21. November 2011

Oberflächliches, Bratwurstiges statt Heimatkunde

Auch wenn heute Montag ist, muss dieser Eintrag sein.
Die OZ berichtet lang und breit:
Studie: Jeder 4. Internet-Handel der Nazi-Szene in MV registriert
Dem Verfassungsschutz im Land sind rund 1360 Rechtsextremisten bekannt. Immer mehr von ihnen sind in Blogs, auf Facebook und Youtube aktiv.  ...
Nun haben wir gerade erfahren, was vom Verfassungschutz und seinen Berichten zu halten ist - nichts. Das hindert den Autor aber nicht daran aus dem Verfassungschutzbericht, zu zitieren. Allerdings befragte er auch andere, und ich wette darauf, dass er dazu nicht die Redaktion verließ. So ist dann auch das Ergebnis, wortreich und oberflächlich, wie von der OZ gewohnt. Was hier im Land los ist, davon erfahren die Leser so gut wie nichts, und das aus einer Zeitung, die seit Jahren unverfroren so für sich wirbt:

Im Kommentar steht:
... Aber auch wir Bürger können etwas tun. Auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt es Neonazis. Wenn sie und ihre Gesinnungsgenossen bei uns aufmarschieren, dann müssen mehr Gegendemonstranten kommen. Wenn wir fremdenfeindliche Sprüche hören, dürfen wir nicht schweigen. Den Opfern können wir nicht mehr helfen. Aber wir können ihre Botschaft hören und Schaden abwenden von unserem Land.
Die Botschaften könnten seit Jahren auch mitten aus dem Land kommen und in die OZ gelangen. Nur dass die OZ sich davor hütet, denn Redakteure müssten vor die Tür gehen, up Döörp; das würde Arbeit machen, unangenehme vielleicht.
Der Kommentator tut so, als wären fremdenfeindliche Sprüche und Aufmärsche alles an Einfluss Rechter. Das ist Schönschrift und ungefähr so kenntnisreich wie die Ergebnisse des Verfassungsschutzes zu den zehn Morden, der abgeschafft gehört.

Ich glaube nicht, dass die "Zeit" je von sich behauptete, in M-V zu Hause sein. Doch was ich einem hervorragenden Feature entnahm, habe ich in über sechs Jahren auch nicht einmal im Ansatz in der OZ gefunden, die von sich behauptet, hier zu Hause zu sein:
Rechsextremismus
Bullerbü in braun

In Mecklenburg-Vorpommern sind in Kindergärten und Schulen Rechtsextreme auf dem Vormarsch. Viele Eltern sind hilflos

Nachts in ihrem Bett, wenn sie die Augen schließt, sieht Janine Kumpf Hakenkreuze. Die Nächte im Süden Mecklenburg-Vorpommerns sind schlimm, doch die Tage sind schlimmer. Wenn Janine Kumpfs Tochter am Frühstückstisch quengelt, sie würde so gerne auf diese Wintersonnwendfeier gehen; wenn sie dann in ihre Kindertagesstätte fährt, und da bringt wieder eine dieser Mütter ihren Bodomar oder ihre Gunhilde in den Morgenkreis; wenn sie mitbekommt, dass diese Mutter im Weggehen andere Eltern einlädt zu einem Vortrag über artgerechte Ernährung – dann hat Janine Kumpf schon »die Schnauze voll von dieser braunen Soße. Das ist so was von bedrohend, ich weiß nicht, wo das hinführen soll.«

Janine Kumpf heißt nicht Janine Kumpf. Ihr Name und wo sie arbeitet – das darf hier nicht stehen. Ihr Mann hätte ihr am liebsten verboten, mit der Zeitung zu reden. »Am Ende zünden die uns noch das Haus an«, hat er gesagt. Aber die Frau, die hier Janine Kumpf heißen soll, findet: »Wenn aus Angst alle den Mund halten, dann haben die doch auf ganzer Linie gesiegt.«

»Die« – das sind die Rechtsextremen. Die aus Mecklenburg-Vorpommern eine Art Toskana für Neonazis gemacht haben: NPD-Kader in der Nähe von Ludwigslust. Völkische Siedler in den Dörfern um Güstrow. Schlägertrupps aus der Kameradschaftsszene in Vorpommern. Und sie alle ziehen in Krippen, Schulen und Jugendklubs ihren Nachwuchs heran, die nächste Generation.

