Bahnstreik
Kein Verständnis
Die Bahn versteht sich ja gern als Konkurrenz zum Flugzeug. Aber gibt‘s das, dass Flugzeuge unterwegs mal eben landen, um zu streiken? Bei der Bahn muss man auf Vergleichbares gefasst sein: Da machte der ICE von Hamburg nach Berlin gestern in Ludwigslust außerplanmäßig drei Stunden Pause.
Geplatzte Verabredungen, verpasste Chancen, verlorenes Geld sind die Folge. (Der Streik war angekündigt worden.) Wer wird sich noch auf die Bahn verlassen, wenn es bei einem Termin um etwas wirklich Wichtiges geht? (Wie war das noch vor Weihnachten, als nur 30% der ICE ganz ohne Streik pünktlich waren?) Ist schon klar, dass die Lokführer mehr Geld wollen. Wollen wir das nicht alle?(Und was tut der Kommentator dafür, mehr Geld zu
Der Unterschied ist jedoch gewaltig zwischen Lokführeren und Redakteuren. Gesetzt den äußerst seltenen Fall, Redakteure würden streiken. Was würde passieren? Es gäbe die eine oder andere Notausgabe, so lange, bis die Leser die Nase davon voll hätten. Einige würden sogar merken, dass sie die knapp 21 Euro Abokosten sparen könnten. Sie merkten, dass vieles aus der OZ bereits am Vortag im Internet nachzulesen, im Fernseher anzuschauen, im Radio anzuhören ist, würden merken, dass sie auch ohne OZ durchs Leben kommen.
Lokführer sind dagegen noch nicht entbehrlich.
Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL aber sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen. Zumal es angeblich nur um die Tarife privater Regionalbahnen geht, nicht um den Staatskonzern DB.Das ist glatt gelogen, wie Sie unten in Pressemitteilungen der Gewerkschaft nachlesen können.
Der Kommentator stellt sogar in Abrede, dass es sich um einen Streik handel:
Für die sinnlos anmutende Arbeitsverweigerung auf dem Rücken der Kunden muss keiner Verständnis haben.Muss nicht, hatte aber sogar eine Mehrheit, wenn der Kommentator dem sog. ZDF-Politbarometer glauben würde:
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) hat für heute (25. Februar) Warnstreiks angekündigt. Knapp zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) haben dafür Verständnis, wenn die Lokführer für eine bessere Bezahlung und einen einheitlichen Tarifvertrag streiken, bei 31 Prozent ist das nicht der Fall (weiß nicht: fünf Prozent).
Einen Gerichtsbeschluss, der den Streik als unrechtmäßig verurteilt, kenne ich nicht.
Früher waren Lokführer Beamte, und Streiken war verboten. Das Verbot sollte wieder eingeführt werden. Es gibt Bereiche, die einfach zu wichtig sind, um zum Spielball rücksichtsloser Tarifkämpfer zu werden.Jawollja, Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, damit es mit der Einkommens- und Vermögensverteilung so weitergehen kann:
Hier Auszüge aus Pressemitteilungen, die widerlegen, was der Kommentator unterstellte:
„Die Lokomotivführer in Deutschland brauchen dringend einen einheitlichen Flächentarifvertrag, um das Lohndumping von bis zu minus 30 Prozent ein für alle Mal zu beenden. Darüber hinaus ist der soziale Schutz vor Entlassung im Zusammenhang mit Eisenbahnunfällen dringend erforderlich und wir müssen auch die regelmäßigen Arbeitsplatzverluste durch Übergang auf einen neuen Betreiber im Nahverkehr tarifvertraglich so regeln, dass die Lokomotivführer in einem geordneten Verfahren von einem Unternehmen zum anderen übergehen.
Und ausführlicher hier:
Die DB fordert die GDL-Führung darin ultimativ auf, die bis 4. März 2011 laufende Urabstimmung unter ihren Mitgliedern abzubrechen. „Das heißt im Klartext, dass wir Gremienbeschlüsse und damit die Meinung unserer Mitglieder ignorieren sollen,“ so Weselsky. ...
Über die unzulässige Einmischung in GDL-interne Belange hinaus hat die DB ihr Angebot sogar verschlechtert: Das Angebot für die höchste Entgeltstufe beim Lokomotivführerentgelt liegt mit 2 645 Euro jetzt noch unter dem bisherigen Niveau der DB mit 2 775 Euro. Damit nicht genug, soll auch das Weihnachtsgeld wegfallen. Damit würde das Entgeltniveau um weitere vier Prozent sinken. Darüber hinaus soll die wöchentliche Arbeitszeit auf 39 Stunden dauerhaft steigen. Die Arbeitszeit würde aber ab 1. Januar 2012 auf 38 Stunden pro Woche bei vollem Lohn sinken. ...
Die GDL fordert einen Flächentarifvertrag für die Lokomotivführer in Deutschland. Damit soll ein einheitliches Mindesteinkommen auf dem Niveau des Marktführers DB erreicht werden. Bei der DB (dem Staatskonzern) fordert die GDL fünf Prozent mehr Lohn. (...was belegt, dass der Kommentator log.) Zu den Kernforderungen im Flächentarifvertrag gehören auch eine Absicherung bei unverschuldetem Verlust der Fahrdiensttauglichkeit, beispielsweise nach Suiziden, und einheitliche Qualifizierungsstandards. (Gilt natürlich auch für den Staatskonzern DB) Des Weiteren fordert die GDL Regelungen zum Betreiberwechsel im SPNV. So hat die Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (ODEG) beispielsweise Ausschreibungen in Berlin und Brandenburg gewonnen. Lokomotivführer der DB hatten erstens keine Einstellungsgarantie bei der ODEG. Zweitens: Wurden sie tatsächlich eingestellt, müssen sie für bis zu 30 Prozent weniger Lohn auch noch zwei Stunden länger arbeiten. Die GDL fordert, dass künftig bei jeder Ausschreibung das Lohnniveau des Flächentarifvertrags zugrunde zu legen ist. Bisher bestehende Tarifverträge sind stufenweise an dieses Niveau anzugleichen. „Mit der GDL wird es dauerhaft keine Zwei-Klassen-Lokomotivführer im SPNV geben“, so Weselsky. ...
Die Gewerkschaft erhebt weitere Forderungen, wie sie in der PM nachlesen können für alle Lokführer. Das alles verschweigt Ihnen jedoch der Kommentator. Vielleicht sollten die Leser einmal den Kommentator bestreiken.
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