29. November 2007

Abschreiber vergleicht Äpfel mit Birnen

Die OZ verkündete heute auf der Titelseite im Brustton der Überzeugung:
Deutsche Grundschüler wieder besser
... Bei der zweiten internationalen IGLU-Grundschulstudie 2006 belegen sie Rang 11 unter 35 Nationen und 10 Regionen. Damit landeten die deutschen Viertklässler auf dem gleichen Platz wie beim ersten Test 2001. Doch Verbesserungen gibt es sowohl bei der Leseleistung insgesamt wie auch bei der Förderung von Risikoschülern und Migrantenkindern. ...
Ob die jetzigen Grundschüler besser sind als ihre Vorgänger oder nicht, ist aus dieser Studie nicht zu erkennen, weil sie mit der von 2001 nicht vergleichbar ist. Warum schreibt die OZ dann von Verbesserungen? Es passt zum Konzept der Schönschreibübungen, ist aber möglicherweise falsch.

Hier wurde besser informiert:

... Und auch bei der Pisa-Untersuchung könne man nicht ohne weiteres von Leistungsverbesserungen ausgehen. Die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Tests von 2006 und 2003 seien in keiner Weise vergleichbar, weil sich inzwischen das gesamte Aufgabenspektrum verändert habe. Demmer:"Man muss sich hüten, hier Äpfel mit Birnen zu vergleichen." ...

So viel zur journalistischen Verantwortung!

Wer den PISA-Quark tiefer ergründen will, kann hier nachlesen:


... PISA hat Hunderte, wenn nicht Tausende sekundärer Arbeiten ausgelöst, die den skalierten Datensatz (Kompetenzwerte und Hintergrundvariable) unter verschiedensten Aspekten näher auswerten. Viele dieser Arbeiten sind in begutachteten wissenschaftlichen Fachzeitschriften erschienen. Paradoxerweise hat PISA selbst keine solche Qualitätskontrolle hinter sich: PISA ist Auftragsforschung, von Regierungen finanziert und von profitorientierten Instituten durchgeführt, und die Ergebnisse werden im Eigenverlag der OECD ohne vorherige externe Begutachtung veröffentlicht. Eine Primärveröffentlichung in Fachzeitschriften wäre auch gar nicht möglich, denn die Mehrheit der Testaufgaben (in der Sprache der Psychologie: der "Instrumente") wird geheim gehalten, was einen offenkundigen Verstoß gegen wissenschaftliche Standards darstellt. ...

Alles klar? Es bedeutet nichts anderes, als dass die Ergebnisse der Studien angezweifelt werden können. Schrieb die OZ jemals darüber? So viel nochmals zur journalistischen Verantwortung. Morgen wird die OZ voraussichtlich wieder die Arbeitslosenzahlen verkünden und mit denen der Vorjahre vergleichen, Zahlen, die nicht vergleichbar sind, wie ich schon mehrfach schrieb.

Ich frage die Leser: Welchen Wert haben Nachrichten, deren Gehalt angezweifelt werden kann, aber nicht entsprechend gekennzeichnet werden? Warum zahlen Leser dafür?

Wie mit den Online-Lesern umgegangen wird und was Überschriften wert sind, zeigt dieses Lokalsport-Beispiel:

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