29. März 2011

Schönschriftelei

Wissen Sie, warum stets so viel passiert, wie in eine Zeitung passt?
Anders gefragt: Ahnen Sie, woher Redakteure die Themen nehmen, über die sie dann Texte verfassen? Ob sie eigene Ideen haben? Nunja.

Hier ein Beispiel:
Die OZ schwadronierte im Zusammenhang mit einer Konferenz zu den Folgen des Klimawandels, die morgen in Hamburg beginnt (also nicht, weil jemand auf die Idee gekommen wäre, über die Vorzüge der Erderwärmung für den Tourismus in M-V zu berichten), woraus eine Schönschrift wurde. Genau das ist die OZ-eigene Art des kritischen Hochwertjournalismus.

Den Sinn der Konferenz erklärten die Veranstalter so:

Der Klimawandel stellt neue Anforderungen an den Schutz und die Gestaltung unserer Küstenlandschaften. Sturmfluten, sich verändernde Küstenökosysteme oder die Beeinträchtigung der Hafenwirtschaft, der Landwirtschaft und des Tourismus durch zu viel oder zu wenig Wasser können Folgen des Klimawandels sein. Hervorhebung von mir
 
Aha, ein Vortrag und ein Seminar befassen sich mit dem Tourismus, mit den Herausforderungen und einem Spanungsfeld. Wo steht etwas über die Chancen für den Tourismus?
Aus all dem lässt sich allerdings keine Schönschrift verfassen. Da zur Zeit reichlich über Katastrophen berichtet wird, wählte die Autorin das Thema: "Wie schön ist es für den Tourismus, weil es wärmer wird".
Sonnige Aussichten an der Ostsee
Der Tourismus an der Küste könnte vom Klimawandel profitieren, glauben Experten.
Stahlblauer Himmel, Wellen plätschern träge ans Ufer. Mittags steigt das Quecksilber auf 27 Grad. Am Warnemünder Strand drängeln sich die Badegäste. ...
1. Vielleicht drängeln sie sich am Strand, weil sie sich nicht ins Wassser trauen, wegen der Vibrionen.
2. Das also ist erstrebenswert, sich im Urlaub am Strand drängeln.
3. Nehme ich die Schlagzeile wörtlich, ist sie wohl grundfalsch, denn die Sonnenscheindauer wird sich voraussichtlich verringern.
... Insbesondere in den Sommermonaten erwarten die Experten mehr Sonnentage. „Der Tourismus muss sich langfristig auf mehr Urlauber einstellen“, meint auch Nardine Stybel, Geschäftsführerin der Küsten Union Deutschland in Warnemünde. ...
Ohgott, noch mehr Urlauber! Das soll erstrebenswert sein? Bloß gut, das ich dann schon tot bin.
Und nur so nebenbei: Mangelte es an Quartieren, blieben die Urlauber von ganz allein weg. Es muss also nicht zwangsläufig weiter gebaut werden, um die Leute untzerzubringen.
„Auch wenn der Tourismus an der Ostseeküste vom Klimawandel profitieren könnte, steht er bei den Unternehmen nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Touristiker denken meist nur bis zu nächsten Saison“, räumt sie ein. Küstenschutz, Strandmanagement, alternative Verkehrskonzepte — der Klimawandel stelle die Branche langfristig vor enorme Herausforderungen.
Das stellt die Touristiker vor allem vor die Frage, wo sie weitere Hotels bauen können, um noch mehr Gewinn zu machen. Für die Infrastruktur werden sie keinen Finger krumm machen; sie werden höchstens eine bessere fordern. Es wird weiterhin und ausdauernd mit Steuergeldern die Drängelei an der Ostsee und die Drängelei auf den Straßen gefördert werden.
„Wenn mehr Urlauber kommen, hat das Folgen für die Infrastruktur. Schon jetzt gibt es in der Hochsaison lange Staus auf den Straßen“, meint die Meeresbiologin. ...
... und schreib ich schon seit ein paar Jahren. Weder ich noch die Konferenz wird auch nur einen Hauch an den Zuständen ändern.

Und nebenbei wurde noch diese sonnige Aussicht gebote:
Während die Klimamodelle heiße und trockene Sommer vorhersagen, steigt im Winter die Gefahr von Starkregen und Stürmen. Meeresbiologin Sybel erinnert an das Sturmtief Daisy, das im Januar 2010 für schwere Schäden entlang der Ostseeküste sorgte. „Solche extremen Wetterereignisse werden zunehmen.“
Die Autorin kommentierte ihren Beitrag:
Klimawandel an der Ostseeküste
Keine Zukunftsmusik

Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten. Mecklenburg-Vorpommern muss sich langfristig auf heiße, trockene Sommer und Winter mit Starkregen und heftigen Stürmen einstellen. Das ist alles andere als Zukunftsmusik. ...
Sonnige Aussichten eben, allerdings nur für diese Gruppe von Profiteuren:
Der Tourismus im Nordosten könnte vom Klimawandel profitieren. Eine Chance, aber auch eine Herausforderung. Denn noch gibt es viele Fragezeichen: Die Folgen der Klimaerwärmung (Das Klima kann sich nicht erwärmen, ausgeschlossen.) für das Ökosystem Ostsee beispielsweise sind längst nicht geklärt. Zu vielschichtig sind die Einflussfaktoren.
Achwas, Hauptsache sonnige Aussichten.
Vor allem beim Verkehrskonzept hat MV Nachholbedarf. Laut Umweltstiftung WWF reisen drei von vier deutschen Urlaubern mit dem Auto an. Nachhaltiger Tourismus sieht anders aus.
Ja? Wie denn?
Genau das wäre der Ansatzpunkt für einen kritisch-hochwertigen Beitrag (eher für mehrere Beiträge) gewesen.
Übrigens kann jedermann die Klimadaten seit über einem Jahr kostenlos und umfassend studieren, also auch jeder OZ-Redakteur. Das hättee also vor einem Jahr der Ausgangspunkt sein können, ein Thema zu setzen, kritisch-hochwertig und ausdauernd zu berichten. Damit sind wir zum Ausgangspunkt des Eintrages zurückgelangt, zur Sache mit der Themenfindung. Nunja.

1 Kommentar:

  1. Anonym29.3.11

    Die Sonnenscheindauer wird sich verringern.
    Das kann vorhergesagt werden?
    Wer den Himmel genau beobachtet sieht genau, dass Flugzeuge irgendwelchen Dreck versprühen, auch Chemtrails genannt, Streifen am Himmel, die sich nicht mehr auflösen, sondern den Himmel verschleiern.
    Ich wüsste zu gern, warum das so ist, was früher so nicht war.

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