Wenn Janine Kumpf von »uns« spricht, dann meint sie die wenigen Erzieherinnen und Mütter, die sich dagegen wehren. Janine Kumpf – große Brille, große Klappe, großes Herz – arbeitet in einer Kindertagesstätte in Mecklenburg-Vorpommern. In einer Gegend mit einem Dutzend Seen, bescheidenen Backsteinkirchen, verträumten Gehöften, üppigen Wiesen. ...
Warum ausgerechnet Mecklenburg-Vorpommern? Warum hat es hier die NPD bei der Landtagswahl 2006 aus dem Stand auf 59000 Stimmen (7,3 Prozent) geschafft? Und warum hat sie im September die meisten ihrer Mandate in Landtag (6,0 Prozent), Kommunalparlamenten und Kreisräten verteidigt? Wieso hat es die Polizei hier täglich mit einer rechtsextremistischen Straftat zu tun? Warum klebt hier zum Jahrestag des Kriegsendes an vielen Laternenpfählen ein Aufkleber »8.Mai 45 – Tag der Schande«? Warum all die Ferienlager, Kinderfeste, Sonnwendfeiern? Warum das alles in Mecklenburg-Vorpommern?
Wegen der letzten 70 Jahre. Und wegen der letzten 20 Jahre. Freie Bauern gibt es in Ostelbien seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr. Der Boden ist von jeher in der Hand von Großgrundbesitzern, die Landbewohner waren jahrhundertelang Leibeigene. Karl-Georg Ohse, Einheimischer, Vater und bis vor Kurzem Chef des Regionalzentrums für demokratische Kultur in Ludwigslust, sagt: »Es gibt hier immer noch eine hohe Affinität zu autoritären Strukturen. Ketten von Befehl und Gehorsam haben sich hier über Jahrhunderte gehalten.« Die DDR-Zeit verhieß Aufbruch. Man siedelte Industrieunternehmen und Armeestützpunkte an, Mecklenburg-Vorpommern hatte 1989 die jüngste Bevölkerung aller Bundesländer. Heute ist es die älteste. Die Demokratie hat den Menschen babypoglatten Straßenasphalt gebracht, McDonald’s und Nutella. Und dennoch fehlt etwas. ...
Natürlich mischen sich auch Leute für die OZ unters Volk. Das kommt dabei heraus, eine Bratwurst, fast 300 Wörter lang:
Über 3000 Besucher auf dem Katzower Weihnachtsmarkt
Anbieter präsentierten an über 40 Ständen Geschenkartikel zum bevorstehenden Fest. Auch zünftiger Imbiss fand Abnehmer. ...
Das gewisse Etwas brachten über 40 Stände mit Adventsfloristik, kunsthandwerklichem Glas, Skulpturen, Schmuck, Malerei oder weihnachtliche Holzarbeiten. Gegen Mittag waren bereits etwa 500 Fahrzeuge auf der Wiese vor der Kunstscheune zu zählen. Rainer Beuge stand der Schweiß auf der Stirn. Nicht nur wegen der Hitze am Grill, wo ein Schwein am Spieß brutzelte. Auch bei ihm war der Ansturm enorm.

Drinnen im beeindruckenden Fachwerkbau stand Maria Schröder vom Caféhaus „Marimar“ hinterm Tresen. Ihre Torten und der Kuchen sind etwas Besonderes und das feine Teegebäck oder die handgemachten Pralinen ebenso lecker. Die Alternative bei ihr heißt Kirschpunsch und das Rezept ist kein Geheimnis: Rotwein, Fruchtsaft, Kirschen, weihnachtliche Gewürze und Mandellikör. Und: Heiß muss er sein!

