16. Dezember 2005

Hier gibt es Anregungen für Berichte und Kommentare

Die Mantelredaktion der OZ zitierte die Presseagentur dpa:

Nur SPD verteidigte gestern bei Aussprache im Bundestag den Pipeline-Job des Ex-Kanzlers. Schröder kassiert angeblich 1,5 Millionen Euro pro Jahr. ... Müntefering nannte die Aussprache eine „Juxveranstaltung unter Niveau“.

Natürlich war es eine Juxveranstaltung. Doch wo bleibt der Hintergrundbericht zu der Schröder-Geschichte, damit die Leser den Jux verstehen? Stattdessen erfahren die Leser:

„Für uns ist das ein sehr starker, aussichtsreicher Schritt, einen derart angesehenen und weltweit bekannten Politiker als Vorsitzenden des Aufsichtsrates zu gewinnen“, sagte der Vorsitzende des Energieausschusses der Duma, Waleri Jasew, gestern in Moskau der Agentur Itar-Tass.
Ist das wichtig?

Warum kann dies nicht in der OZ stehen?

"Doch noch ein Wort zu GS"
"Unter der Führung von Gerhard Schröder hat sich die Bundesrepublik als fähig erwiesen, eine unabhängige Außenpolitik zu führen, die auf den besten Traditionen des europäischen Humanismus und auf den nationalen Interessen beruht."
Das schrieb, im SPD-Parteiblatt "Vorwärts" am 1.12., der Mann, der seinem Freund Gerd den Job im gemeinsam betriebenen Geschäftsprojekt verschafft hat.

Oder dies:

"Geht nicht geht nicht"
Gerhard Schröder geht nicht zu Gazprom. Dies meldete der "Stern" - am 11. Oktober.
"Haltlose Spekulation" sei das, erklärte damals Regierungssprecher Bela Anda, "üble Gerüchte" nannte der damalige SPD-Generalsekretär Benneter Meldungen über den geplanten Coup des scheidenden Bundeskanzlers.
Sie wiesen damit den wahrheitsgemäßen Bericht einer jener Zeitungen zurück, von denen sich unser ehrenwerter Altkanzler zu dieser Zeit kampagnenartig verfolgt fühlte.
Fallen irgendjemandem zu Dementi-Schröder noch irgendwelche Worte ein? Mir fehlen sie.

Oder dies aus dem kosmoblog:

Was lernt man daraus? Offenbar ist die kalte Gier, die die SPD im Wahlkampf geißelte (um sich als Hüter einer nationalen Wärmestube zu empfehlen), nicht auf Investoren beschränkt. Auch Politiker entwickeln gelegentlich ein gewisses Interesse an materiellem Wohlstand.

Interessantes berichteten die Nürnberger Nachrichten bereits am 14. Dezember. Hier ein Auszug, denn einen Link kann ich Ihnen nicht bieten, weil alte Artikel im NN-Archiv verschwinden:

Gewinn bringend die Seiten wechseln
Vor Schröder haben schon viele Politiker lukrative Aufsichtsrats-Posten übernommen
Vielleicht beim jüngsten spektakulären Fall: Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) geht in den Vorstand der Deutschen Bahn AG — nachdem er den Koalitionsvertrag in der Arbeitsgruppe Verkehr ausgehandelt und dabei wohl die Interessen seines künftigen Arbeitgebers nicht aus dem Auge verloren hatte. ...Die Liberalen selbst freilich haben ehemalige Wirtschaftsminister in ihren Reihen, die nach dem Ausscheiden sehr weich landeten. Der wohl bekannteste ist Martin Bangemann, der aus Bonn nach Brüssel wechselte, dort als EU-Industriekommissar auch mit dem Bereich Telekommunikation befasst war - um sich dann dem spanischen Konzern Telefonica zu verdingen. Das war (wie berichtet) Auslöser für einen Ehrenkodex auf EU-Ebene. ...
Ein weiterer Wirtschaftsminister, der parteilose Werner Müller, wurde Vorstandschef beim Kohle- und Gaskonzern Ruhrgas AG (RAG), nachdem er als Ressortchef der Regierung Schröder die Kohlesubvention verlängert und den umstrittenen Einstieg des Energieunternehmens E.on bei RAG genehmigt hatte.
Schließlich noch Müllers sozialdemokratischer Nachfolger Wolfgang Clement. Er sitzt künftig im Aufsichtsrat der Dussmann Verwaltungs AG. Dort werden nach Ansicht von Kritikern viele Arbeiten durch jene Mini-Jobs erledigt, die Clement während seiner Ministertätigkeit forciert habe. ...
Fast schon vergessen ist die frühere Staatssekretärin im Jugend- und im Forschungsministerium, Cornelia Yzer. Doch ihr Wirken außerhalb von Parlament und Regierung bekommt heute noch jeder Kassenpatient zu spüren. Die Christdemokratin wechselte 1997 aus dem Bundestag ins Amt der Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), dessen 44 Mitgliedsfirmen zwei Drittel des deutschen Pharmamarkts beherrschen. Yzer wurde treibende Kraft der mächtigen Pharma-Lobby. Sie war wohl maßgeblich daran beteiligt, dass die rot-grüne Bundesregierung sich mit einem einmaligen Beitrag von 200 000 Euro von der Pharmabranche abspeisen ließ und die Einsparungen im Gesundheitswesen hauptsächlich den Patienten aufbürdete.
Da wäre auch noch Schröders CDU-Vorgänger Helmut Kohl. Er hatte den Film-Mogul Leo Kirch beraten. Offenbar nicht sehr erfolgreich, denn dessen Imperium ging pleite, aber für Kohl sehr lukrativ: 600 000 Euro soll er kassiert haben. Der Altkanzler sitzt außerdem im Aufsichtsrat des Finanzkonzerns AMB Generali. Der wiederum ist an der Deutschen Vermögensberatung AG beteiligt, deren Tochter Barmenia wegen des angeblichen Verkaufs von Schrott-Immobilien ins Gerede gekommen ist.
Nicht vergessen werden sollen jene Abgeordneten von Union, SPD und FDP, die gar nicht erst aufs Ausscheiden warteten, um ihre Kenntnisse versilbern zu können. Stellvertretend sei Ex-CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer genannt, der nebenher ohne Gegenleistung vom Energiekonzern RWE 250 000 Mark bekam und zurücktreten musste.
HERBERT FUEHR


Usw.

Haben die Mantelredakteure jetzt so viel mit dem Kampf um den freien Sessel und entsprechendem Nachrücken zu tun, dass so wenig Zeit für den Journalismus bleibt, denn
Chefredakteur verlässt die OSTSEE-ZEITUNG ?

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