20. März 2008

Kohlekraftwerk: Adams Propaganda vervielfältigt

Der Greifswalder Lokalchef Amler interviewte den Bundestagsabgeordneten Ulrich Adam (CDU) - nicht gerade ein Kundiger in Umweltfragen - zum Steinkohlekraftwerk Lubmin.
Adam: Region braucht Steinkohlekraftwerk
Was dabei herauskam, hätte ich voraussagen können, weil das Argument Adams für das Kraftwerk bekannt ist: Arbeitsplätze.

Amler wollte oder konnte nichts fragen, was zu tiefer gehenden Erkenntnissen geführt hätte. Dadurch wurde das Interview zu einer langweiligen Propagandaschrift.
Einige Beispiele:
... Sicher ist das Steinkohlekraftwertk umstritten. Ich bin aber überzeugt davon, dass die Gegner nicht in der Mehrheit sind. Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass jene, die am lautesten schreien, jene sind, die gut versorgt in Lubmin einfach nur ihre Ruhe haben wollen. ...
Wäre nicht die Nachfrage angebracht, worauf Adams Überzeugung beruht, die Gegner seien in der Minderheit? Hat Adam zählen lassen?
Wäre es nicht sinnvoll gewesen zu fragen, ob er den Eindruck der schreienden Gutversorgten mit irgendetwas belegen kann?

Könnte es es sein, dass die Gegner in Lubmin nicht so sehr ihre Ruhe, sondern saubere Luft und Wasser, in dem sie baden können, behalten wollen?
Könnte es sein, dass gar nicht so laut geschrien wird, Demonstrationen ausgenommen, sondern sachlich und mit einer Fülle von Zahlen belegt wird, wie stark die Umwelt in Mitleidenschaft gezogen würde?

Könnte es sein, dass außer den Lubminern auch viele Menschen aus ganz Vorpommern, auch aus Mecklenburg, gegen das Verbrennen von jährlich vier Millionen Tonnen Steinkohle sind? Könnte es sein, dass diese Nichtlubminer ebenfalls Betroffene sein würden oder ganz einfach solidarisch (für manche Menschen ein Fremdwort) mit den Leuten im Einzugsbereich der Kraftwerksdreckfahne sind?
Aufgeregt hat mich auch, dass mit Bildern gearbeitet wurde, die einfach nicht stimmen. So ist das geplante Steinkohlekraftwerk von keiner Stelle des Strandes aus einsehbar. ...
Was mich nicht aufregt, noch nicht einmal wundert, ist die Frechheit, mit der Dong energy für das Projekt wirbt, mit Ansichten, auf denen kaum etwas zu erkennen ist (unten), die aber große Gestaltungselenemente (oben) aufweisen.



Ich habe die Proportionen beibehalten.
Das hat nichts mit Aufklärung aber viel mit Verklärung und Verdummung zu tun.

Wir als CDU sind 1990 angetreten, Lubmin als Energie- und Industriestandort zu erhalten.
Nicht gestellte Frage: Wer hat etwas dagegen? Es geht um das Verbrennen von zwei Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr zu keinem anderen Zweck, als den Bodden aufzuheizen und die Umwelt zu verdrecken. Kaum jemand stellte den Industrie- und Energiestandort in Frage (Bsp.: Ja zum Gaskraftwerk).

Es ist nicht nur unprofessionell, solche Fragen zu meiden, sondern erweckt den Eindruck, in Sachen Steinkohlekraftwerk eins zu sein mit Adam und damit dessen Propagandist. So viel ich weiß, hat das noch nicht einmal ein Anzeigenblatt geschafft.
Uns geht es vor allem darum, in Lubmin wieder Arbeitsplätze zu schaffen. ...
Heißt das, es gibt dort keine Arbeitsplätze? Das wäre gelogen, war aber keine Nachfrage wert.

Die OZ berichtete vor wenigen Tagen, dass lediglich 30 Arbeitsplätze regional ausgeschrieben werden. Wie viele Menschen sollen sich darum balgen?
Und das Argument, es würden sich dann weitere Unternehmen ansiedeln, kann doch nicht vom Energieträger abhängen.
Wollte Adam sagen, dass Gaskraftwerke keine weitere Industrie anlocken könnten? Warum wurde er nicht danach gefragt?
Bliebe die Frage: Ist es 30 Arbeitsplätze wert, die Umwelt bis an die Grenzen und mit Sondergenehmigungen darüber hinaus zu belasten?

Die deutsche Umweltgesetzgebung ist eine der besten der Welt. Von daher sind Höchstmaßstäbe von vornherein angelegt. Außerdem habe ich vollstes Vertrauen in die Beamten, die dies im Zusammenhang mit der Antragstellung zu prüfen haben. ...
Das ist ein großer Fehler, dieses grenzenlose Vertrauen. Es ist eine Frechheit, OZ-Lesern so etwas einreden zu wollen (Ruhe ist die erste Bürgerpflicht). Wäre es berechtigt, gäbe es keine Verwaltungsgerichte!

Es war ein StAUN, das genehmigte, eine Reihe 120 Jahre alter Buchen in Heringsdorf zu fällen. Eine von einem Bürger in Auftrag gegebene Baumprüfung ergab, dass einer der beiden verbliebenen Bäume noch 50 Jahre lang alle Stürme überstanden hätte. Es ist ein StAUN, das zu prüfen hat, ob das Werk bei Lubmin die Grenzwerte einhält.

Ich belästige Sie nicht weiter mit dem Interview. Es wären noch viele Fragen zu nennen, die der Interviewer nicht stellte; die oben genannten sollen reichen. Es ist schon schlimm genug, dass sie nicht gestellt wurden.

Zu guter Letzt:
Ich frage mich jedoch weiterhin, warum niemand den Befürwortern die Frage stellt: Ist es nicht sinnvoll, in einer Fremdenverkehrsregion des Gesundheitslandes Nr. eins dafür zu sorgen, dass die Umwelt sauberer wird statt dreckiger?


Vergegenwärtige ich mir die Kraftwerks-Berichterstattung der OZ in den Lokalteilen Greifswald und Usedom-Peene aus den vergangenen Monaten, fällt mir nur die Parallele zur großen Schwester BILD ein.

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