Nebenan bot Marinemaler Mario Hennings seine Grafiken an. Immer wieder musste er Fragen beantworten. Schräg gegenüber hatte „Die Perlenmacherin“ ihren Stand, die von Torsten Büttner vertreten wurde.

„Wir suchen uns die Märkte aus“, sagte er, „aber der hier gehört zum Pflichtprogramm.“

Und die Leute kauften. Hier eine besonders schöne Weihnachtskugel und ein kunstvolles Weihnachtsgesteck, dort handgefertigte Seife oder Badekugeln. Es gab Buntes aller Art aus Filz oder Wolle, kunstvolles Porzellan von der Rügener Töpferei Dolacinski wechselte den Besitzer. Nebenbei hielt man ein Schwätzchen, wenn ein Bekannter den Weg kreuzte. Die meisten gingen nicht mit leeren Händen.

Wer nichts Kunsthandwerkliches suchte, der hatte Galloway-Fleisch aus Lodmannshagen im Blick oder Geflügel vom Rügener Bauernhof Kliewe in der Tasche.

6 Kommentare:

  1. Anonym21.11.11

    Wenn wir den Krieg gewonnen hätten
    mit Wogenprall und Sturmgebraus,
    dann wäre Deutschland nicht zu retten
    und gliche einem Irrenhaus.

    Dann läge die Vernunft in Ketten
    und stünde stündlich vor Gericht.
    Und Kriege gäb´s wie Operetten.
    Wenn wir den Krieg gewonnen hätten-
    zum Glück gewannen wir ihn nicht.

    Wenn der Gute wüsste, dass Deutschland schon lange einem Irrenhaus gleicht, von Vernunft ganz zu schweigen und eine Rettung ist nicht in Sicht, wohl aber der Untergang letzter demokratischer Züge.
    Wer Mut gegen Nazis zeigt, der kann durch die Staatsgewalt oder einem rechten oder mehreren rechten Polizisten mitunter sein blaues Wunder erleben.

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  2. Anonym21.11.11

    Neonazis auch in Lampukistan gesichtet!

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  3. Anonym21.11.11

    Udo Pasteurs: Dann sehen Sie, dass Sie kein Deutscher sind (er meinte eine Person aus der Linkspartei, die sich für bessere Bedingungen der Asylanten einsetzte, dem Namen nach ist dieser Mann kein Deutscher)
    Ich habe mich für Geld der Parteien nie interessiert, aber jetzt wird mir übel, dass die Nazis auch noch Steuergelder bekommen.
    Die Person, die Nazidumpfbacke meinte, sollte in den Spiegel schauen.

    - Sie meinen Untertanen
    - Schäuble-Staatsfeind Nr. 1
    - Schäuble-Deutschland ist kein Souv. Staat

    schreibt mein Politblog

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  4. Anonym22.11.11

    Ich zitieren
    "Nachts in ihrem Bett, wenn sie die Augen schließt, sieht Janine Kumpf Hakenkreuze...."
    Meine Meinung. Hier kann sicher ein Psychologe helfen.

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  5. Anonym22.11.11

    Rostock-Blogs.de

    blog.windflüchter.net

    * Mit dem Nazitrio in die VDS Vorratsdatenspeicherung, mit der Verlinkung, was die Welt dazu schreibt

    * Der Uhl der Woche: Vorratsdaten gegen Rechtsextremismus

    * Quo Vadis, Verfassungsschutz?

    Wissenswertes über den Altznazi Hubert Schrübbers, über eine Frau, von Ausschwitz verweht, Schrübbers in der BRD ein "ehrenwerter Mann"

    mit Verlinkungen zum Panorama-Beitrag: Nazis im Staatsdienst-die V-Leite des Verfassungsschutzes

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  6. Anonym22.11.11

    Demo gegen Nazis am 10.12.2011 in Greifswald

    mehr unter Defiant Greifswald - Antifa

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