15. November 2011

Die Sache mit der Reputation

Zuerst habe ich laut gelacht, doch dann blieb mir das Lachen bildlich im Halse stecken:
Medieninitiative: „Stehen Sie mit uns auf für guten Journalismus in MV!“
Jahaahh, einmal aufgestanden und schon wird alles gut mit dem Journalismus in M-V. Aber nun lesen Sie, wer aufstehen soll:
Zum internationalen Aktionstag „Stand up for journalism!“ fordert die Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen.“ die Politik im Nordosten auf, sich für eine funktionierende „vierte Gewalt“ stark zu machen. ...
Das ist so lächerlich, ein Zeichen der Hilflosigkeit und ein Armutszeugnis erster Güte, dass mir dann doch das Lachen verging. Jene, die Journalisten, die sich sich als sog. vierte Gewalt verstehen, die also die Politiker kontrollieren sollen, wenden sich bettelnd genau an diese Leute. Das ist unfassbar und doch typisch für den Zustand des Journalismus im Land und natürlich in der OZ.
Mit einem Brief an Politiker in Mecklenburg-Vorpommern hat die Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern.“
Da gibt es nichts zu sichern; da muss dringend und gründlich verbessert werden. So zeigt sich nur fehlende Eigenkritik, die dringend geboten ist, statt Politiker anzubetteln.
zum internationalen Aktionstag „Stand up for journalism!“ auf die schwierige Situation der Medien im Nordosten aufmerksam gemacht. „Stehen Sie auf für guten Journalismus! Werden Sie mit uns aktiv, damit die Presse ihre wichtige Aufgabe als ,vierte Gewalt‘ in unserer demokratischen Gesellschaft weiter sachgerecht erfüllen kann“, heißt es in dem Schreiben an Abgeordnete in Landtag, Kreistagen und kreisfreien Städten.
Zuerst sind Journalisten für guten Journalismus zuständig, niemand sonst.

Dass sich anderswo Journalisten für ihre Arbeit verantwortlich fühlen und die Verantwortung nicht auf andere und dann auch noch auf Politiker abwälzen, sondern selbst aufstehen, ist möglich und geschehen.
Jene, die den Brief an die Bonzen schrieben und all jene, die feige meinen, andere müssten etwas für sie tun, sollten sich in Grund und Boden schämen.
Redakteure gegen PR-Beilage
Banken-Werbung in DuMont-Medien

Mit einer PR-Aktion in DuMont-Zeitungen will eine Tochterfirma der Deutschen Bank ihr Image aufbessern. Trotz Ansage des Chefs wollen die Redakteure dies nicht.
Dass Banken und insbesondere deren Fondsgesellschaften derzeit nicht den besten Ruf haben, ist ein alter Hut. Auch der Deutschen Bank und ihrer Tochterfirma DWS Investment ergeht es nicht anders. Also wird nach Möglichkeiten gesucht, das Image zu verbessern, gern auch in Verbindung mit positiv besetzten Modethemen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz und so weiter.

Weil es aber wenig bringt, wenn man sich nur selber lobt, braucht man einen Partner, am besten ein topneutrales Medienhaus. Weshalb Ende nächster Woche in der Alten Oper Frankfurt der erste "DuMont-DWS-Nachhaltigkeitspreis" verliehen werden soll, garniert mit einer über DWS-Anzeigen finanzierten redaktionellen Beilage in der Berliner Zeitung, der Frankfurter Rundschau und dem Kölner Stadtanzeiger, den Haupttiteln von DuMont. ...

Um ähnlich "nachhaltiges Investment" soll es auch in der DuMont-Beilage gehen, die von der hauseigenen Wirtschaftsredaktion geschrieben werden soll. Doch die mag, anders als ihr Chef Robert Heusinger, nicht so wirklich. Bei einer Versammlung diese Woche lehnten auch die anderen Redakteure die Pläne entschieden ab.

Der Redaktionsausschuss schreibt der Chefredaktion, die Preis und Beilage trotzdem weiter knorke findet, klare Worte: Berliner Zeitung wie Frankfurter Rundschau hätten ausführlich über die "umstrittene Rolle der Deutschen Bank" berichtet und diese "stets kritisch kommentiert".

Daher gebe es "keinerlei Grund, ihr auf Kosten unserer eigenen Reputation" bei der Lösung dieses Imageproblems "zu helfen". Besonders erzürnt die Redakteursvertreter, dass offenbar außerhalb der Beilage im normalen redaktionellen Teil von Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau "ein großes Interview" mit dem Deutsche-Bank-Manager Kevin Parker geplant ist, der den Preis gemeinsam mit DuMont-Vertretern übergeben soll. "Damit", heißt es in dem Schreiben weiter, "wird die Grenze zwischen Redaktion und PR-Aktion bis zur Unkenntlichkeit verwischt. ...

1 Kommentar:

  1. Anonym16.11.11

    Ob bei Blattwerk oder TV, bei den meissten nachgerichteten Nachrichten vergeht mir das Lachen und das Schlimme ist, dass es selbst Kinderkanäle auf die Manipulation der Zwerge abgesehen haben.
    Neulich saßen wir zusammen am Tisch und nebenbei liefen aus dem Radio Nachrichten und über Griechenland und Krise wurde berichtet.
    Plötzlich sagt mein Dreikäsehoch, will ja auch schon mit den Großen mitreden: Mutti, die Griechen haben zu viel Geld ausgegeben.
    Ich musste ersteinmal schlucken und fragte: Wo hast du das denn her?
    Na von "Wissen macht Ah", war die Antwort.
    Ganz so ist das aber nicht und darüber müssen wir noch einmal reden, entgegnete ich.
    "Wissen macht Ah" läuft über den Kinderkanal KIKA.
    Mir ist schon einmal eine Kindersendung über diesen Kinderkanal aufgefallen, in der sehr kindgerecht über die Taliban und Afghanistan berichtet wurde.
    Was dabei raus kam, will ich gar nicht schreiben.

    Journalisten sind für guten Journalismus zuständig.
    Warum fällt es Journalisten so schwer, den Dingen tatsächlich auf den Grund zu gehen?
    Hat es doch etwas mit Zensur in der Gesellschaft zu tun?
    Haben nicht doch eventuell Journalisten Angst um ihren Arbeitsplatz?
    Ich fürchte, ja.
    Das musste ich noch loswerden, weil ich von diesem Quatsch der JU gelesen habe.
    Früher sind möglicherweise kritische Journalisten ins Gefängnis gekommen. Heute verlieren sie bei bestimmten Verlagen evt. ihren Arbeitsplatz, eine andere Art von Gefängsnis, in der sie dann sind.
    G. Bieck

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