16. April 2011

Keine Kernschmelze? Dann ist ja alles gut

Seit Tagen macht die OZ Reklame für das Kernfusionsprojekt in Greifswald. Dabei wird stets in den Vordergrund gestellt, dass es keine Kernschmelze geben kann wie jetzt in den Atomreaktoren in Japan.
OZ-Leser werden aufatmen und meinen: Na dann ist ja alles gut. Genau das soll erreicht werden. Ansonsten handelte die OZ andere Bedenken gegen das Experiment gleichwertig ab.

Nur nebenbei sei erwähnt:

Im Gegensatz zur Kernspaltung – bei der schwere Kerne gespalten werden und hochradioaktive Spaltbruchstücke zurück bleiben – werden bei der Kernfusion leichte Kerne verschmolzen. Dabei entsteht ebenfalls radioaktiver Abfall, aber nur durch Neutronenbestrahlung der Reaktormaterialien und nicht in Form von Reaktionsprodukten und somit in wesentlich geringeren Mengen als bei der Kernspaltung. Angestrebt (!) wird zudem die Verwendung nur solcher Materialien, bei denen durch die Neutronenaktivierung möglichst nur Nuklide mit kurzen Halbwertszeiten entstehen, damit die radioaktive Belastung und Handhabung dieser Abfälle weniger (!) Probleme bereitet.

Heute kommentierte die Modernisiererin, auch bekannt als Matheass, aus Greifswald:
Das Fusionsexperiment Wendelstein 7-X ist ein Kernbaustein des Wissenschaftsstandortes MV. Hier werden Grundlagen für die Energieversorgung künftiger Generationen erforscht. Und zwar auf einer völlig anderen Basis als bei den umstrittenen Kernreaktoren. Jede Mittelkürzung an der Fusionsforschung wäre fatal. Doch genau das könnte nach der gestrigen Entscheidung des Bundesrates drohen. Einige SPD-geführte Länder stellen im Zuge des Ausstiegs aus der Atomenergie die Forschung zur Kernfusion mit in Frage. Und damit 600 hochqualifizierte Arbeitsplätze in Greifswald gleich mit. Zudem hängt an der Fusionsforschung des Max-Planck-Instituts ein weitverzweigtes wissenschaftliches Netzwerk. Wenn beim Wendelstein-Projekt gekürzt würde, wäre das ein herber Rückschlag für ganz MV als Wissenschafts- und Forschungsstandort. ...
Ein Blogleser meinte dazu (Danke!):

Da das Experiment an Verträge sowohl mit den Lieferanten der Baugruppen, der Meßtechnik, dem Projektmanagment usw. gebunden ist und auch Verpflichtungen gegenüber den Partnern in Europa bestehen, würde ein kostensparender Ausstieg gar nicht mehr möglich sein. Also viel heiße politische Luft.
Zitat Wikipedia:
 "... Finanzierung: Der Investitionsbedarf stieg gegenüber der Planung um 56 %. Finanziert wird Wendelstein 7-X durch die Europäische Union (33 %) zusammen mit dem Bund (60 %) und dem Land Mecklenburg-Vorpommern (7 %), das Budget beträgt rund 423 Millionen Euro. ..." 
Nicht in der OZ nachzulesen ist:

"Teures Spielzeug für einen elitären Kreis". Interview mit Heinz Smital von Greenpeace
Die Kernfusion ist seit Jahrzehnten ein Hoffnungsträger der alternativen Energieversorgung. Bis 2018 soll nun mit ITER im französischen Cadarache ein Tokamak-Reaktor der neuesten Generation gebaut werden. 15 Mrd. Euro soll er kosten. Laut EU-Kommission bietet die neue ITER-Technik "Aussicht auf eine schier unerschöpfliche Quelle für sichere und saubere Energie". 
Mit 45 Prozent ist die EU der größte Projektpartner neben den USA, Russland, Japan und China. Der EU-Anteil des Projekts beläuft sich derzeit auf 6,6 Mrd. Euro. Deutschland stemmt 20 Prozent des EU-Anteils. 260 Mio. Euro investierte die Bundesregierung seit 2008 in die europäische Fusionsforschung. Dafür erwartete sie Aufträge in ähnlicher Größenordnung an deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute. Doch die blieben bislang aus. ...
Tja, dumm gelaufen für den Steuerzahler und sogar für die Unternehmen.
Ob man Kernfusion zur Energieerzeugung je wirtschaftlich betreiben kann, ist sehr fraglich. ...
Seit Jahrzehnten ist die zuverlässige Konstante der Fusionsforschung die regelmäßige und extrem lange Verzögerung. Auch jetzt gibt es wieder positive Nachrichten etwa aus dem MIT, dass sich das Plasma künftig besser kontrollieren lasse. Lassen sich die Politiker hier von einem phantastischen Versprechen der Physiker verführen?
Heinz Smital: Eindeutig ja. Auf positive Nachrichten werden wieder neue Probleme folgen. Würden die Physiker sagen, dass da noch sehr viel mehr Geld fließen muss, bis wir irgendwie in die Nähe einer Anwendung kommen, die dann auch kaum wirtschaftlich sein wird, würden sich die Politiker schneller abwenden. Es werden Teilergebnisse so positiv geschildert, dass die Politik am Angelhaken bleibt. ...
Ein aufschlussreiches Interview, unerreichbar für die Bunkerbewohner unter den OZ-Lesern, denen weitestgehend einseitig Propaganda verkauft wird.
In diesem Zusammenhang ist es nützlich, auf diesen Eintrag zu verweisen, in dem an einstige Propaganda erinnert wurde:
... Die Technikgeschichte berichtet, was damals (in den 50-er Jahren) gedacht wurde. Aus Amerika wurde - POLITISCH UNWIDERSPROCHEN - der Gedanke übernommen, daß Kernkraftwerke für eine Millionen Dollar erstens bedienungsfrei seien, zweitens eine ganze Stadt mit Strom versrogen können und drittens in eine Kiste passen, aus der ein Kabel kommt. Die Max-Planck-Gesellschaft versprach, in spätestens 20 Jahren die kommerzielle Nutzung der Kernfusion anbieten zu können. Daszu brauche es keine besonderen Experimente.
Übrigens - heute erwartet die MPG, daß es entsprechende Kraftwerke bis 2050 gibt. GAnz sicher passen die Papiere mit diesen Textn in die Kiste, in die ein Kabel reingeht.

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