29. Mai 2010

Neues aus dem Propagandabüro

Wenn Krämerseelen schreiben, kommt so etwas heraus:
Schwacher Euro verteuert Fernreisen: Heringsdorf statt Karibik
Achja? Müssen Urlauber damit rechnen, für ihre gebuchte Reise einen Nachschlag zahlen zu müssen? Natürlich nicht, steht sogar im Artikel. Das ficht aber die Redaktion nicht an, noch einmal zu betonen:
Schwacher Euro, teure Ferien. Für Reisen in die Ferne müssen Urlauber jetzt tiefer in die Tasche greifen als noch im Sommer 2009. Die Tourismusbranche in MV frohlockt.
In den ersten beiden Sätzen klingt es schon ganz anders:
Mecklenburg-Vorpommern könnte von der aktuellen Euroschwäche profitieren. Der Landestourismusverband hegt die leise Hoffnung, dass mehr deutsche Gäste kommen. ...
So wie die Einzelhändler auf Umsatzsteigerung hoffen? Hallo, liebe Leser, lassen Sie sich nicht verscheißern veräppeln!
Könnte ist Möglichkeitsform; erst wenn etwas passiert, wird aus der Möglichkeit Wirklichkeit. Leise Hoffung ist leiser Mangel an Wissen. Also, was soll der Käse vom Frohlocken anderes sein als Krämerunterstützung?

Aber über die Wirklichkeit wird auch geschrieben:
Noch stellt die Tourismusbranche keine Veränderungen im Reiseverhalten fest.
Doch im nächsten Satz ist schon von einer Veränderung zu lesen, die weder zur Schlagzeile noch zum Vorsatz passt:
Vom Flughafen Rostock-Laage starten die Touristen unbeirrt vom dümpelnden Euro in ihren Türkei-Urlaub. „Wir verzeichnen einen ungeheuren Boom bei Flügen nach Antalya“, sagt Geschäftsführerin Anna Muller. Das liege aber auch daran, dass die Türkei schnell ihre Preise an Wechselkursschwankungen angepasst habe.
Ein ungeheurer Boom? Das ist keine Veränderung?
Und wie passt das zur Schlagzeile?:
Auch in den Reisebüros ist die Nachfrage nach Ferien im Ausland ungebrochen. 
Warum das so ist, wird nun geschrieben:
„Die Preise der laufenden Saison wurden ja schon im vergangenen Jahr ausgehandelt“, sagt Heike Kaiser vom Hapag-Lloyd-Reisebüro in Rostock. Sie rät daher, die niedrigen Preise jetzt zu nutzen. ... Im Rostocker Baltic Reisebüro gibt es ebenfalls keine Buchungsrückgänge. Die Euro-Schwäche könnte im Laufe der Saison sogar noch Schnäppchenjägern zugute kommen, meint Geschäftsführerin Heike Kutz: „Sie könnten profitieren, falls die Veranstalter ihre Zimmer nicht loskriegen.“
So etwas aber auch!

Und schließlich:
Nur in Osteuropa kriegt man noch richtig viel für sein Geld. In Polen und Ungarn ist der Euro nach wie vor deutlich mehr wert als in Deutschland. (Das merke ich beim Tanken in Swinemünde.) Das bedeutet: Für einen Euro bekommt man dort Einkäufe und Leistungen, für die man hierzulande 1,21 Euro oder 1,16 Euro zahlen müsste. Auch in Kroatien lässt es sich vergleichsweise günstiger leben als auf Balkonien: Dort liegt die Kaufkraft des Euro bei 1,09.
Warum also in aller Welt Heringsdorf?

Wegen der alltäglichen Staus auf der Insel während der Sommerferien?
Wegen der braunen Brühe, die aus der Oder in die Pommersche Bucht fließt?
Wegen des Gedränges auf der Promenade und am Strand?
Wegen der fehlenden Parkplätze?
Wegen der Regentage?

Wenn das alles keine Gründe sein sollten, welche sind es dann? Ich kann es dem OZ-Geschreibsel nicht entnehmen.

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