9. September 2008

Bedeutungslose Zahlen

Greifswalder Zeitung:
Durchschnittszeugnis für die Arge
Die Hartz IV-Verwal- tung von Stadt und Arbeitsagentur stimmt zufriedener als allgemein ange- nommen. Das besagt ein Gutachten. ...
Schon in der Schlagzeile ist eine Frage versteckt: Woran wird der Durchschnitt gemessen und wer hat ihn gemessen? Oder hat der Autor das Zeugnis ausgestellt? Dann wäre es ein Kommentar. Und das über einem Bericht? In der OZ ist das gang und gäbe. Dabei ist eine eigene Meinung als solche zu kennzeichnen, z.B. indem Kommentar darüber steht.

Aus dem Vorspann ergibt sich die Frage: Wer ist das, "allgemein", der eine geringere Zufriedenheit annimmt?
100 Greifswalder Hartz IV-Abhängige hat das Zentrum für Kunden- und Mitarbeiterbefragungen (ZKM) unter Zusicherung der Anonymität konsultiert. ...
Wie viel Prozent der Alg 2-Bezieher sind das? Wie wurde die Repräsentativität der Daten garantiert?

Die dann folgenden Zahlen, sofern repräsentativ, sind meines Erachtens zum Großteil erschütternd:
Laut Gutachten (erstellt für den Zeitraum März bis Mai) waren lediglich 38 der 100 Befragten insgesamt mit der Beratung und Vermittlung durch die Arge zufrieden.
Fast zwei Drittel der Befragten sind unzufrieden! Und das soll nicht so schlimm sein?

Hier letzten Abschnitt ließ der Autor die Zahlen weg. Warum?
Überwiegend schlechte Noten bekam die telefonische Erreichbarkeit des Hartz IV-Dienstleisters. Auch die Möglichkeit, Angelegenheiten telefonisch zu klären, sahen die meisten nur unzureichend gegeben. Das Vertrauen in die Arge war bei der Mehrzahl der Befragten nicht groß.
Was bedeutet überwiegend? Wie viele sind die meisten? Beträgt die Mehrzahl jener, die ein geringes (oder gar kein?) Vertrauen in die Arge haben, 51 Prozent oder vielleicht 98 Prozent? Das alles fällt unter Mehrzahl.
Warum lässt der Autor die Leser nicht selbst urteilen, indem er die wichtigen Zahlen nennt?

Natürlich sind die Zahlen nichts wert. Was nützt es Alg 2-Empfängern, wenn 70 von ihnen ausgesprochen freundlich behandelt wurden (das sollte Grundvoraussetzung sein und 100 Prozent betragen), wenn sie keine Arbeit erhalten.

Wie viele Widersprüche gegen Bescheide wurden zu Gunsten der Einreicher entschieden?
Wie viele Verfahren sind beim Sozialgericht gegen die Arge anhängig, wie viele wurden bereits entschiedenen und gingen zu Gunsten der Alg 2-Empfänger aus?
(Hat die Greifswalder Zeitung jemals über Alg 2-Missbrauch durch die Arge berichtet?)
Diese Zahlen sind geeignet, die Arbeit der Arge zu beurteilen, statt Umfrageergebnisse, von denen nur wenige wissen, wie sie zustande kamen.

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