Lokaljournalismus jetzt und in Zukunft, darüber machen sich manche Leute Gedanken, auch die in der Chefredaktion und in den Lokalredaktionen der OZ?
Wir waren Heimat
Vermutlich gibt es kaum eine Gattung des Journalismus (vielleicht nicht mal irgendwo sonst in der Arbeitswelt), in der Schein und Sein derart weit auseinanderliegen wie im Lokaljournalismus. Auf der einen Seite könnte man meinen, es könne nichts Edleres geben, als für "das Lokale" zu schreiben, wenn man die entsprechenden Lehrbücher, die diversen Aufsätze und natürlich die (Sonntags-)Reden zum Thema hört: Das Lokale sei es, was die Menschen wirklich interessiere; Lokalredaktionen seien das unverzichtbare Rückgrat jeder mittelgroßen Tageszeitung - eine These, die vermutlich jeder Chefredakteur unbesehen unterschreibt. ...
Dabei könnte ja der Lokaljournalismus durchaus mehr sein als das lieblose Aneinanderreihen schlechter Texte. ... Haushaltspläne werden in epischer Breite seziert ... Bürgermeister, Landräte und Abgeordnete dürfen sich nahezu ungehindert ausbreiten und dazwischen immer und immer wieder dröger Termin- und Verlautbarungsjournalismus. Viele Lokalteile schaffen es einfach nicht, irgendetwas halbwegs Sinn- und Gemeinschaftsstiftendes zu produzieren. ...
Es ist natürlich schrecklich einfach, sich hinzustellen und mit dem Finger auf die Lokaljournalisten zu zeigen und ihnen dabei zu sagen, dass sie so ziemlich alles falsch machen. Wahr ist ja schließlich auch, dass es branchenintern kaum Anreize gibt, sich um einen Job im Lokalen zu bemühen. ...
Man darf sich das allerdings nicht so einfach vorstellen, dass ein Lokalredakteur durch eine Art Dauerfeuer irgendwann mürbe gemacht wird. Gefährlicher sind die subtilen Methoden. ...
Man gibt ihm ein Gefühl der Bedeutung, der Zugehörigkeit, man lässt ihn an der Macht schnuppern. Und man kompromittiert ihn: Die Ehefrau braucht noch einen Job? Da war doch im Landratsamt noch was frei. Sie wollen in unserer Gemeinde bauen? Schaun mer mal, ob wir da nicht noch ein nettes Grundstück finden. Wer irgendwann mal Bestandteil einer Gemeinschaft wird, gilt schnell nicht mehr als kritischer Geist oder scharfer Beobachter, sondern als Nestbeschmutzer. ...
Lesenswert für alle, die Artikel in Lokalteilen lesen.
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