15. September 2010

Wozu Studien gut sind

Sog. Studien von sog. Experten, von sog. Journalisten nachgeplappert oder von Nachplapperern kopiert, sind nichts wert. Doch die OZ macht bildlich einen großen Wirbel um eine Studie, wohl weil sie Schönschriftpotential enthält und die Seiten befüllt werden mussten, so schnell wie möglich:
Studie: Jugend optimistischer, Benachteiligte eher nicht
Deutschlands Jugendliche blicken optimistisch in die Zukunft - zumindest wenn der soziale Hintergrund stimmt.

Altersgenossen aus benachteiligten Familie leiden hingegen unter deutlich mehr Zukunftsängsten. Das geht aus der 16. Shell-Jugendstudie hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Ob Politikinteresse, Bildungschancen oder soziales Engagement: Die 12- bis 25-Jährigen aus benachteiligtem Milieu zeigen in allen Bereichen deutlich weniger Zuversicht. Während insgesamt fast drei Viertel der 2500 Befragten zufrieden mit ihrem Leben sind, äußern sich nur 40 Prozent der Jugendlichen aus der Unterschicht positiv. ...
Natürlich musste auch noch ein regierungsergebener Kommentar abgeliefert werden:
Studie zeigt zwiespältiges Bild der Jugend
Handlungsauftrag

Sie - wirft viel Licht, aber auch tiefe Schatten auf die deutsche Jugend: die neue Shell-Studie. Dass die tiefe Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen zwei Jahre die Mehrheit der Jugendlichen nicht in düstere Zukunftsängste getrieben hat, ist zweifellos eine gute Nachricht. ...
Zweifeln ist also verboten. Ich tue es dennoch, andere auch, denn in der vergangenen Woche wurde eine Studie zum selben Thema veröffentlicht, von der OZ mit keinem Wort erwähnt, eine Studie, die z.T. völlig andere Ergebnissen enthält:

Aus Panik angepasst und unter Selbstkontrolle

Die Shell-Studie schildert die Jugend als optimistisch und pragmatisch, eine andere Jugendstudie schildert sie als "angstvoll und ungeheuer anpassungswillig"
Wie sich doch Studien und vor allem Interpretationen unterscheiden können. Nach der Shell-Studie sind die meisten der befragten 12-25-jährigen Jugendlichen optimistisch, wenn sie nicht aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommen. Sie seien leistungsbereit, ehrgeizig und haben den Wunsch nach einer Familie, wohnen auch ganz gerne noch Zuhause und denken auch lieber positiv, vor allem aber pragmatisch (Mit Pragmatismus zum Glück).

Erst letzte Woche wurde eine andere Studie veröffentlicht, die ein anderes Bild malt, auch wenn es viele Überschneidungen gibt. Die Jugendstudie des Marktforschungsinstituts Rheingold geht davon aus, dass die jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren eine Lebenswelt wahrnehmen, die "durch eine ungeheure Brüchigkeit und ständige Erschütterungen" gekennzeichnet ist. Die Jugend glaube, sie könne sich auf nichts mehr verlassen und sei deswegen "angstvoll und ungeheuer anpassungswillig". Diese grundlegende Unsicherheit, die auch die eigene Familie (Scheidungen, alleinerziehende Eltern und unzuverlässige Väter), lasse die Jugend zu einer "Generation Biedermeier" werden, obgleich sie zunächst anders wirkt, eben auch pragmatisch und ehrgeizig ...

Vergessen Sie Studienergebnisse, vergessen Sie Umfrageergebnisse - und vergessen Sie Kommentare zu Umfragen und Studien. Sie sind geeignet, Sie zu manipulieren und geeignet, Zeitungsspalten zu füllen. Nutzen ziehen Sie daraus nicht, die OZ schon, denn schließlich haben Sie dafür bezahlt.

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