokosten zu sparen. Die Dehoga (Was ist das?) lädt Gastronomen und Hoteliers ein. Hätte sie alle einzeln angeschrieben, wäre das aufwändig gewesen. Die OZ Rügen gibt sich als Einladungshelfer her. Wenn sie es tut, dann doch mit einer Anzeige der Dehoga. Oder quillt die Ausgabe über vor Anzeigen und die Einladung hätte keinen Platz gehabt.
Verschämt werden auch alle Interessenten eingeladen. Geschenkt, denn Leute, die der Wirtestammtisch nicht interessiert, werden nicht in den Saal der Grone-Schule kommen.
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