9. April 2010

"Die Mittelschicht betrügt sich selbst"

Ein sehr interessanter Kommentar über den grundsätzlichen Fehler der Mittelschicht, zu der übrigens auch die Redakteure der OZ gehören:

Soziale Gerechtigkeit
Die Mittelschicht betrügt sich selbst

Die deutsche Mittelschicht stellt die meisten Wähler, verliert aber immer mehr politischen Einfluss. Schuld ist das Bürgertum selbst: Es grenzt sich von den Armen ab, wähnt sich an der Seite der Vermögenden - und stärkt damit genau jene, die sich auf seine Kosten bereichern.

Die Mittelschicht ist frustriert. In allen Umfragen beklagen die Deutschen, dass die soziale Gerechtigkeit abnimmt. Dieser Pessimismus ist berechtigt: Die Reichen werden reicher, während die Zahl der Armen steigt - und die Mittelschicht verliert nicht nur in der Krise, sondern selbst im Boom. ...

Die Mittelschicht ahnt bereits, dass die Kosten der Finanzkrise an ihr hängen bleiben sollen. Trotzdem wendet sie sich weiterhin gegen die Unterschicht und nicht etwa gegen die Eliten. So sagen fast 65 Prozent aller Menschen, die sich selbst von der Wirtschaftskrise betroffen fühlen: "In Deutschland müssen zu viele schwache Gruppen mitversorgt werden." Wieder gerät völlig aus dem Blick, dass vor allem die Vermögenden davon profitiert haben, dass der Staat mit Milliardensummen Banken und Wirtschaft gerettet hat.

Die Mittelschicht wird so lange für die Reichen zahlen, wie sie sich selbst zu den Reichen zählt.

Die Kommentatorin, Ulrike Herrmann, schätze ich schon lange, weil sie weiß, worüber sie schreibt.
Dass die Vermögenden schon vor der Krise die Profiteure des damaligen kleinen Aufschwunges waren, kann mit Zahlen belegt werden, was die OZ natürlich nicht tut, was wiederum mit dem Selbstbetrug zusammenhängt:

Vermögensverteilung: Die Reichen schneiden sich ein immer größeres Stück aus einem stagnierenden Kuchen

Der deutsche Vermögenskuchen ist in den fünf Jahren bis 2007 nur noch um 2 % pro Jahr gewachsen. Dennoch haben die Reichen ein immer größeres Kuchenteil für sich herausgeschnitten. Der Anteil des obersten Zehntels stieg in diesem Zeitraum noch einmal von 57,9 % auf 61,1 %. Dabei hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Privathaushalten lebende Menschen ab 17 Jahren erfaßt.

Das oberste 1 % kommt bereits auf 23 % aller Netto-Vermögen bei Vermögen ab 817.200 Euro. Beim obersten Zehntel sind es noch Vermögen ab 222.300 Euro. Dagegen fällt der Wert für die untersten 70 % oder fast drei Viertel der Menschen in Deutschland auf Vermögen von durchschnittlich nur noch 8.600 Euro. Ihr Anteil am Kuchen ging über die fünf Jahre von 10,5 % auf nur noch 9 % zurück. In Eurowerten war das ein Rückgang von 5,7 %, während das oberste eine Prozent 10 % zulegen konnte und das oberste Zehntel 6,6 % ...

Selbst die konservative Bertelsmann-Stiftung beklagte in einer neuen Studie im November 2009, daß die Kluft zwischen niedrigen und mittleren Einkommen in Deutschland immer größer werde. Geringverdiener erzielten Ende der neunziger Jahre noch 64 % des Verdienstes eines Arbeitnehmers mit mittlerem Einkommen, doch erreichten sie 2007 nur noch 53 %. Dieser Rückgang sei im internationalen Vergleich der stärkste von 20 untersuchten OECD-Ländern. ...

1 Kommentar:

  1. Anonym9.4.10

    Mein Grossvater sagte immer:

    Geld regiert die Welt,

    und

    Vornehm geht die Welt zu Grunde.

    Ja, die feinen Leute glauben, sie müssten den Abstand zu den Armen halten und merken gar nicht, dass sie sich selbst schaden.

    Etwas weniger Hochmut und mehr Durchblick würde der Mittelschicht bestimmt gut tun.

    Diese Globalisierung bedeutet nichts weiter als den höchsmöglichen globalen Gewinn und den geringsten Kostenaufwand.

    Da ist für die Mittelschicht nicht mehr allzu viel drin.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Google