25. Februar 2009

Die Sache mit dem Rechtsstaat

Auf den ersten Blick ein brauchbarer Kommentar, auf den zweiten Blick 0815:
Exempel
Was Recht ist, muss nicht immer auch richtig sein. Das gilt auch für das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin im Fall der fristlos gekündigten Kassiererin. Man (Wer ist man?) wird den Verdacht nicht los, dass Justitia hier ein Exempel statuieren wollte.
Genau hier wäre der Punkt gewesen, eigene Gedanken niederzuschreiben, Verbindungen zu zeigen, z.B. welche Exempel nicht statuiert wurden bzw. wurden, wie im letzte Satz des Kommentars angedeutet.
Stattdessen:
Für die Kassiererin, die 31 Jahre untadelige Arbeit geleistet hat, kommt der Spruch des Gerichts der Vernichtung ihrer beruflichen Existenz gleich.
Falsch, es ist die Vernichtung.
... Lediglich der entstandene Vertrauensverlust beim Arbeitgeber sei entscheidend. Auch die gewerkschaftlichen Aktivitäten der Arbeitnehmerin hätten keine Rolle gespielt. Hoffentlich!
Dieses "Hoffentlich" zeigt, wie wenig der Autor im Leben steht.
... Das im Vergleich zu anderen Fällen über alle Maßen harte Berliner Urteil mag juristisch sauber sein. Recht und billig muss es deshalb noch lange nicht sein. Das Gericht hat ohne Augenmaß gehandelt, während beispielsweise beim Urteil gegen den Steuerhinterzieher Klaus Zumwinkel alle Augen zugedrückt worden sind.
Nicht nur bei ihm wurde ein Exempel statuiert (Kommt alles halb so schlimm!), das bedürfte hier der Aufklärung: Der Staat ist das Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse.

Hier eine Anmerkung (unter Pkt. 12):

Man muss sich nur einmal diese schreiende Ungerechtigkeit vor Augen halten:
Da wird eine Niedriglöhnerin ihrer beruflichen Existenz beraubt, weil sie einen Pfandbonus von 1,30 Euro (in Worten: ein Euro und 30 Cent) unterschlagen haben soll, und andere, die in krimineller Weise Milliarden veruntreut haben, bekommen dafür noch Millionen an Boni hinterhergeworfen. Kaum einer wurde fristlos entlassen, im Gegenteil, wenn sie überhaupt ihre Posten abgegeben haben, wurden ihnen noch Millionen an Abfindungen gezahlt. Kein Gericht hat sich damit beschäftigt, wie eine große Zahl von Bankern das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber und vor allem zu ihren Kunden zerstört hat. Kaum ein Staatsanwalt hat strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Eine derartige Ungleichbehandlung zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Nachtrag, 26. Februar:
Hierzu können Sie eine ausführliche Betrachtung lesen, sozuschreiben eine Blickpunktseite statt einer gefüllt mir Politikergerschwätz:

„In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten“. Dieser vielzitierte Rechtsgrundsatz gilt zwar für das Strafrecht, im Arbeitsrecht wird er allerdings durch die Möglichkeit einer „Verdachtskündigung“ explizit außer Kraft gesetzt. Nicht der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer beweisen, dass dieser eine Tat begangen hat, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt, sondern der Arbeitnehmer muss seine eigene Unschuld beweisen – was in vielen Fällen kaum möglich ist. Dies allein nötigt dem gesunden Menschenverstand bereits ein hohes Maß an Unverständnis ab.
Wenn eine „Verdachtskündigung“ aufgrund eines nicht nachweisbaren Bagatelldelikts ausgesprochen wird, wandelt sich das Unverständnis in Entsetzen.
Wenn es in einem solchen Falle dann auch noch offensichtlich ist, dass es dem Arbeitgeber keinesfalls um das Bagatelldelikt als solches geht, sondern um die Entfernung einer unliebsamen Mitarbeiterin, die sich nicht alles gefallen ließ, wird aus dem Entsetzen blanke Wut.

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