29. November 2011

Krämerselige Spekulation um Weihnachtsgeschäft

Dieser Unsinn war für die Leser gerade gut genug:
Gutes Weihnachtsgeschäft erwartet
Das ist alle Jahre so und trifft alle Jahre wieder in M-V nicht ein.
Pünktlich zu Weihnachten sind Deutschlands Verbraucher in bester Kauflaune, teilte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK/Nürnberg) gestern mit.
Die OZ als Hort von Krämerseelen unterlässt nichts, Sie zum Kaufen zu animieren.
Der Wert des monatlich von der GfK ermittelten Konsumklimaindex für November wurde von 5,3 auf 5,4 Punkte nach oben revidiert. ...
Hätte nur noch zu stehen brauchen: um schwindelerregende 0,1 Punkte.
Im Durchschnitt wollen die Deutschen 241 Euro für Geschenke ausgeben, nur 4 Euro weniger als 2010 Jahr. Insgesamt könne der Handel mit Umsätzen von 13,7 Milliarden Euro rechnen. 2010 waren es 14 Milliarden Euro. ...
Wenn die Voraussage einträfe, würde weniger verkauft werden als im Vorweihnachtsgeschäft 2010. Und das soll ein gutes Geschäft sein, ein Zeichen bester Kauflaune? Da scheint jemand gar nichts mehr mitzubekommen.
Wie mäßig die sog. Weihnachtsgeschäfte in M-V 2010 und 2009 liefen, können Sie an den Diagrammen ablesen (rote Hilfslinien von mir):


Die Messzahl 100 gibt den Jahresdurchschnitt 2005 an. Das heißt, der Umsatz im Dezember 2009 und 2010 lag etwa zehn Prozent über dem Jahresdurchschnitt 2005, also lächerlich wenig höher. Das soll in diesem Jahr unterboten werden - ein gutes Geschäft wegen pünktlich bester Kauflaune.

Dieser Schwachsinn wurde verbreitet, obwohl in derselben Ausgabe zu lesen war:
... Fast die Hälfte (46,1 Prozent) der Steuerpflichtigen verdient weniger als 15 000 Euro im Jahr. Diese Gruppe erzielte nur 12,4 Prozent der Einkünfte  ...
Dieses entscheidende Thema tut die OZ mit einer Kurzmeldung ab. Warum das Gequake von der hohen Anschaffungsneigung Blödisnn ist, habe ich bis zum Erbrechen dargelegt. Dennoch dieses Diagramm, das die Gründe für den kaum steigenden Konsum in ganz D. sehr einfach darstellt:
Über den ganzen Zeitraum seit dem Jahr 2000 sind die Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer verbraucherpreisbereinigt um 4,0 % gesunken, während die Unternehmens- und Vermögenseinkommen bereinigt um den BIP-Inflator um 31,8 % expandiert sind.
Was mich wundert: Da schrieb ein Leser an die OZ, weil jemand in der Redaktion unfähig war, eine Blaumeise von einer Kohlmeise zu unterscheiden (Danke für den Hinweis!). Doch die allmonatliche Leserverblödung mit der Kauflaune bezahlen 130000 Abonnenten anstandslos.

1 Kommentar:

  1. Genial :)

    Ich dachte mir beim lesen auf tagesschau.de das gleiche. wie kann man sagen, dass das Weihnachtsgeschäft "gut" läuft, wenn die leute im durchschnitt 4 euro weniger als im jahr zuvor, ausgeben wollen

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