29. September 2009

Vom Niedergang des Journalismus

Der Zustand des Journalismus erscheint mir noch viel jämmerlicher, wenn es andere feststellen:

Vom Niedergang eines Berufsstandes

... am Beispiel Afghanistan-Krieg:

Es gab einmal einen Journalisten, der schrieb Kommentare und hieß Rudolf Augstein. ... Er schrieb einfach immer dasselbe: Man dürfe keinen Unrechtsstaat militärisch angreifen, so schlimm der auch sei. Denn sonst müsse man noch 50 andere angreifen, die noch viel schlimmer seien. In seinem letzten Kommentar wenige Tage vor seinem Tod agitierte er erneut gegen den Irakkrieg und lobte Kanzler Schröder für dessen militärische Zurückhaltung. ...

Heute gibt es keinen Journalisten, der Vergleichbares in Sachen Afghanistan sagt. Politiker schon ... Die Journalisten übernehmen die Sprachregelungen der regierenden Parteien. Das ist sehr seltsam. Denn diese Sprachregelungen sind ja schon auf den ersten Blick falsch.

Nehmen wir allein die ersten drei: Ohne die Bundeswehr würden die Taliban dort Terroristen ausbilden. In Wahrheit kontrollieren die Besatzungstruppen nur ein paar Städte, und die Taliban bilden weiter aus, wen und wo sie wollen. ...

Oder: Die Bundeswehr ist für den zivilen Aufbau da. In Wahrheit traut sie sich aus ihren Feldlagern nicht raus und überlässt 90 Prozent des Gebietes sich selbst. ...

Oder: Die Luftschläge schrecken Terroristen ab und sind auch gegen den Opiumanbau gut. In Wahrheit haben die Bomben aus heiterem Himmel dieselbe Wirkung wie in Vietnam: Sie schweißen das Volk zusammen, inklusive Taliban. Und der Opiumanbau hat sich vervielfacht, seitdem wir da sind. ...

Das alles ist bekannt und sonnenklar. Regierende Politiker dürfen das wahrscheinlich nicht sagen. Das ist beschämend genug, aber wenigstens nachvollziehbar. Sie stehen halt unter dem Druck der Amerikaner. Aber warum lügen die Journalisten mit? Wer oder was treibt sie zu schreiben, unsere Armee sichere am Hindukusch unsere Freiheit? Man dürfe die Afghanen nicht im Stich lassen? Man sei nicht kopflos da reingegangen und werde jetzt nicht kopflos rausgehen, und so weiter? Warum schreibt keiner: Doch, wir sind da kopflos reingegangen, und die 90 Prozent, die wir gar nicht erreichen, sind heilfroh, wenn die todbringenden Bomber endlich vom Himmel verschwinden?

Unsere Freiheit haben wir mit der absurden Militärpräsenz nicht verteidigt, sondern fundamental gefährdet. Jeder von uns getötete Muslim hat die Taliban erst stark gemacht. Warum schreiben die Kollegen das nicht? Hat deshalb die mehrheitliche Empörung in der Bevölkerung keine Auswirkung auf die Wahlentscheidung? Gestern haben viele Menschen die Parteien gewählt, deren Kriegslügen sie durchschauen. Das ist vielleicht nicht einmal ihre Schuld. Es ist ein Versagen des deutschen Journalismus, dem zu vertrauen die Menschen in sechs demokratischen Jahrzehnten gelernt haben. ...

Übrigens ist das für mich kein Niedergang, sondern es sind Anzeichen für den Untergang des Journalismus.

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