9. Januar 2011

Uralt, Schönschrift, Kaffeesatz - Marke OZ

Die Tageszeitung OZ berichtete in der Titelgeschichte:
Hansestädte wachsen wieder: Wirtschaft und Unis locken
In Rostock und Greifswald legen die Bevölkerungszahlen bis 2030 wieder zu, in Stralsund und Wismar bleiben sie mindestens stabil. ...
Mindestens ein Leser fragte sich (Danke dafür!), was daran neu und verlässlich ist und fand heraus:

Bin auf die Quelle der brandneuen Erkenntnis auf Seite 1 der OZ (Mantel Rostock/Greifswald) gestoßen.
Auf Seite 16 des Dokumentes aus dem Jahre 2008!!! ( letzte Änderung 20.10.2009, 11:02:07) finde ich die Zahlen, die dem "Standardleser" als große Neuigkeit angeboten werden.

In einem mitgelieferten Kommentar wird wenigstens auf die bisher widersprüchlichen Prognosen hingewiesen, ohne sich mit der Praxis der Prognoseninflation auseinander zu setzen 
„... Selbst in einem Abwanderungsland wie MV steigt die Einwohnerzahl in den kreisfreien Städten entgegen vieler Prognosen wieder. Vor allem die Hansestädte leben auf. ...“

Nunja, ob der Trend in 20 Jahren wie vorhergesagt bestätigt sein wird, muss sich in 20 Jahren zeigen. Ich halte von den Voraussagen nichts. Dem Leser erging es ebenso. Er fand eine Kaffeesatzleserei Prognose, die die Bertelsmann-Stiftung über die Entwicklung Greifswalds veröffentlicht hatte und die zu völlig anderen Ergebnissen gelangte. Eine ISEK-Studie zu Greifswald, von der Stadtverwaltung veröffentlicht, erbrachte wieder andere Ergebnisse. Darin heißt es:

... In der Öffentlichkeit machten dazu in den letzten zwei Jahren eine Vielzahl von Prognosen namhafter Einrichtungen auf sich aufmerksam, die in ihren Aussagen für die Stadt nicht gegensätzlicher sein können. Die Ergebnisse für Greifswald schwanken für das Jahr 2025 zwischen der sehr negativen Aussage von 38 800 Einwohnern (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung / BBR), über 47 759 prognostizierte Einwohner durch die Bertelsmann Stiftung in ihrem ‚Wegweiser Kommune’ bis zu 54 979 Einwohnern, die vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels genannt werden. Dem gegenüber steht die sehr positive Berechnung der Landesregierung M-V in der Regionalisierung der 4. Landesprognose mit dem optimistischen Wert 57 936 für das Jahr 2025. ...

So, nun können Sie ermessen, welchen Informationsgehalt der Käse hat, den die OZ Ihnen als Titelgeschichte verkaufte.

Wenn schon Kaffeesatzleserei, dann aber auch komplett. Das Rostocker Zentrum sagte voraus, dass im Jahr 2025 noch 1525038 Menschen in M-V gemeldet sein werden (Bemerkenswert: auf eine Persoan genau vorausgesagt.) und danach immer weniger. Ende Juli 2010 waren es 1645600 Einwohner, macht eine Differenz von etwa 120000 Personen. Wie die Zukunft einiger Dörfer im Land aussieht, können Sie in Spiegelsdorf bei Greifswald anschauen, wenn Sie es denn noch finden. Hier eine Ansicht aus 550 Metern Höhe:

In einem Straßennamen in Greifswald-Schönwalde I ist das Dorf in Erinnerung geblieben - und natürlich weiterhin als Ortsteil der Gemeinde Neu Boltenhagen.

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