Genehmigungsbehörden nicht durch öffentliche Aussagen unter Druck setzen – Rechtsstaatliches Verfahren darf nicht belastet werden
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Armin Jäger, hat in Zusammenhang mit dem beantragten Bau eines Steinkohlekraftwerkes am Energie- und Technologiestandort Lubmin davor gewarnt, die Genehmigungsbehörden durch öffentliche Äußerungen von Regierungsmitgliedern unter Druck zu setzen. ...
Eberhard Meißner hat beschrieben, wie verlogen die CDU-Forderung ist. Ich nehme den Brief als Gastbeitrag auf diese Seite:
der Internetseite Ihres Landesverbandes ist zu entnehmen, dass die CDU heute einen schwarzen Freitag hat und die Nerven bei den notorischen Kohlekraftwerk-Lubmin-Befürwortern blank liegen. Das kann ich nachempfinden.
Im Gegensatz zu Ihnen kann ich nicht erkennen, dass Herr Dr. Backhaus in irgendeiner Form versuchen würde, Druck auf die Genehmigungsbehörden auszuüben. Vielmehr ist es so, dass er nicht mehr sachargumentsresistent ist. Nach eigenen Angaben haben die Leiter und Mitarbeiter der StÄUN und des LUNG im Erörterungsverfahren auch durch die Beiträge der Einwender und deren Gutachter einen Erkenntnisgewinn verzeichnet und das blieb der einen Aufsichtsbehörde nicht verborgen.
Welche Behördenaufsicht Druck auf das StAUN Stralsund ausgeübt hat, dürfte Ihnen wohlbekannt sein. Ich erinnere an das Schreiben des Wirtschaftsministeriums vom 16.11.2007 an DONG. Meine Meinung zu diesem Schreiben gab ich zum Erörterungstermin wie folgt zu Protokoll:
Herr Meißner stellt die im Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern genannten zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, die mehrfach Bestandteil der Antragsunterlagen geworden sind, in Frage. Gleichzeitig bringt er sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass die Fachaufsicht der Genehmigungsbehörde Genehmigungsanträge eines Investors formuliert. Ihm sei kein vergleichbarer Fall in der Geschichte der BRD bekannt.
Auch der Bundesvorsitzenden Ihrer Partei wird nicht entgangen sein, dass sowohl der Landesvorsitzende der CDU und Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sowie Sie und Ihre Fraktion versagt haben bei der Erfüllung des Auftrages, die Genehmigung des DONG-Kraftwerkes durchzupeitschen, weil ja „keine Kohlstücke am Strand liegen werden“ (Merkel in Binz). Die Volksinitiative mit ihren 32.000 Unterschriften wurde von 42 MdL (CDU- Fraktion geschlossen und SPD-Fraktion mehrheitlich) abgebügelt, nachdem Herr Seidel im Landtag ausführte:
„… bin ich eben nicht der Auffassung, dass es richtig ist, innerhalb eines laufenden rechtsstaatlichen Verfahrens die … sozusagen ein Parallelverfahren jetzt hier einzuführen, eine Anhörung neben einem laufenden Verfahren, wo ja auch Anhörungen stattfinden.“ (NDR)
In der Folge bekundete Herr Seidel noch einem Anwesenden aus der Sechserreihe, dessen Namen ich weder aussprechen noch schreiben werde, er habe davon keine Ahnung. Ein Parallelverfahren fand nicht im Landtag, sondern auf Initiative der CDU im BiG statt.
100 Einwender (die anderen 8900 Einwender, die nicht anwesend sein konnten, wurden vertreten durch zwei Rechtsanwälte und die Verbände) bemühten sich im Schawi redlich - nicht aber erfolglos - der Genehmigungsbehörde und deren Beauftragten einen Informationsgewinn zu verschaffen. Von diesen Einwendern wurde keiner von seinem Arbeitgeber freigestellt und sie bekamen auch nicht Bockwurst und Glühwein von DONG geschenkt. Dort bezahlten die Einwender jeden Schluck Wasser und jede Bockwurst aus der eigenen Tasche und nahmen zum Teil erhebliche Verdienstausfälle in Kauf. So unterschiedlich können Moral und Motivation sein.
Vor der besagten Landtagssitzung haben Sie, Herr Dr. Jäger, ganz schnell begriffen, dass es notwendig sein wird, Ihren eingebrachten Beschlussentwurf noch vor der Sitzung zu ändern. (Das ist Ihnen mit Ihrem Koalitionspartner gelungen und brachte Ihnen Kritik der Opposition besonders der FDP ein.) Daran erkenne ich, dass Sie ganz schnell die Zeichen der Zeit begreifen und darauf reagieren können.
Falls Sie weiterhin der Meinung sind, der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hätte mit der Bekanntgabe von Fakten zum Stand des Genehmigungsverfahrens für das Kohlekraftwerk seinen Eid auf die Verfassung des Landes gebrochen, so ist es nicht nur ihr Recht, sondern auch Ihre Pflicht, sich auf das Niveau von Herrn Liskow zu begeben und die Koalition aufzukündigen.
Dabei haben Sie vom zeitlichen Ablauf wiederum verschiedene Möglichkeiten, deren Abwägung Ihnen obliegt. Machen Sie das sehr zeitnah, dann wissen die Wähler noch, wer für und wer gegen das Kohlekraftwerk ist. Lassen Sie sich Zeit, dann können Sie zusehen, wie sich eine Bürgerpartei gründet, die sich aus Parteilosen, Christen, Christ- und Sozialdemokraten, Grünen und potentiellen Nichtwählern rekrutieren wird. Unter diesen Umständen wäre es für die CDU ratsam, vor Auflösung des Landtages schnell noch die 5%-Hürde abzuschaffen.
Ich erinnere: Alle demokratischen Parteien in MV haben zusammen 16.000 Mitglieder. Gegen das Kohlekraftwerk Lubmin haben sich 32.000 Wahlberechtigte ausgesprochen. Wie viele Mitglieder Ihr Landesverband hat, das wissen Sie ganz genau. Wie viele davon für oder gegen das Kohlekraftwerk sind, wenn sie in einer Wahlkabine stehen, wissen Sie nicht. Nur das Wahlergebnis von Rügen können Sie bestenfalls genau abschätzen. Aber auch in anderen Regionen heißen nicht alle CDU-Mitglieder Waldmüller oder Liskow oder Adam und denken auch nicht so wie diese.
Helfen Sie Ihrem Landesvorsitzenden, sich einen guten Abgang zu verschaffen. Ihrer Bundesvorsitzenden können Sie ja entgegnen, dass die Genehmigung des Kraftwerkes Landessache sei und weder Seidel noch die CDU im Lande allein regieren. Die CDU ist eben (noch) Juniorpartner einer großen Koalition.
Sehr geehrter Herr Dr. Jäger, bei all den Ereignissen, die in den nächsten Tagen und womöglich Wochen, auf Sie einstürzen mögen, wünsche ich Ihnen besinnliche Feiertage und Zeit, sich darauf zu besinnen, wer Sie und Ihre Partei einmal gewählt hat und wer Sie womöglich auch einmal wieder wählen würde.
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