3. März 2008

Kommunistischer Gustloff-Verräter - eine Erfindung

Noch ein Nachtrag zum Gustloff-Propagandafilm:

Work in Progress

Für die Großproduktion wurde die Rolle eines "Verräters" erfunden, der als Funker Sabotage begeht und die 9.000 Passagiere dem Tod ausliefert - im Auftrag "von kommunistischen Emigranten". Wie der ZDF-Fachberater vermutet, hat das "Nationalkomitee Freies Deutschland" das Massensterben verursacht. ...
Zweifelhafter Höhepunkt des Filmdramas ist die Versenkung der "Gustloff" durch ein russisches U-Boot und damit das Ende der 9.000 TV-Helden. Ihren Tod verursacht zwar der militärische Feind, der eigentlich Schuldige aber ist der "Gustloff"-Funker. Über ihn sagt der TV-Darsteller: "Ich spiele den Verräter, den Mann, der den Russen die Koordinaten durchgibt". Zwar habe es "(d)iese Figur (...) nicht gegeben", doch sei ihre Erfindung notwendig gewesen, "damit keine politisch-dramaturgische Schieflage entsteht". ...

Die Botschaft der staatsnahen TV-Ausstrahlung wird in der deutschen Presse vorab erläutert. Es handele sich um eine "Anklage gegen das Nationalkomitee Freies Deutschland" (NKFD), eine antifaschistische Organisation des alliierten Widerstands, schreibt der "Tagesspiegel".
...
Zwar konnten "Generationen von Historikern (...) dafür noch keinen schlüssigen Beweis" entdecken, aber man "forsche noch in russischen Archiven". Es handele sich um "work in progress", sagt der ZDF-Chefhistoriker und will "mal sehen, was dabei herauskommt".

Warnung

Welches Ende Wehrkraftzersetzern vom Schlage des NKFD gebührt, macht das ZDF am kommenden Wochenende auch ohne Wahrheitsbeweis deutlich: NKFD-"Funker Koch, längst enttarnt vom wackeren Kapitän (...), jagt sich eine Kugel in den Kopf." In der Propagandafigur des deutschen Verräters ersteht der innere Feind an der Heimatfront von Neuem: Mit slawischen Heeren im Osten im Bunde und kommunistisch verblendet, stößt seine Untat Deutschland in den Abgrund - eine aktuelle Warnung. "Es ist interessant und berührend, (...) dass dieses schreckliche Ereignis deutscher Geschichte auch heute - nach über 60 Jahren - lange noch nicht bewältigt ist." ...

Die OZ hat nun auch gemerkt, dass der von ihr massiv angepriesene Film nicht die Erwartungen erfüllt:
... Er zeigte neben eindrucksvollen Momenten auch die Probleme einer medialen Bebilderung von Realgeschichte mit den Zutaten einer ziemlich kitschigen Abenteuer-, Liebes- und Familiengeschichte. Vor allem dann, wenn sich der Blick auf das Kriegsende beschränkt und das Grauen, das seit 1939 von Deutschland aus in die Welt getragen wurde, nur in jenem Stadium zu sehen ist, in dem es ins Land seiner Urheber zurückkehrt. ...

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