1. April 2011

Arbeitsmarkt und Propaganda

Die regierungsergebene OZ bleibt dabei: Es wird schöngeschrieben. Außer einem Ausrutscher werden Arbeitsmarktzahlen gemeldet und verarbeitet, die wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben.

In der Titelgeschichte stand: 
... Damit hält MV bundesweit zwar weiter die rote Laterne, hinter Berlin und Sachsen-Anhalt. Mit 123 100 Jobsuchenden erreicht MV jedoch den niedrigsten Stand in einem März seit 20 Jahren. ...

Oder in der Greifswalder Ausgabe:
... Die Arbeitslosigkeit liege zwar weiterhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt, habe jedoch einen Tiefststand seit 1999 erreicht. Im März bezogen 3519 Personen Arbeitslosengeld I und 978 Arbeitslosengeld II. Vor sieben Jahren lag die Arbeitslosenquote bei 22,1 Prozent (5729 Erwerbslose). ...
Die aktuellen Zahlen mit denen aus der Vergangenheit zu vergleichen, ist unredlich, weil sie durch zahllose Anpassungen der Statistik und Gesetzesänderungen stetig geschönt wurden und deshalb nicht miteinander vergleichbar sind.

Hier einige ungeschönte Zahlen:

Nach vorläufigen, hochgerechneten Daten hatten 0,937 Millionen (arbeitslose und nicht arbeitslose) Frauen und Männer Anspruch auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) und 4,754 Millionen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Bereinigt um die Zahl der etwa 97.000 sog. Aufstocker (gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im März 2011 etwa 5,594 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) bzw. Arbeitslosengeld II (offiziel 3210341, macht eine Differenz von 2,83 Millionen, ist der OZ aber egal), 593.000 weniger als vor einem Jahr. Hervorhebung von mir
Auch dies verbreitete die OZ:
Mehr Jobs im Norden: Bau und Gastgewerbe suchen Leute
... In Rostock und Schwerin sind Installateure, Maler und Tischler besonders gefragt. Die Bauwirtschaft konnte den Schwung aus dem Vorjahr offenbar mitnehmen. 2010 war die Zahl der Beschäftigten erstmals seit 15 Jahren wieder gestiegen. ...
Wer nicht bildlich aus dem Mustopp kommt, weiß, dass in jedem Frühjahr Bauarbeiter und Mitarbeiter für das Gastgewerbe gesucht werden. Das wäre nicht der Meldung wert, müsste es nicht als Schönschriftteil herhalten.
Vor ein paar Tagen erzählte mir jemand, der es wissen muss, dass auf Usedom in manchen Hotels das Personal ähnlich Sklaven gehalten wird, einer der Gründe, warum Personal gesucht wird.
Dass Handwerker gesucht werden, ist ebenfalls kein Wunder angesichts der Löhne, die im Durchschnitt ein Drittel unter denen Gesamtdeutschlands liegen.
Geht es darum schönzuschreiben, ist sogar der Chefredakteur dabei, der vor einem Jahr während des Neujahrsempfanges der OZ von kritischer Berichterstattung schwafelte, hier mit einem Kommentar:
... Das deckt sich zumindest in Teilen mit der Situation in MV. Hier haben die Arbeitsämter seit Jahresbeginn 11 400 sogenannte „sozialversicherungspflichtige“ (also echte) Stellen zur Vermittlung gemeldet. Immerhin 2600 mehr als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Und: Auch hier ist es das Baugewerbe, das Jobs anbietet. ...
Oha, echte Stellen! Wahnsinn! Dass Saisonarbeiter z.B. in Touristikunternehmen sv-pflichtig versichert sind, sollte dazugeschrieben werden. Dass die grundsätzlich unterbezahlten Wanderarbeiter (Zeitarbeiter) SV-Beiträge zahlen, spielt ebenfalls keine Rolle. Dass Halbtagsstellen im Handel z.B. sv-pflichtige sind, bleibt ungenannt, alles, um einen Frühling am Arbeitsmarkt zu verkünden.

Zum Baugewerbe: Im Jahr 2000 arbeiteten doppelt so viele Beschäftige im Bauhauptgewerbe wie im Jahr 2010.
Dies nicht nebenbei, um Ihnen einen Eindruck zu verschaffen, um welchen Zuwachs in der OZ solch ein Gewese gemacht wird:

Im Jahresdurchschnitt 2010 waren 15 982 Personen im Bauhauptgewerbe beschäftigt; das entspricht im Vorjahresvergleich einem Zuwachs von rund 200 Arbeitsplätzen (+ 1,3 Prozent; 2009: - 3,1 Prozent).

Aha, der Verlust an Arbeitsplätzen im Jahr 2009 wurden im vorigen Jahr auch nicht annähernd ausgeglichen. Den Eindruck, das Propagandaniveau der OZ ist dort angekommen, wo es im Sommer 1989 war, werde ich einfach nicht los.
Die Unterschiede zwischen einst und jetzt: 
Damals stand im Zeitungskopf, dass es sich um eine Parteizeitung handelt; heute fertigt der Chefredakteur freiwillig eine Schönschrift an, denn im Kopf der Titelseite steht:
Damals kostete eine Zeitung zehn(?) Ostpfennige; heute kostet ein Monatsabo fast 21 Euro.

1 Kommentar:

  1. Anonym1.4.11

    Alles nur geschöntes Blabla aus dem beliebten Phrasen-Bingo.

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