Nachdenkenswertes:
Selektiertes Fernsehen
... Immer dann, wenn Günther Jauch oder Jörg Pilawa ihre Kandidaten danach fragen, womit diese ihren Lebensunterhalt verdienen ... , bekommen sie allerlei Antworten zu hören. Kleine Existenzen sind dabei, öfter aber solche, die man mindestens dem Mittelstand zurechnen kann. Was man aber nicht, jedenfalls äußerst selten vernimmt, sie Antworten, die erläutern, dass man derzeit arbeitslos sei.
Arbeitslose Kandidaten finden dort nicht statt. Obwohl mehr als 6 Millionen Menschen Arbeitslosengeld II beziehen, obwohl fast eine weitere Million an Menschen Arbeitslosengeld I erhält, findet sich in den Quizshows dieses Landes nur selten eines dieser scheinbar raren Exemplare. Stattdessen tummelt sich das arbeitende Volk, geben sich die Produktiven und Werktätigen die Ehre - freilich auch Studenten, freilich auch gelegentlich Rentner. Aber die sind ja auch nicht untätig, obwohl sie tätig sein könnten. Draußen bleibt nur, man denke an das berühmte Schild am Eingangsbereich des Supermarktes, der Hund, genauer: der "faule Hund", der Arbeitslose. ...
Die Harmlosigkeiten der deutschen Fernsehlandschaft sind Ausgeburt knallharter Selektion. Quotenarbeitslose mag es auch da geben, aber generell findet sich das betuchte und gutbetuchte Bürgertum auf den Sesseln, die das Geld bedeuten - jene die es brauchen könnten, werden dort kaum platziert. Das Fernsehen, so wie wir es in heutiger Form kennen, ist in Demokratie gehüllter - der Zuschauer hat die Wahlfreiheit zwischen Einschalten und Abschalten - Sozialdarwinismus, auf dem öffentlichen Konsens aufbauendes, selektierendes und ausmerzendes Medium. Kein Wunder also, dass Pilawa und Jauch um die Wette lächeln - irgendwie muß man diese Fratze der Selektion ja überspielen.
Der Grund für diese Selektion kann auch die Schamhaftigkeit des ÖR gegenüber der Tatsache "Arbeitslos" sein. Immerhin haben es führende Politiker dem Volk gesagt, was sie selber davon halten. Und wie es die Politiker vormachen, so folgen ihnen die Medien auf dem Fuße, dank der segensreichen Erfindung "Medienbeteiligungen." Selbst in den Amtsstuben und Hinterzimmern spricht man nicht von "Arbeitslos" sondern von "arbeitsuchend" oder eben "Kunde." Ich sehe hierin eher das verzweifelte Bemühen der TV-Macher, das Thema "Arbeitslosigkeit" irgendwie gering zu halten, herunterzuspielen, es so darzustellen, als sei dies kein wirkliches gesellschaftliches Problem. Die TV-Macher, und nicht nur die, leben in einem Märchenland, in dem es keine Arbeitslosigkeit gibt und in dem alles in bester Ordnung erscheint. Und so wird es auch dem Zuschauer klargemacht.
AntwortenLöschenGleiches gilt für das Kernproblem der zunehmenden Massenverarmung, welches als "Präkariat" bezeichnet wird. Alle anderen zählen zum Volk der "Leistungsträger"...
mfg P.S.