2. April 2008

Arbeitsmarkt: OZ verschweigt weiter die ganze Wahrheit

Achja, der Arbeitsmarkt! Glaubte ich der OZ, müsste ich in eine ähnliche Gutlaune verfallen, wie OZ-Redakteure.

So wagt der erfreute OZ-Wirtschaftsweise Schwandt in seinem Kommentar
Erfreulich
zu schreiben:
... Rückblende: Im Dezember 2007 war die Arbeitslosigkeit in MV im Vergleich zum Dezember 2006 ebenfalls stark geschrumpft - um 13,7 Prozent. Und das, obwohl sich viele Jobber nach Saisonende im Tourismus und am Bau wieder arbeitslos melden mussten. ...
Dass die Daten von 2006 mit denen von 2007 nicht vergleichbar sind, weil sich die statistische Erfassung änderte, ficht den Kommentator nicht an. Er könnte hier mehr erfahren.
Was die Bauarbeiter betrifft, wies ich bereits vor einem Monat auf diese Regelung hin:

Das Saisonkurzarbeitergeld
Die Gewährung des Saison-Kug und der ergänzenden Leistungen hat zum Ziel, Arbeitnehmer bei saisonalen Arbeitsausfällen in der Schlechtwetterzeit nicht in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, sondern sie im Betrieb zu halten und damit die Beschäftigungsverhältnisse zu stabilisieren. Das Saison-Kug vermeidet Arbeitslosigkeit bei saisonalen Arbeitsausfällen wie witterungsbedingtem Arbeitsausfall oder wirtschaftlichen Ursachen (Auftragsmangel) für Arbeitnehmer des Baugewerbes.
Mitteilung des IAB

Die Bauarbeiter arbeiten nicht, sind dennoch nicht arbeitslos.

Und dann der Aufmacher auf der Titelseite, eine Jubelorgie:
Job-Frühling an der Küste
" Arbeitslosenzahl in MV sinkt um 16 Prozent "
Quote auf dem niedrigsten Wert seit 1995 "
Tourismus schafft immer mehr Arbeitsplätze
Wer wissen will, wie es wirklich auf dem Arbeitsmarkt aussieht, dem empfehle ich hier nachzulesen:

global news 1066 02-03-08: Schlapper Frühjahrsaufschwung am Arbeitsmarkt

Selten war ein Arbeitsmarktbericht so widersprüchlich. Auf der einen Seite der übliche Triumphalismus. ... Andererseits aber sickert durch die Ritzen der Agentur durch, daß eben doch eine Abschwächung zu erkennen ist, nur daß sie eben im Kleingedruckten gesucht werden muß ...

Das würde einem OZ-Redakteur nicht einmal im Traum einfallen. Gelegenheiten gab es genug.

Oder hier:

Was zur Statistik noch dazu gehört:
  • Im Monat März befanden sich 1,51 Millionen Personen in einer von Bund oder Bundesagentur für Arbeit in geförderten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
  • Im März begannen 360.200 Personen eine neue Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Seit Jahresbeginn sind 921.000 Personen, 0,5 Prozent weniger als im Vorjahr, in eine Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingetreten. Werden auch Einmalleistungen (wie z.B. Vermittlungsgutscheine und Mobilitätshilfen) hinzugezählt, haben 584.500 Personen im März und 1.608.000 Personen seit Jahresbeginn eine Förderung erhalten, 1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. ...
Da in der Pressestelle der Agentur für Arbeit Stralsund heute niemand auskunftsfähig ist, in Bayern undenkbar, kann ich erst morgen über Zahlenspielereien schreiben. Mir fehlt die Bestätigung aus Stralsund.

Was mich jedoch ganz besonders bedrückt ist die fehlende Zusammenarbeit der Redakteure, denn die OZ berichtete auch über die Finanzkrise, die sich zu einer Wirtschaftskrise ausweiten wird, die wiederum auch Deutschland erfassen und Arbeitsplätze kosten wird:
"Die schlimmste Krise seit 1945"
Ich sehe schon jetzt vor einem geistigen Auge die Schlagzeilen:
"Deutschland muss Gürtel enger schnallen"
"Deutsche Wirtschaft stöhnt unter hohen Löhnen"
"Arbeitsmarktreform wichtig wie nie"

Nachtrag 17.50 Uhr:

Gedanken zur Zeit 783 02-04-08: Die Arbeitsmarktlügen mit den immer kürzeren Beinen

... daß es eben doch zu einer Abschwächung der Arbeitsmarktentwicklung gekommen ist (trotzt aller statistischen Manipulationen in die Gegenrichtung), nur daß sie eben im Kleingedruckten der Bundesagentur versteckt wird:

Und was sollen wir davon halten? Nur noch 56,5 % der Arbeitslosgengeldempfänger werden als arbeitslos registriert werden (siehe Abbildung); vor einem Jahr wurden noch 62,9 %.

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