22. Mai 2006

Nicht die ganze Wahrheit

Große Koalition plant Änderungen zu Hartz IV
Angesichts der Kostenexplosion für die Arbeitsmarktreform planen CDU und SPD in Berlin Korrekturen am Gesetzeswerk. Es solle verhindert werden, dass Leistungsbezieher besser dastünden als Arbeitnehmer.
1. Wer kann beweisen, dass die Kosten explodierten?
Explodierende Kosten? Ein Unsinn, denn

explodieren: 1. durch heftigen inneren [Gas]druck plötzlich auseinander getrieben werden, mit Knall [zer]platzen, bersten. 2. einen heftigen Gefühlsausbruch zeigen
Wahrscheinlich war gemeint, dass die Kosten plötzlich stiegen. Wer kann das beweisen? Gibt es nicht Untersuchungen, die belegen, dass die Kosten ebenso hoch wären, wenn es die überflüssigen Hartz-Gesetze nicht gäbe? Berichtete die OZ darüber?
Ist es nicht eher so, dass die Regierungen nicht wussten, wie viele Geringverdiener es in Deutschland gibt, oder wollten sie es nicht wissen?

2. Wenn verhindert werden soll, dass Arbeitnehmer weniger Geld erhalten als Alg 2-Bezieher, sollten die Löhne erhöht werden. Da 345 Euro in Deutschland das Minimum zum Leben sind, kann dort nicht gekürzt werden. Interessant zu berichten wäre dagegen dies gewesen:
Das (Bremer) Verwaltungsgericht äußerte in seiner Urteilsbegründung zwar Verständnis: Es müsse sich aber an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientieren - und das billigt dem Gesetzgeber einen großen Spielraum zu. Das Urteil wurde allerdings mit "großen Bauchschmerzen" gefällt, sagte der Kammervorsitzende. Wenn die auf Zahlen aus dem Jahr 1998 beruhenden Regelsätze nicht bald den aktuellen Gegebenheiten angepasst würden, könne seine Kammer die Leistungen nicht mehr lange für verfassungsgemäß erklären (Az.: S3 K 639/05, S3 K 427/05). (Ich habe es hervorgehoben.)
... „Wer arbeitet, muss mehr haben als wenn er nicht arbeitet“, sagte Merkel am Wochenende bei einer CDU-Regionalkonferenz. „Wo das nicht gewährleistet ist, muss auch Hartz IV geändert werden.“ ...
Auch das zeigt, wie weit die Kanzlerin vom Volk entfernt lebt, ansonsten siehe oben. Ich verweise deshalb noch einmal auf diesen Text.
Diese Informationen habe ich in der OZ vermisst:
Die Union will den Regelsatz für Arbeitslosengeld-II-Empfänger kürzen, weil die Ausgaben für Hartz IV zu hoch sind. Wodurch ist die Arbeitsmarktreform teurer geworden als erwartet?
Bitte lesen Sie auch dies:
Weil die Ärmsten in den letzten Jahren den Gürtel enger schnallen mussten, besteht formal so gut wie kein Anpassungsbedarf –
obwohl das Leben teurer geworden ist. Das liegt an der gesetzlich festgelegten Methode zur Bestimmung des Existenzminimums, die dem realen Bedarf der Betroffenen nur begrenzt gerecht wird.

Sie können auch hier nachlesen:
Das durchaus breitgefächerte arbeitsmarktpolitische Instrumentarium ist mit Inkrafttreten von Hartz IV massiv umgesteuert und im wesentlichen auf zwei Maßnahmen reduziert worden. Damit wurde der im Gesetz versprochene Grundsatz, dass den Betroffenen nunmehr die ganze Bandbreite Leistungen der Arbeitsförderung offen stehen ad absurdum geführt und ein weiterer harscher Schritt zum Abkoppeln der
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aus der Sozialversicherungspflichtigkeit gegangen.
Auch das hat die OZ meines Wissens nicht gemeldet:
Hartz IV verteilt Einkommen unter den ärmsten Haushalten um. Rund 60 Prozent verlieren, etwa 40 Prozent gewinnen. So schätzt eine aktuelle Simulationsstudie die unmittelbaren Auswirkungen für
Betroffene ein.

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