10. Januar 2009

Fragen und Unterstellungen statt Antworten

Da hat sich der Greifswalder Lokalchef aber erregt beim Schreiben seiner Betrachtung:
Man fasst sich nur an den Kopf
Mannomann, das ist doch mal eine Schlagzeile! Mit dem anonymen man geht es los und dann fasst man sich an den Kopf und zwar nur dorthin. Fragt sich doch, dorthin, wo der Kopf am heißesten ist? Sich selbst kann der Autor nicht gemeint haben, sonst hätte er keine Hand frei gehabt zum Schreiben.
Greifswald soll nicht nur seine Kreisfreiheit aufgeben, sondern sich künftig auch aus Anklam regieren lassen.
Alsoneinwirklich! Was für eine Zumutung! Welch eine Frechheit!
Das ist die Botschaft der Woche. Eine Botschaft von Innenminister Lorenz Caffier (CDU).
Tatsächlich? Tatsächlich nicht, denn:
Zumindest wurde in seinem Haus ein Referentenentwurf erarbeitet, der die Grundlage für eine Beschlussfassung im Schweriner Kabinett am 10. Februar bilden soll.
Zumindest ist ein brauchbares Wort, nur im Zusammenhang mit Botschaft falsch, denn die Botschaft existiert nicht. Es ist ein Referentenentwurf, sonst nichts. Das weiß der Autor genau, stand gestern in der Greifswalder Zeitung.
Viele in Greifswald fragen sich, was das soll.
Wie viele der rund 54000 Einwohner hat die OZ befragt oder befragen lassen, um zu diesem Ergebnis zu kommen? Ich halte das "viele" für erfunden. Im Übrigen erwarten die OZ-Leser aus Greifswald und Umgebung eine Antwort auf die Frage, was das soll. (Hier können Sie es nachlesen, kostenlos.) Dafür bezahlen sie die Zeitung, nicht für Fragen. Dann könnten sie auch eine Rätselzeitung kaufen. Der Autor hätte die Frage beantworten können, denn auch sie stand gestern im selben Artikel:
Im Innenminsiterium wollte man sich gestern zum Entwurf nicht weiter äußern. Es sei ein Referentenentwurf, hieß es in der Pressestelle, den selbst der Ministerpräsident noch nicht kenne.
Eine klare Antwort, die der Autor jedoch beim Betrachten ausklammerte. Sonst hätte er die Betrachtung so nicht schreiben können.

Der Autor behauptete:
Schaut man sich um, schütteln alle nur noch mit dem Kopf. Warum? Weil eine solche Entscheidung durch niemanden hier mehr nachvollziehbar ist.
Tatsächlich schütteln alle und niemand vollzieht hier nach? (Und von welcher Entscheidung ist hier die Schreibe? Es ist ein Referentenentwurf, kein Gesetz.)

Zuvor hätte geklärt werden müssen, wer "man", "hier" und "niemand" ist. Ist "man" in diesem Fall nun doch wieder der Autor? Dann hätte er keine Hand frei zum Schreiben, weil er sie benötigt, sich nur noch an den Kopf zu fassen. Das hat allerdings so zu geschehen, dass mindestens ein Auge frei bleibt, um alle Kopfschüttler auf Straßen und Plätzen, in Wohnungen, Schulen und Arbeitsstätten zu zählen. Will der Autor seinen Lesern diesen bildlichen Bären aufbinden? Das dürfte missglückt sein.
Ich las gestern in der Usedom-Peene-Zeitung, dass Verwaltungschefs die Idee mit der Kreisstadt Anklam gut finden, oder abwarten, was aus dem Entwurf wird. Sie z.B. gehören nicht zu den Kopfschüttlern.

