13. Januar 2006

Wogegen wirklich geklagt wird

Manuela Pfohl berichtete auf der Titelseite:
Hunderte Klagen gegen Hartz IV
Stimmt nicht! Sie klagen nicht gegen das Gesetz, sondern dagegen, dass ihnen nicht zugebilligt wird, was ihnen nach dem Gesetz zusteht.
... Nach Angaben des Sprechers des Landessozialgerichtes Neubrandenburg, Axel Wagner, gingen im vergangenen Jahr insgesamt 1845 Klagen, die Hartz IV betreffen, bei den vier Sozialgerichten des Landes ein. Dazu kamen etwa 300 Anträge auf Eilentscheidungen. Rund 1300 Hartz IV-Verfahren seien an den Sozialgerichten derzeit noch anhängig. ...
Das heißt, noch nicht einmal ein Drittel aller Klagen wurde entschieden? Solange keine richterliche Entscheidungen getroffen wurden, müssen hunderte Menschen mit noch weniger Geld auskommen, als ihnen zusteht? Das ist ein Skandal, der im übertragenen Sinne unter den Redaktionstisch fiel.
„Mittlerweile gehören diese Klagen damit zu unserer wesentlichen Beschäftigung“, sagte Wagner. Besonders klagefreudig seien Betroffene im Bereich Schwerin. Sehr zurückhaltend mit dem Gang zum Gericht seien hingegen die Neubrandenburger und die Bewohner der südöstlichen Landkreise. ...

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Antragsteller freudvoll klagen. Ich kann mir aber vorstellen, dass in manchen Regionen Beratungsstellen vorhanden und gut bekannt sind und erfolgreich arbeiten. Andererseits ist es auch möglich, dass Antragsteller mit dem zufrieden sind, was sie erhalten und gar nicht erkennen, dass ihnen mehr zusteht.
Möglich ist auch, dass in manchen Arbeitsgemeinschaften schlecht gearbeitet wird, die Leitungen jedoch uneinsichtig sind und deshalb mehr geklagt wird als anderswo.
Das sind doch Themen für die Lokalredaktionen!
... „Bei uns sind die Klagegründe sehr individuell. Da geht es meist darum, ob die Höhe der bewilligten Leistungen stimmt, ob Anrechnungen korrekt sind oder um den Streit, ob es sich bei einer Bedarfsgemeinschaft tatsächlich um eine solche handelt“, meint der Neubrandenburger Richter. ...
Die Klagen richten sich also nicht gegen das sogenannte Hartz-4-Gesetz. Die Gerichte sollen herausfinden, ob die Behördenmitarbeiter schlecht gearbeitet haben und so Leistungen zurückhielten. Das wäre Leistungsmissbrauch. Wie wird der geahndet?
Laut Landesarbeitslosenverband MV suchten bis November 2005 rund 76 500 Betroffene die Beratungsstellen auf, um sich Rat zu holen. ...
So viele Menschen misstrauten den Behörden, viele von ihnen zu Recht, wie die Zahlen belegen.

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