6. April 2009

Versprecher

Politikseite:
Atomwaffen: Obama verspricht Abrüstung
Stimmt das? Ich fand keinen Beleg für ein Versprechen. Stattdessen las ich :
US-Präsident Barack Obama hat in Prag für eine atomwaffenfreie Welt geworben. Vollständige Abrüstung werde viel Zeit brauchen, aber sie sei möglich, sagte Obama. "Zusammen können wir das schaffen", rief er gestern unter dem Jubel von über 20 000 Menschen vor der Prager Burg Hradschin. ...
Er hat für eine Welt ohne Atomwaffen geworben, sie nicht versprochen. Wie könnte er das auch? Hat der Schlagzeilenschmied auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht?
Auch wenn es manchem OZ-Redakteur so scheint, Obama ist kein Heiland. Er kann keinen Blinden sehend machen, keinen Toten zum Leben erwecken und auch keinen Atomkrieg verhindern.
Er wird nicht alle Oberbonzen aller Länder, die Atomwaffen haben, davon überzeugen können, alle Atomwaffen abzurüsten.
Sein Versprechen ist also nichts weiter als eine Idee, vor allem kein Versprechen.

Den Kommentar zum Nato-Gipfel schrieb Michael Meyer, der mir unter anderem mit diesem Text und diesem Rührstück unvergesslich bleibt.
Yes, we can - Peace!
Manchmal macht der Mann Angst. Man fragt sich langsam: Wo ist der Haken an Mr. President? Egal, welches politische Feld Barack Obama besetzt, er bietet jene Lösungen an, die sich alle Menschen heimlich wünschen, von denen aber gilt: eigentlich nur was für unrealistische Fantasten mit langen Haaren.
Tatsächlich? Hat er Lösungen angeboten? Welche sind das?
Ob CO2-Reduzierung, Weltfinanzreform, Schließung Guantanamos, Menschenrechte oder Weltfrieden. Nun also: Atomare Abrüstung!
Ich frage mich, was das für ein Redakteur ist, der vor Obamas Verkündigungen, mehr ist es nicht, Angst bekommt.
Zudem frage ich mich, wie denn Weltfrieden mit Atomwaffen möglich wäre, von wegen "nun also".
Man mag das für naiv halten, sollte sich aber eher fragen: War das ein historischer Moment gestern in Prag?
Wer ist man? Ich bins jedenfalls nicht. Ob etwas historisch wird oder nicht, kann nur im Nachhinein beurteilt werden. Deshalb ist allein schon die Frage Blödsinn.
Schon einmal haben das zwei Herren vorgemacht ... Ronald Reagan und Michail Gorbatschow unterschrieben 1987 die INF-Verträge (Intermediate Range Nuclear Forces) zur Abrüstung nuklearer Mittelstreckensysteme.
Jaund? Wurde die Welt dadurch atomwaffenfrei? Herrscht Weltfrieden? Wohl nicht, sonst brauchte Obama nicht zu werben.
Aber man sollte erst mal die Kraft der Vision, die der mächtigste Mann der Welt da freigesetzt hat, betonen.
Wer ist man? Michael Meyer? Hat der das nicht schon überausreichend betont? Das Geschreibe von der Kraft der freigesetzten Vision ist eine allzu schlichte, leere Redensart?
Geht die Weltmacht USA in dieser Frage voran, fällt es der Alten Welt mit Atomsprengkraft in Frankreich und Großbritannien ebenso schwer, stehen zu bleiben, wie Russland.
Ja? Bisher haben sich Frankreich und Großbritannien einen feuchten Kehricht um die Kraft der Vision geschert. Das sollte dem Kommentator zu denken geben.
Der Iran mit seinen Atomplänen wird ebenso bloßgestellt wie Nordkorea. Obamas Auftritt in Prag hat deutlich gemacht, welche Sprache die Bilder aus Pjöngjang mit Raketen-Defiliermarsch und dem Abschuss einer Rakete über das Gebiet Japans vom Vorabend sprechen: Eine völlig veraltete Welt, die niemand mehr will.
Stimmt das, völlig veraltet wie die Welt der Atomwaffen all der anderen Länder?

Es ist bedrückend, dass dem Autor jeglicher kritische Abstand zum Thema fehlt. Da sich viele andere Medienvertreter ähnlich aufführten, hier die andere Seite, sehr interessant:

Mythenbildung statt Aufklärung: Wie der SPIEGEL die G20-Einigung zu einem bedeutenden Schritt hin zur Lösung der Weltprobleme verklärt

Es ist diese kritiklose Weitergabe der Politiker-PR, die beim SPIEGEL immer wieder zu beobachten ist und die das Nachrichtenmagazin so unjournalistisch staatstragend machen. So auch geschehen in dem Artikel "Gipfelstürmer Obama packt Welprobleme an", der gerade auf SPIEGEL Online den Aufmacher bildet ...

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