22. März 2006

Halbberichterstattung aus der ganzen OZ-Welt

Deutsche sind Pessimismus-Weltmeister,
war auf der OZ-Titelseite zu lesen. Doch eine Untersuchung, die das nachweist, gibt es nicht. Natürlich könnte geprüft werden, wie groß die Welt der OZ ist. Eine Antwort gibt die Zeitung im Text. Die OZ-Welt besteht aus sechs Ländern:
Die Bundesbürger sind laut dem Meinungsforschungsinstitut Emnid mit ihren Zukunftserwartungen die „Pessimismus-Spitzenreiter“ im internationalen Vergleich. Vor allem die älteren Deutschen schätzten ihre soziale Absicherung, die künftige wirtschaftliche Situation und die Gesundheitsversorgung „negativ und deutlich unzureichend“ ein. Dies ist das Ergebnis der Emnid-Studie „Angst vor Altersarmut – Deutschlands Sozialsysteme vor dem Aus?“, die gestern in Berlin veröffentlicht wurde. In die Umfrage einbezogen wurden auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen. (Hier haben wir
sie, die ganze OZ-Welt)
Die heute über 50-jährigen Deutschen erwarten für ihren Lebensabend massive Verschlechterungen, sagte Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner. Sehr skeptisch werde die künftige soziale Lage beurteilt. „Besonders schlecht“ sehen die Befragten die künftige Gesundheitsversorgung, ebenso die staatliche Absicherung im Pflegefall. Schöppner warb für einen Mentalitätswechsel: Ältere müssten länger im Erwerbsleben gehalten werden, um sich nicht länger als „Ballast“ zu empfinden.

Warum erwarten die über 50-Jährigen massive Verschlechterungen? Unter anderem liegt das an Meldungen wie die der OZ. Denn nicht berichtet wird, dass in der Studie nachzulesen ist, wie zufrieden die über 50-Jährigen heute sind. Hier eine kleine Auswahl:
Die Zufriedenheit mit dem Leben im Alter hängt von verschiedenen Faktoren ab: u.a. finanzielle Situation, Sozialkontakte, medizinische Versorgung und Vorsorgeleistungen des Staates. Die Über-50-Jährigen schätzen die meisten dieser Faktoren derzeit überwiegend positiv ein.
Auch die Vorsorge im Pflegefall wird aktuell überdurchschnittlich bewertet. Sogar 60 Prozent der Befragten sind damit zufrieden.
Aktuell geht es den älteren Deutschen so gut wie keiner Altengeneration in Deutschland zuvor. Auch im europaweiten
Vergleich liegt Deutschland auf Platz 1.

Bezüglich wirtschaftlicher Lage und Wohnbedingungen liegt Deutschland auf Platz 1.
Den Ergebnissen zufolge wird Deutschland heute nach wie vor von den Bürgern als Sozialstaat wahrgenommen.
Die OZ berichtet auch nicht, dass Meinhard Miegel, Leiter des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn, zu den Ergebnissen der Studie u.a. äußerte:
Die Deutschen neigen zu Übertreibungen - im Guten wie im Schlechten. Ganz so düster, wie sich das viele vorstellen, wird die Zukunft nicht sein.
Miegel vertritt seit 25 Jahren die Auffassung, dass die Sozialsysteme weitgehend privatisiert werden sollen.

Daten, die belegen, dass sich Ältere als „Ballast“ empfinden, wie der Emnid-Chef behauptete, habe ich in der Zusammenfassung der Studie (Es gibt sie nicht im Interet.) nicht gefunden, wohl aber dies:
Für ihre Gesundheit tun die älteren Deutschen viel. Ihr Fitnessprofil ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut. - Keine andere der großen Nationen Europas treibt im Alter so viel und so regelmäßig Sport wie die Deutschen. - Auch bei dem Thema „Offenheit für Neues“ liegen die Deutschen im internationalen Vergleich ganz vorn.
Noch ein Hinweis: Pro Land wurden zwischen 421 und 506 Personen telefonisch befragt. Ob das repräsentativ für Abermillionen Menschen sein kann, müssen Statistiker beurteilen. Dazu empfehle ich:
Statistiker Gerd Bosbach über unseriöse Prognosen, Zahlenspiele und
Wirtschaftswachstum in einem alternden Land
Das Interview beginnt so:

Wir beklagen uns über eine Million Neurentner in fünf Jahren, halten das für unfinanzierbar. Gleichzeitig leisten wir uns fünf Millionen Arbeitslose. Wenn nur die Hälfte davon produktiv tätig wäre, ginge es allen besser. Gleichzeitig klagen wir über zu wenig junge Leute.
Aber für die vorhandenen gibt es nicht genug Ausbildungsplätze, zu wenig Studienplätze und auch nicht genug Arbeit. Da stimmt doch die Logik nicht. Lasst uns erst mal alle Jugendlichen gut ausbilden und arbeiten. Dann können wir sehen, ob die Rentner ein zusätzliches Problem bedeuten!

Auch zu empfehlen ist dieser Text aus der Frankfurter Rundschau online:

Dumme Rentendebatte
VON HEINER FLASSBECK

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