Händler freuen sich aufs Adventsgeschäft
Am Wochenende wird es voll in den Innenstädten. Zehntausende Kunden werden in den Läden und auf den Weihnachtsmärkten erwartet.Was die OZ alles weiß und für die Weitergabe dieses Wissens Geld verlangt, ist, neben geballter Spekulation - Reklame.
Krämer freuen sich alle Jahre wieder aufs Weihnachtsgeschäft. Das ist keine Nachricht, sondern so, als würde in der OZ stehen, dass am 1. Januar ein neues Jahr beginnt. (Wobei auch damit zu rechnen ist.)
Dass an den Wochenenden vor Weihnachten in vielen Innenstädten viele Menschen anzutreffen sind, ist ebenso keine Nachricht, zumal sie erwartet werden, also noch nicht dort waren.
In diesem Reklame-Langweiler wird der Vorspann gleich im ersten Satz für die begriffsstutzigen Leser wiederholt. (Welch ein Bild mögen die Redakteure von den Lesern haben, wenn sie überhaupt eines haben?):
Jetzt wird‘s rappelvoll in den Geschäften: Das erste Adventswochenende wird Kunden aus dem ganzen Land in die Innenstädte entlang der Küste ziehen.Ob es rappelvoll wird, ist nicht ausgemacht, auch wenn die OZ den Eindruck vermitteln will, denn im letzten Teil des Langweilers steht:
„Das ganz große Weihnachtsgeschäft ist am Sonntag noch nicht zu erwarten“, sagt Kopp. Den größten Ansturm auf Läden und Kaufhäuser werde es erst an den letzten Sonnabenden vor Weihnachten geben.Dann darf weiter spekuliert werden, wobei das selbst geistig Beschränkten leicht fallen dürfte:
Kopp rechnet damit, dass am Sonntag doppelt so viele Kunden wie an einem durchschnittlichen Wochentag in den Einkaufsstraßen unterwegs sein werden.Das Doppelte (sind wie viele?) würden wohl nicht alle spekulieren, wobei das völlig piepe ist.
Noch so eine Neuigkeit, die keine ist (und dennoch auf die Titelseite musste), weil sie in jedem Jahr fast genau zutrifft:
Erfahrungsgemäß werde an diesem Sonntag 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz gemacht als an anderen verkaufsoffenen Sonntagen. ...Und weiter wird spekuliert:
Obwohl die Geschäfte nur fünf Stunden offen sind, würde sich der Tag vom Umsatz her lohnen, sagt Grimmel.Hier noch bildlich ein wenig Lockfutter eingestreut:
Um Kunden zu locken, bietet die Hansestadt am Sonntag kostenlose Parkmöglichkeiten an. ...Und es wird weiter spekuliert:
Etwas niedriger? Den meisten Lesern wird diese Schönschrift nicht auffallen. Was bedeutet für die OZ etwas niedriger? Ein Viertel weniger Ausgaben sind für die OZ etwas niedriger.In Mecklenburg-Vorpommern würden im Schnitt für jeden Erwachsenen 140 Euro für Weihnachtsgeschenke und pro Kind 180 Euro ausgegeben. Damit liegt MV etwas niedriger als der Bundesschnitt mit 200 bzw. 240 Euro.
Stellen Sie sich vor, Sie bekämen nur drei Viertel Ihres Nettolohnes; fänden Sie das auch nur etwas niedriger?
Das erinnert mich an die OZ-Definition von jetzt.
Mit dieser Spekulation (Womit sonst?) schließt dieses Spekulationskonglomerat, das die OZ als kritischen Hochwertbeitrag zur Titelgeschichte machte, das ich als eine Unverschämtheit bezeichne:
Nachdem die Umsätze des Einzelhandels Anfang des Jahres eher schlecht waren, sei bis jetzt gut aufgeholt worden, sagt Kopp. Er zeigt sich mit der Bilanz des laufenden Jahres zufrieden. „Wir hoffen 2010 besser abzuschließen als 2009.“Hoffen ist Mangel an Wissen. Dieses Machwerk ähnelt dieser Schrottgeschichte, die am 23. November im Blatt stand.
Sie können als zahlender Leser darauf bauen, das Ihnen bis Weihnachten noch mehr von dieser Krämerseelenreklame als kritischer Hochwertjournalismus erkauft wird. Viel Spaß mit Ihrem Abo!
Nun zu den Erwartungen: Ich habe keine Ahnung, worauf sie sich gründen. Der Einzelhandelsumsatz in diesem Jahr ist dem des vergangenen sehr ähnlich (Die rote 100 Prozent-Linie ist von mir):
Außerdem setzten die Krämer voraus, das immer weniger Einwohner in M-V immer mehr kaufen. Wie sollte sonst trotz Einwohnerschwundes der Umsatz gesteigert werden. Zu bedenken ist auch, dass seit ein paar Jahren besonders der Umsatz im Lebensmittelbereich rückläufig ist. Für größere Anschaffungen wird also auf Essen und Trinken verzichtet. All die Hoffnungen der Krämer lassen unberücksichtigt, dass seit Jahren die Teuerungsrate in M-V höher ist als die Steigerung der Nettoeinkommen. Also: Womit sollten die Leute mehr einkaufen?
Dazu dieses Diagramm, das die Verhältnisse für ganz D. wiedergibt:
Wenn schon die Krämer Jahr für Jahr vergeblich auf höhere Umsätze hoffen, müssen doch nicht die Leser damit belästigt werden - es sei denn, es geht allein darum, die Leute zum Einkaufen zu bewegen, also nur jene, die solch ein Getümmel auf den Straßen und in den Geschäften brauchen (wozu auch immer) oder ertragen.
Mit dieser Titelgeschichte hat die OZ einen neuen Rekord in Sachen Qualität erreicht, einen Minusrekord, heruntergekommen zu einem Anzeigenblättchen, nur eben nicht kostenlos zu haben. Das finde ich ganz besonders schlimm, mit solch einem Mist den Leuten das Geld aus den Tasche zu ziehen.
Warum wurde z. B. nicht die Warnung über die Unverschämtheit der Süßwarenhersteller an die Leser verkauft? Vielleicht käme einigen Lesern der Gedanke, nicht der erste des Tages, aber einer am Tag, dass die OZ es ähnlich macht wie die Süßwarenhersteller, dass nämlich die Verpackung viel zu teurer ist im Verhältnis zum Wert des Inhaltes.
der Artikel ist wirklich zu sehr aufgebauscht. Obwohl: der Anlass und eigentliche Kern ist aber keine Werbung, sondern Information. Der 1. Adventssonntag ist gleichzeitig der letzte verkaufsoffene Sonntag in diesem Jahr. Aber das versteckt die Volontärin (oder gar schon Redakteuerin, ich hoffe nicht)in einem Satz so nebenbei. Mehr als diesen satz und vielleicht, dass kostenfrei geparkt werden kann, ist die Sache aber auch wirklich nicht wert.
AntwortenLöschenWar vielleicht eine Gefälligkeit für den Citymanager. Schließlich sitzt die Redaktion auch in der Kröpeliner Straße. Also keine Krämerseele - trotz aller Überhöhung des Themas.