30. Juni 2008

Hintergrund: Niedergang der Medien

Wie Medien arbeiten - besser nachplappern oder kopieren, statt Aussagen kritisch zu beurteilen - ist in diesem sehr langen, aber für Leute mit einem großen Interesse am Durchblick in Sachen Medien hochinteressanten, Artikel nachzulesen (Endlich ein Bandwurmsatz!):

Traumberuf Hofberichterstatter

... Auch im Spiel der demokratischen Kräfte sehnt sich die institutionalisierte Politik danach, die Regeln selbst bestimmen zu können. Solch höfische Anwandlungen ziehen bald ihre eigenen Höflinge an: Die Medien spielen bereitwillig mit, hoffend auf den Status fördernden Abglanz im Schein der Macht - und auf privilegierte Insiderinformationen. Ist diese Korrumpierung schon zu weit fortgeschritten, um sie ohne harte Schnitte zu kurieren? ...

Schwerer wiegt eventuell, wenn selbst Deutschlands selbsternannte Hauptnachrichtensendung, die Tagesthemen, an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen zu ihrem Topthema "Irisches Nein zum Lissabon-Vertrag" nicht eine einzige Information dazu unterbringt, worum es in diesem Vertrag eigentlich geht. Das einzig wichtige Tagesthema sind die Befindlichkeiten der Europapolitiker und ihre Meinung dazu, ob nun der Untergang des europäischen Abendlandes bevorsteht. ...

Wenn uns die Politiker nicht sagen, was wir schreiben sollen, können wir den Laden zumachen. ...

Die Medienwelt der letzten Jahre ist davon gekennzeichnet - und keinem ernsthaften Beobachter ist das entgangen -, dass Journalisten Informationen aus direkten, aber parteilichen Quellen beziehen und sie als Nachrichten verkaufen. ...

Haben sich denn noch nicht genug Journalisten bis auf die Knochen blamiert, die die Propaganda derselben Politiker als privilegierte Information betrachten und verkaufen, über die sie (in aller Freiheit!) informieren sollten? Unabhängige Recherche galt einmal als Ehrensache für Journalisten, die etwas auf sich gehalten haben. Wer hält diese Fahne hoch, wenn nicht einmal ein respektloses, gegen den Mainstream gerichtetes Blatt wie die "taz" den nötigen Mut zusammennimmt, die lächerlichen Drohungen aufgeblasener Politiker zu ignorieren? Wenn nicht mal sie sehen, dass sie dort echte Informationen weder zu erwarten noch zu suchen haben? ...

Eine echte Journalistin, Amy Goodman von "Democracy Now!", sah sich nach einem Interview mit dem damals amtierenden Präsidenten Bill Clinton ebenfalls mit hanebüchenen Autorisierungsforderungen konfrontiert, inklusive der Drohung, Zugang zu privilegierten Informationen zu verlieren. Ihre Reaktion: "Ich kenne nur eine Grundregel des Journalismus: Man verschachert seine Prinzipien nicht gegen privilegierte Informationen."

Es wird Zeit, dass sich ein auch hierzulande gefährlich schlafwandelnder Berufsstand wiedererweckt. Sonst droht für die demokratische Gesellschaft vielleicht ein böses Erwachen.

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