Nun wird es seltsam, denn der Autor richtete Fragen an den Innenminister, jedoch nicht über dessen Pressesprecher, sondern er stellte sie ihm per Zeitung, ungefähr 19000-fach, wohl in der Hoffnung, den Innenminister werde schon ein Exemplar erreichen. Wenn sich der Autor da mal nicht täuscht.
Herr Caffier, was veranlasst Ihr Haus also, derartige Vorschläge zu machen?
Unklar bleibt, ob das die Fragen sind, die einen Tag zuvor unbeantwortet bleiben mussten, weil ja Caffier nach Aussage des Ministeriums nichts vom Inhalt des Entwurfes gewusst hatte.

Nicht genug der Nachfrage ins Blaue hinein, versucht es der Autor mit einer Unterstellung:
In Greifswald wird bereits orakelt, sie wollen die sich gut entwickelnde Universitäts- und Hansestadt bewusst schwächen. Zugunsten von Schwerin und Rostock. Stimmt das?
Wer orakelt? Da niemand benannt wird, ist es eine Unterstellung des Autors. Und welche Antwort erwartete er darauf? Soll Caffier, den es einen feuchten Kehricht interessieren wird, dass der Autor ihn nicht befragte, nun vor dem Lokalchef zu Boden sinken und eingestehen: "Ja, am liebsten würde ich Greifswald in Schutt und Asche sehen." Du meine Güte!
Wenn Anklam tatsächlich Kreisstadt wird, dann werden Sie das erreichen, weil diese Stadt nicht annähernd eine Repräsentanzfunktion aufweist, wie sie der Sitz eines großen Kreises, wie das neue Südvorpommern benötigt.
Tja, da hat Amler wohl doch ein Orakel befragt, wenn er so genau weiß, was wird, falls Anklam Kreisstadt werden sollte.

Jetzt unterstellt er dem Minister, ein Lügner zu sein, ohne einen Beleg zu nennen:
Seien Sie doch mal ehrlich, Herr Minister: Es ist doch kein Argument, wenn sie behaupten, Greifswald wäre für die meisten der künftigen Bewohner Südvorpommerns nicht in einer Stunde erreichbar.
Ist der Minister sonst unehrlich?

Hat Caffier so argumentiert? Hat er überhaupt argumentiert? Lesen Sie hier nach.

Die Berechnungen über die unzumutbaren Entfernungen lasse ich weg - ist mir zu albern.
Ich zeige nur die zwei Varianten, die den zukünftigen Kreis Südvorpommern darstellen. Sie zeigen, dass Greifswald tatsächlich am nördlichen Rand des Kreises läge, Anklam fast mittig:



Was ich nicht weglasse: Der Autor hat mit der Betrachtung gezeigt, dass er ein Kammscherer ist, ein Übertreiber, der eine vom journalistischen Standpunkt indiskutable Leistung bot.
Diese Fehlleistung erinnerte mich an diese.
So hatte der Lokalchef zum Jahresende um Leser geworben:

2 Kommentare:

  1. Anonym11.1.09

    Heli meint:
    Mann oh Mann, so auf einem Schreiberling rumtrampeln, der Boden liegt und das schon so lange. Vielleicht ist es in dieser Lage etwas leichter, sich an den Kopf zu fassen. Ich kenne nur Menschen, die ihn nicht ernst nehmen. Wer weiß, wen er mit seinen Betrachtungen gnädig stimmen will oder muss. Am 03.10.89 klang er noch unverbogen und optimistisch in seinem Beitrag auf der Lokalseite „Die Zukunft mal ganz nah – Was sind uns unsere Werte wert“.

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  2. Als ich ihn zum bisher letzten Mal sah, ging er aufrecht. Ich glaube nicht, dass er inzwischen am Boden liegt.

    Es liegt eine große Gefahr darin, den Mann nicht ernst zu nehmen. Wer ihn nicht ernst nimmt, begeht einen Fehler.

    Und wo ist der Rest von dem Zukunft-Artikel? Ist er wirklich vom Sommer 89 oder 98.
    Ich habe eine Mailadresse:
    oz-blogger(at)gmx-topmail.de

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